Pax-Christi-Gedenken in Herten und Münster

80 Jahre Überfall auf die Sowjetunion: Weiße Rosen für Zwangsarbeiter

  • Regionalgruppen von Pax Christi haben in Herten und Münster-Hiltrup der sowjetischen Opfer von Zwangsarbeit gedacht.
  • Die Erinnerung am 80. Jahrestag des Überfalls der deutschen Wehrmacht am 22. Juli 1941 stand im Zeichen der Versöhnung.
  • Pax Christi forderte ständigen Friedenswillen und Verständigungsbereitschaft mit dem heutigen Russland.

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An die sowjetischen Opfer der Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg in Herten und Münster haben Regionalgruppen der christlichen Friedenbewegung Pax Christi am 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion erinnert.

„Nie wieder! Das ist die Botschaft, die auch von diesem Tag ausgeht. Dieser 22. Juni ist nicht nur ein Tag des trauernden Rückblicks auf die in den Kriegsjahren 1941 bis 1945 vollzogene Vernichtung ganzer Bevölkerungsgruppen in der ehemaligen Sowjetunion. Er ist auch ein sorgenvoller Blick in die Gegenwart“, sagte Johannes Gertz von Pax Christi bei der Gedenkfeier auf dem kommunalen Friedhof in Herten-Langenbochum.

 

Mahnung für die Gegenwart und Zukunft

 

Für den Friedensaktivisten aus Herten und Geschäftsführer von Pax Christi im Bistum Münster braucht es die Mahnung auch für die Gegenwart und Zukunft: „Kein Gedenken garantiert Umkehr dauerhaft. Respekt, Aufklärung, Verständigungsbereitschaft, Friedenswillen: Das alles ist nie sicher. Das alles ist zu lernen, immer und immer wieder.“ Frieden in Europa gelinge nur, „wenn auch Russland Teil der Lösung ist“.

Zusammen mit dem Bündnis „Herten ist bunt“ hatte Pax Christi dazu aufgerufen, sich in Langenbochum an den 174 Gräbern sowjetischer Kriegsgefangener, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter zu versammeln und auf die Grabsteine weiße Rosen zu legen. Friedenskerzen am Gedenkstein entzündeten Hertens Bürgermeister Matthias Müller und Johannes Gertz.

 

4.600 Zwangsarbeiter in Herten

 

Die mehr als 4.600 nach Herten verschleppten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter waren nahezu ausschließlich sowjetische Soldaten und Zivilisten. „Sie mussten bis 1945 schwerste Arbeit auf den Zechen leisten, und zu viele von ihnen sind deshalb umgekommen. Ihre Gräber finden sich auf drei Hertener Friedhöfen und auf dem Friedhof an der Stadtgrenze zu Wanne-Eickel“, erläuterte Gerd Lange vom Bündnis „Herten ist bunt“. Nicht von jedem toten Kriegsgefangenen sei der Name bekannt.

Es gab auch Überlebende, in deren Leben die Zwangsarbeit mit ihren unmenschlichen Bedingungen tiefe Spuren hinterlassen hat. Beim Gedenken zitierte Lange aus Briefen früherer Zwangsarbeiter in Herten.

Gertz verdeutlichte auch die religiöse Dimension des Gedenkens: „Die Hoffnung setzt darauf, dass bei Gott kein Geschöpf vergessen wird, dass niemand verloren geht und den Opfern und Geschlagenen der Geschichte Gerechtigkeit widerfährt.“

 

Vergessene Lebensgeschichten

 

Auch wenn auf Erden Namen und Lebensgeschichten ausgelöscht und vergessen werden können, so steht für Gertz die Notiz, „die Gott von jedem geschöpflichen Leben nimmt, dafür ein, dass irdisches Leben bewahrt bleibt – bei Gott und mit dem Ziel der Neuschöpfung dieses Lebens".

In Münster gedachten Mitglieder von Pax Christi und anderer Organisationen bei einem Rundgang an der Kanalpromenade im Stadtteil Hiltrup, am katholischen Friedhof und an der evangelischen Christuskirche der Opfer. Im „Wäldchen“ zwischen Dortmund-Ems-Kanal und Hiltrup-Ost standen Bunker und das Zwangsarbeitslager „Waldfrieden“. Den Rundgang eröffnete Kaplan Andreas Britzwein von der Pfarrei St. Clemens Hiltrup/Amelsbüren.

 

Lager „Waldfrieden“ in Hiltrup

 

Das Lager „Waldfrieden“ wurde 1940 angelegt. Ab 1943 kamen Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion ins Lager, das für 480 Menschen ausgelegt war. Die Insassen arbeiteten bei der Trümmerräumung in Münster, bei Hiltruper Bauern oder Industriebetrieben. Luftangriffen waren sie ungeschützt ausgeliefert. Zahlreiche Menschen verloren wegen der unmenschlichen Bedingungen ihr Leben.

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