Zwischen Mediensucht und Einsatz im Unterricht

Smartphone-Verbot in der Schule?

Handys sind im Alltag vieler Kinder und Jugendlicher allgegenwärtig. Sollten sie in der Schule verboten sein? Medienpädagogen sind verschiedener Meinung.

Anzeige

 

Der JIM-Studie zur Mediennutzung von Zwölf- bis 19-Jährigen zufolge dürfen 94 Prozent ihre Smartphones mit in die Schule nehmen. Dort gelten allerdings Einschränkungen: 22 Prozent dürfen ihre Handys gezielt im Unterricht einsetzen. Ein Drittel darf das Mobiltelefon nur in den Pausen nutzen, 40 Prozent dürfen es in der Schule prinzipiell nicht benutzen. Ist ein Smartphone-Verbot sinnvoll? Die Medienpädagogen Paula Bleckmann und Stefan Aufenanger vertreten unterschiedliche Ansichten.

 

Entscheidung

 

Paula Bleckmann plädiert dafür, dass Kinder über die Zeiten und Inhalte zur Verwendung von Digitalgeräten nicht selbst bestimmen. „Darüber sollten die Erwachsenen entscheiden“, sagt die Professorin für Medienpädagogik an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter. Es spreche nichts dagegen, dass Kinder ein Mobiltelefon mit in die Schule bringen, erläutert Bleckmann. „Dort sollte der Lehrer die Geräte einsammeln und entscheiden, wann und wie sie am Schultag benutzt werden dürfen. Außerhalb dieser Zeiten sollten sie verboten sein.“

Stefan Aufenanger sieht das anders. „Ein Verbot ist nicht sinnvoll. Und wenn die Schulleitung das einfach festlegt, vergibt sie eine große Chance“, sagt der Professor für Erziehungswissenschaft und Medienpädagogik an der Universität Mainz. „Die Schulleitung sollte mit den Schülern und Lehrern über eine Regelung sprechen. Dann können die Schüler auch lernen, wie man etwas regelt.“

 

Alter und Reife

 

„Die Verfügbarkeit der Medien sollte mit der psychosozialen Reife der Kinder wachsen. Sie müssen medienmündig werden“, sagt Bleckmann. „Kinder in der Grundschule sind nicht reif genug, um für ihre Smartphonenutzung selbst die Verantwortung zu übernehmen, weil sie die langfristigen Folgen nicht überblicken können.“ Nutzten Kinder bereits sehr jung solche Geräte, sei das gefährlich: „Je früher die Kinder elektronische Geräte bedienen, desto höher ist statistisch gesehen das Risiko für eine Mediensucht“, erläutert Bleckmann. „Wer das Gerät bedienen kann, aber nicht reif genug ist, kann außerdem auch das finden, was Kinder nicht sehen sollen, zum Beispiel Gewaltdarstellungen oder Pornos.“

Das Thema Smartphone könne gar nicht früh genug auf dem Plan stehen, widerspricht Aufenanger. „Ich bin dafür, schon in der ersten Klasse da­rüber zu sprechen.“ Für die Nutzung von Mobiltelefonen gebe es keine Altersgrenze, fügt Aufenanger hinzu. „Ab dem Alter von zwei Jahren sehe ich kein Problem für Kinder bei einem pädagogisch geleiteten und zeitlich begrenzten Umgang mit digitalen Medien. Je früher man in der Schule anfängt, desto eher werden die Geräte ein Werkzeug wie ein Heft oder ein Stift.“

 

Einsatz im Unterricht

 

Smartphones könnten im Unterricht konstruktiv zum Einsatz kommen, argumentiert Aufenanger. „Die Schüler können damit Informationen recherchieren und vieles mehr. Es gibt in fast jedem Fach die Möglichkeit, die Geräte sinnvoll zu nutzen.“ Die Lehrer könnten sich vielfältige Aufgabenstellungen ausdenken. „Und für die Schüler hat es nur Vorteile, wenn sie lernen, Fragestellungen mit den Geräten zu bearbeiten.“

Bleckmann ist nicht grundsätzlich gegen einen Einsatz von Smartphones im Unterricht an weiterführenden Schulen – aber nur für ganz bestimmte Aufgaben. Außerhalb dieser Zeiten helfe ein Verbot, Bildungsnachteile auszugleichen.

 

Bessere Noten

 

Eine empirische Studie aus Großbritannien habe gezeigt, dass die Schüler einer Schule mit einem Verbot deutlich bessere Noten hatten als die einer Schule, in der Smartphones erlaubt waren. „Für gute Schüler macht das Smartphone praktisch keinen Unterschied“, erläutert Bleckmann. „Aber für die schlechten. Wer ohnehin Mühe hat, dem Unterricht zu folgen, lässt sich eher durch sein Smartphone ablenken – und kommt dann erst recht nicht mehr mit.“

Zudem sei ein Verbot auch für die Lehrer hilfreich, weil sie nicht mit „digitalen Konkurrenten“ unterrichten müssen. „Sonst muss der Lehrer zum Entertainer werden, um sich gegen das Unterhaltungsangebot des Mobiltelefons durchzusetzen.“

 

Anzeige