Anzeige
Der Bundestag hat die Krankenhausreform aus dem Haus von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beschlossen. Der Katholische Krankenhausverband hält sie für „unfertig“ und beklagt „Risiken und Nebenwirkungen“.
Deutlich längere Wartezeiten bei planbaren Behandlungen und weite Wege in Notfällen befürchtet der Katholische Krankenhausverband Deutschland (KKVD) als Folge der Krankenhausreform, die der Bundestag mit Stimmen von SPD, Grünen und FDP beschlossen hat. KKVD-Geschäftsführerin Bernadette Rümmelin fordert die Länder auf, die Reform im Vermittlungsausschuss nachzubessern.
Kern der Reform ist ein neues Abrechnungssystem. Über die bisherigen Fallpauschalen hinaus sollen die Kliniken Vorhaltepauschalen bekommen. Die KKVD-Expertin kritisiert diese als „Etikettenschwindel“.
KKVD: Schließungen und Insolvenzen drohen
Auch die Vorhaltevergütung sei „an die Zahl der pro Leistungsgruppe versorgten Patientinnen und Patienten geknüpft“, so Rümmelin. Erbringe ein Krankenhaus die Mindestvorhaltezahl an Behandlungen nicht, könne ihm die Leistungsgruppe und deren Vorfinanzierung entzogen werden.
Bei vielen Häusern der Grundversorgung sei fraglich, ob sie „mit weniger Fachabteilungen noch wirtschaftlich betrieben werden können“. Kleineren Kliniken drohe die Schließung von Spezialabteilungen, falls sie geforderte Fallzahlen verfehlen. Weitere Krankenhaus-Insolvenzen „werden die Folge sein“.
Expertin: Länder müssen Reform verbessern
Auch die neue Finanzierung sei ein „Instrument zur Zentralisierung“ der Krankenhauslandschaft, kritisiert Rümmelin. Erklärte Ziele der Reform sind, ein „Überangebot“ bei Krankenhäusern zu verringern, zugleich Versorgungslücken auf dem Land zu schließen, die Klinikfinanzierung und die Qualität der Behandlungen zu verbessern.
Die KKVD-Geschäftsführerin spricht von einer unfertigen Reform mit „zahlreichen Risiken und Nebenwirkungen“. Rümmelin sieht die Länder „in der Pflicht, das Gesetz mit einem Einspruch in den Vermittlungsausschuss zu zwingen und dort nachhaltig zu verbessern“. Solche Überlegungen hatte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bereits geäußert.
Caritas: Reform lebt von Behauptungen
Der KKVD vertritt nach eigenen Angaben 261 Krankenhäuser an 330 Standorten und 52 Reha-Einrichtungen mit insgesamt 204.000 Mitarbeitenden. Die Häuser versorgen demnach jährlich drei Millionen Patientinnen und Patienten.
Daran, dass sich Finanz-Lage und Behandlungs-Qualität der Krankenhäuser bessern, zweifelt auch die Berliner Diözesan-Caritasdirektorin Ulrike Kostka: „Die Krankenhausreform lebt von Behauptungen, die zum größten Teil nicht wissenschaftlich hinterlegt sind.“ Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe bisher keine Auswirkungsanalyse vorgelegt.
Krankenhausgesellschaft: Kritik stieß auf taube Ohren
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisiert die Reform ebenfalls. Kein Abgeordneter könne deren Folgen „insgesamt und für die Patientenversorgung im eigenen Wahlkreis abschätzen“, klagte der DKG-Vorsitzende Gerald Gaß vor der Abstimmung. Der Gesetzentwurf und seine Genese missachteten parlamentarische Gepflogenheiten und Verfahren.
Die Kritik an der Vorhaltefinanzierung stoße „auf taube Ohren im Ministerium, obwohl wir schon vor mehr als 18 Monaten ihre negativen Auswirkungen wissenschaftlich analysiert und dem Ministerium übermittelt haben“, so Gaß.