GEMEINDEVERSAMMLUNG

Missbrauchsfall M. in Ahaus: Kommission widmet sich offenen Fragen

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Die Unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum Münster bietet betroffenen Pfarreien ein neues Gesprächsformat an. So lief die Premiere.

Der Abend beginnt erstmal mit Stühlerücken: Zur zweiten Gemeindeversammlung in Ahaus nach Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe gegen Pastor M. erscheinen an diesem Abend mehr Menschen als erwartet. Etwa 30 Mitglieder der drei Ahauser Pfarreien sind zur angekündigten „Gemeindeversammlung 2.0“ ins Karl-Leisner-Haus gekommen.

Das seien zwar deutlich weniger als bei der ersten Versammlung im Februar, aber mehr als sie geschätzt hätten, sagt Jochen Elte von der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum Münster (UAK). Kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen einen Seelsorger hatten Anfang des Jahres noch etwa 200 Personen in teils aufgeheizter Stimmung Fragen und Vorwürfe an Vertreter des Bistums Münster gerichtet.

Neues Format für betroffene Pfarreien

Dass die zweite Versammlung einen anderen Ton setzen sollte, ließ sich nicht nur am aufgebauten Stuhlkreis erkennen, sondern vor allem an der Moderation durch Ulrike Overkamp und Jochen Elte, den hauptamtlichen Mitarbeitern der UAK. Sie hatten auf Wunsch einiger Missbrauchs-Betroffener ein neues Format entwickelt, um in betroffenen Pfarreien neue Gesprächsmöglichkeiten zum Thema sexualisierte Gewalt zu schaffen.

Auf Einladung von Pfarrer Stefan Jürgens fand die Premiere in Ahaus statt. Jürgens wies auf das Versprechen aus der ersten Versammlung hin, eine Folgeveranstaltung anzubieten. „Auch wenn es keine neuen Erkenntnisse zu diesem Fall gibt, lösen wir das trotzdem hier ein.“ Das Bekanntwerden der Vorwürfe habe hohe Wellen geschlagen, die Auseinandersetzung mit den Bistumsvertretern sei schwierig, viele Fragen weiter offen. 

„Heute wird umgehend gehandelt“

Ulrike Overkamp und Jochen Elte widmeten sich bewusst den offenen Fragen der Gemeindemitglieder. Auch wenn diese der Einladung Eltes, „einmal alles rauszulassen“, nur verhalten folgten, drehte sich das Gespräch schnell um einen der Hauptkritikpunkte der ersten Veranstaltung.

Die Frage nach der ihrer Ansicht deutlich zu späten Information der Pfarreien durch das Bistum bewegt die Ahauser noch immer. Overkamp und Elte brachten aus ihrer Erfahrung in der Arbeit mit Betroffenen etwas Licht in die komplexen Abläufe – ohne die Empörung der Gemeindemitglieder zu relativieren. „Aus aktuellen Fällen kann ich Ihnen sagen, dass inzwischen bei Plausibilität der Vorwürfe umgehend gehandelt wird“, erklärt Ulrike Overkamp.

Alte Kritik und neue Vorschläge

Auch wenn einige – anonymisierte – Fallschilderungen der UAK nur schwer auszuhalten waren, blieb die Stimmung unter den Anwesenden konstruktiv. Im zweiten Teil des Abends richteten die Gespräche vor allem den Blick nach vorne.

Neben der Sorge, Täter und ihre Strategien rechtzeitig zu erkennen, richteten die Anwesenden vor allem Fragen zur Prävention an die UAK-Mitarbeitenden. Neben dem Aufbau von Netzwerken, Schutzkonzepten und Schulungen äußerten die Teilnehmenden den Wunsch, auch in den Pfarreien Angebote zu schaffen, um Kinder und Jugendliche stark gegen Missbrauch zu machen.

Abend auch in anderen Pfarreien geplant

Alle seien aufgefordert, sensibel zu bleiben. „Da ist jeder von uns gefragt, etwas zu tun“, fasst eine Teilnehmerin zusammen.

Ulrike Overkamp zieht ein positives Fazit des ersten Dialogabends. „Wir haben unser Ziel erreicht, über ein Thema, über das man nur so schwer sprechen kann, eine Sprachfähigkeit herzustellen.“ Sie gehe davon aus, dass die UAK das Dialogformat auch in anderen Pfarreien anbieten werde.

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