POLITIK

Straffreie Abtreibung: EKD und Caritas sind gespalten

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Der Bundestag will über eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts abstimmen. Warum die EKD einverstanden ist und die Caritas den Vorstoß kritisiert.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) plädiert für eine Änderung des Abtreibungsrechts. Man könne die Grundentscheidung mittragen, den Schwangerschaftsabbruch auf Verlangen der Frau zwar weiterhin strafrechtlich, aber nicht wie bisher im Strafgesetzbuch zu regeln, sondern in weiten Teilen im Schwangerschaftskonfliktgesetz, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme des Rates der EKD zu einem Gesetzentwurf zur Reform des Paragrafen 218. In seiner Stellungnahme plädiert der Rat gleichzeitig dafür, das Ahnden von Abtreibungen gegen den Willen der Schwangeren im Strafgesetzbuch zu belassen.

Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken haben einen Antrag zur Reform des Abtreibungsrechts in den Bundestag eingebracht, den sie noch vor der voraussichtlich vorgezogenen Neuwahl zur Abstimmung stellen wollen. Dem Entwurf zufolge sollen Abtreibungen nicht mehr im Strafrechtsparagrafen 218 geregelt werden, der den Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich unter Strafe stellt, aber unter Bedingungen zulässt. Dazu gehört auch eine verpflichtende Beratung.

EKD: Respekt vor Freiheit der Schwangeren ist wichtig

Die Stellungnahme der EKD begrüßt, dass der im Bundestag vorliegende Entwurf an der Beratungspflicht festhält, kritisiert aber den geplanten Wegfall der dreitägigen Wartezeit nach einer Beratung. Sie plädiert dafür, eine Wartezeit von in der Regel 24 Stunden zu verlangen, wie sie bei anderen schwerwiegenden medizinischen Eingriffen üblich sei.

In der Stellungnahme heißt es weiter, man begrüße, dass die vorgeschlagene Regelung einen „moralisierend-belehrenden Ton“ vermeide und jeder Stigmatisierung von Frauen entgegenzutreten versuche. Die im Entwurf enthaltene rechtliche Struktur „ist aus evangelischer Perspektive im Grundsatz zustimmungsfähig“, erklärt der Rat der EKD. Die „einzigartige Situation“ eines Schwangerschaftskonflikts erfordere Respekt vor der Freiheit und der Verantwortungsfähigkeit der Schwangeren. „Daher muss die Schwangere letztlich selbst entscheiden und selbst entscheiden können“, heißt es an anderer Stelle.

Caritas-Präsidentin: Aktuelle Regelung ist gut ausbalanciert

Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa kritisierte dagegen das Bestreben der Abgeordneten, Schwangerschaftsabbrüche zu legalisieren. Sie sei enttäuscht, wie kurz das „historische Gedächtnis“ derjenigen sei, die die bisher geltende Regelung ändern wollten, sagte sie am Mittwoch dem Berliner „Tagesspiegel“: „Sie tun so, als hätten wir noch eine Rechtslage wie in den Siebzigern. Dabei ist das zum Glück nicht der Fall. Es gab einen grundlegenden Paradigmenwechsel, als die jetzige Regel verabschiedet wurde und Abtreibung straffrei und sicher möglich wurde.“

Wie Welskop-Deffaa betonte, lasse sich eine „bessere Balance“ als derzeit zwischen den Rechten der Mutter und denen des werdenden Lebens schwer finden: „Das geltende Recht folgt der Einsicht, dass wir das Leben des Kindes nicht gegen den Willen der Mutter schützen können, schon gar nicht, indem wir ihr eine Strafe aufoktroyieren, wenn sie sich für eine Abtreibung entscheidet.“ Das sei eine klare Botschaft: „Umgekehrt ist es aber der Auftrag unserer Verfassung, auch das Leben des Kindes zu schützen, übrigens auch das behinderter Kinder.“

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