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Rechtspopulismus und Rechtsextremismus erstarken - in Europa, in Deutschland, vor allem bei jungen Leuten. Doch die Zukunft, die sie mit der AfD erwarten würde, träte ihre anderen Werte mit Füßen (und nicht nur ihre), sagt Ursula Nothelle-Wildfeuer in ihrem Gastkommentar.
Als „Partei der Zukunft“ bezeichnet die Vorsitzende der AfD, Alice Weidel, selbstbewusst ihre Partei nach den Wahlergebnissen in Brandenburg. Denn in der Kohorte der Jungwähler hat die Partei die größten Zuwächse, ähnlich, wie bei den anderen Wahlergebnissen 2024 auch.
Eine Partei der Zukunft, die Menschenrechte mit Füßen tritt, vor allem für die zu uns Geflüchteten. Die den Rechtsstaat mit seinen Garantien und Sicherheiten grundsätzlich für ungeeignet zur Herstellung einer gerechten gesellschaftlichen Ordnung hält. Die die Verantwortung für das Lernen aus der Geschichte in Deutschland an den Rand des gesellschaftlichen Bewusstseins drängen will. Die die Sorge um die Schöpfung und das Klima durch falsche Aussagen beiseite wischt. In der die Geschlechterrollen und Familienbilder der 1950er Jahre fröhliche Urständ feiern. Die die Errungenschaften der europäischen Integration missachtet und einem nationalen Alleingang das Wort redet. Die den erreichten Status einer offenen Gesellschaft dem Spiel mit der Angst der Menschen opfert. Von welcher Zukunft träumt eine solche Partei? Und welche Zukunft würde die Wähler:innen womöglich erwarten?
Die Zukunft à la AfD
Die Autorin
Ursula Nothelle-Wildfeuer, Professorin für Christliche Gesellschaftslehre an der Universität Freiburg, beschäftigt sich mit vielfältigen Fragen nach Gerechtigkeit in der Gesellschaft sowie nach der Präsenz und Glaubwürdigkeit der Kirche in der Gesellschaft.
Eine Zukunft, in der nicht garantiert ist, dass dort, wo einmal Menschenrechte für Geflüchtete missachtet werden, beim nächsten Mal nicht auch die anderer Gruppierungen Schall und Rauch sind. Wo die rechtsstaatliche Struktur unseres Staates nicht gesichert ist, wenn man sich mit Macht und Willkür über sie hinwegsetzt. Wo niemand die Gesellschaft bewahrt vor der Wiederholung systematischer rassistischer Verbrechen, wenn die Ideologie, ihre Symbole und ihre Riten wieder hoffähig werden. Wo die Freiheit, die vielfach in Anspruch genommen wird, um letztlich Populismus und Ideologie zu propagieren, von niemandem mehr gerettet und verteidigt werden kann.
Was die Kirche tun könnte
Die junge Generation hat wichtige Anliegen: Anders als noch vor wenigen Jahren angenommen, geht es nicht allein um Klimaschutz. Fragen der Freiheit, der Sicherheit, der sozialen Gerechtigkeit spielen ebenfalls eine existenzielle Rolle. Aber lassen sich diese Fragen nicht eher angehen in einer freien und offenen Gesellschaft, in der ein einmal erreichtes Niveau an rechtlicher und sozialer Absicherung nicht willkürlich hintergangen werden kann? Lässt sich nicht im Kompromiss und in kleinen Schritten, die die anderen Parteien allerdings dringendst adressieren müssen, Zukunft gestalten – auf der Basis von unteilbarer Menschenwürde und unhintergehbaren Menschenrechten?
Als christliche Sozialethikerin bin ich mir völlig im Klaren darüber, dass die Kirche keine eigenen Lösungsvorschläge formuliert. Wie aber wäre es, wenn sie mit anderen gesellschaftlichen Kräften gemeinsam den Raum zum Diskurs eröffnet, die Sorgen und Anliegen der Menschen ernstnimmt und bei aller Suche nach Lösungen die genannten Grenzen und das Fundament stark macht? So kann Zukunft gehen.
In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.