Marc Röbel: Auch unter Christen bedenkliche fanatisch-fromme Heilsgewissheit

2G in Stapelfeld: Akademiedirektor wehrt sich gegen Impfgegner-Vorwürfe

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Die Katholische Akademie Stapelfeld hat wegen der hohen Corona-Infektionszahlen im Kreis Cloppenburg für den Gästebetrieb die 2G-Regel eingeführt. Einige Gäste haben das als „Aussortieren“ kritisiert – unter Verweis auf Kardinal von Galen, Patron des Hauses. Was entgegnet Pfarrer Marc Röbel, der Geistliche Direktor der Akademie?

Warum wehren sich Gäste der Katholischen Akademie gerade unter Verweis auf Kardinal von Galen gegen Kontaktbeschränkungen?

Einige sehr kritische Stimmen haben uns für die Ankündigung kritisiert, im Gästebetrieb unserer Akademie die 2G-Regel anzuwenden. Ihre Frage war: Darf eine kirchliche Einrichtung bestimmte Personengruppen von ihren Angeboten ausschließen? Kardinal vom Galen ist der Patron unseres Hauses, das Hauptgebäude trägt seinen Namen. Einige überscharfe Mails wiesen nun darauf hin, dass der „Löwe von Münster“ sich in der Zeit der NS-Diktatur gegen das Aussortieren von Menschen mit Behinderung gewehrt habe. Ein ähnliches Aussortieren sahen sie nun wohl auch bei sich. Solche Vergleiche halte ich für historisch abwegig, geschmacklos und unpassend.  

Wie begründen Sie dieses Urteil?

Akademie StapelfeldDer selige Clemens-August von Galen ist ihr Patron: Außenansicht der katholischen Akademie Stapelfeld im niedersächsischen Teil des Bistums Münster. | Foto: Willi Rolfes / KAS

Die dramatische Ausbreitung der Pandemie hat bereits viele Menschenleben gekostet – auch bei uns in Deutschland. Die Kontaktbeschränkungen, wie wir sie als katholische Bildungseinrichtung verstehen und praktizieren, richten sich nicht gegen bestimmte Gruppen. Wir treten für den Schutz unserer Gäste und Mitarbeitenden ein. Es geht nicht darum, Menschen auszusortieren, sondern Leben zu schützen – ganz im Sinne des „Löwen von Münster“. Solange es in einigen Teilen der Bevölkerung solche irrationalen Widerstände gegen das Impfen gibt, sind diese Maßnahmen leider erforderlich.

Vereinzelt weisen Christen auf ihr tiefes Vertrauen auf Gott hin und lehnen deshalb das Impfen ab. Leider gibt es auch unter Christen eine fanatisch-fromme Heilsgewissheit, die ich für äußerst bedenklich halte. Corona-Leugner und Impfgegner, die auf jede weltliche Hilfe verzichten wollen, sollten auch besser keine Aufzüge oder andere technische Hilfsmittel benutzen. Wäre das die Sicht Jesu gewesen, hätte er wohl nie ein Boot bestiegen. Aus katholischer Sicht sind Wissenschaft und Technik, die Errungenschaften der Medizin und der modernen Daseinsvorsorge kein Widerspruch zum Schöpfungsglauben. Im Gegenteil: Sie können dem Erhalt und der Pflege der Schöpfung dienen.

Impfgegner sind überall in der Gesellschaft bekannt. Gibt es auch eine katholische Impfgegnerschaft?

Das ist richtig: Impfgegner und Corona-Leugner gibt es in vielen sozialen Milieus. Es gibt sie auch in christlichen und leider auch in katholischen Kreisen. Eine redliche Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen Fakten kann ich da meistens nicht erkennen. Es ist schon schlimm genug, die eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Dass manche Christen aber durch ihre Ignoranz auch das Leben ihrer Mitmenschen gefährden, ist unchristlich.

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