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Die Klimawandel-Debatte drehte sich lange vor allem um Energieverbrauch und Verkehr. Nun mahnen Forscher im Auftrag der katholischen Kirche in Deutschland, den Blick auf die Landwirtschaft zu richten.
Ein Expertenpapier der katholischen Kirche in Deutschland fordert eine andere Agrarpolitik. Die auf Flächen bezogenen Subventionen setzten massive Fehlanreize, heißt es im Text. Das System befördere den Verlust fruchtbarer Böden und könne das Höfesterben nicht verhindern.
Der Schutz des Klimas, der Artenvielfalt und die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung müssten zusammen angegangen werden. Statt einseitig betriebswirtschaftliche Effizienz zu berücksichtigen, sollten Bauern besonders auch dafür honoriert werden, nachhaltig zu agieren und die Kohlendioxid-Aufnahme auf ihren Äckern zu verbessern, so die Fachleute.
Landwirtschaft und Artensterben
Die Autoren rufen zu einer "globalen Landnutzungswende" auf. Landwirtschaft sei "ein Hauptverursacher für negative Veränderungen der Erdoberfläche". In ihrer derzeitigen Form trage sie auch wesentlich zum Artensterben bei.
Böden müssten als Gemeingüter betrachtet werden. Es handle sich um "Naturkapital", das sich nicht beliebig vermehren lasse und Pflege brauche.
Experten: Böden anders bewirtschaften
Weil Klimaschutz mehr Flächen brauche für Windräder, Sonnenkollektoren und den Erhalt der Artenvielfalt, sei die Ausweitung von Ackerflächen keine Option mehr. Stattdessen müssten ökologisch wichtige Böden wie Auen und Moore großflächig renaturiert werden. Das erfordere eine andere Bewirtschaftung, etwa durch Wasserbüffel statt Weiderinder, sagt der Münchner Wirtschaftsethiker Johannes Wallacher der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er ist Vorsitzender der Sachverständigengruppe "Weltwirtschaft und Sozialethik" der Deutschen Bischofskonferenz.
Die Studie mit 70 Seiten trägt den Titel "Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität: Ethische Perspektiven für die globale Landnutzung". Es schließt an die von Papst Franziskus 2015 veröffentlichte Enzyklika "Laudato si" an.
Vorgaben der Kirche für ihre Landpächter?
Die Autoren plädieren für einen neuen politischen Ordnungsrahmen und finanzielle Anreize. Staat und Kirchen sollten als große Grundbesitzer Pächtern Vorgaben machen, etwa beim Düngen und bei der Schädlingsbekämpfung. Einkommensschwache Verbraucher sollten eine pauschale Prämie erhalten, um sich gesündere, teurer produzierte Lebensmittel leisten zu können.
Interessen zwischen Landwirtschaft, Handel und Naturschutz müssten fair ausgeglichen werden. Auch hier könne die Kirche eine Rolle spielen und Akteure zusammenführen.
Bischof Meier: Gemeinwohl schlägt Eigeninteresse der Eigentümer
Gegensätze zwischen Kleinbauern und Großbetrieben, ökologischer und konventioneller Landwirtschaft, Stadt- und Landbevölkerung, dem globalen Norden und Süden seien überwindbar. Dabei müsse aber verhindert werden, dass Populisten und Vertreter von Einzelinteressen bei Nutzungskonflikten Gräben weiter aufrissen.
Der Augsburger Bischof Bertram Meier erinnert daran, dass nach der katholischen Soziallehre wie nach dem Grundgesetz Eigentum sozialpflichtig ist. Vorrang vor den Interessen Einzelner, auch der Eigentümer, müsse das Gemeinwohl haben.
Plädoyer für fleischlosen Freitag
Das sei aus dem Blick geraten. "Lange schienen die Ausbeutung der Natur, die Verschmutzung von Luft, von Wasser und Boden kostenlos. Wir sehen jetzt, wie falsch diese Sichtweise war."
Die katholische Kirche kenne traditionell den Verzicht auf Fleischspeisen am Freitag. Meier, Weltkirche-Bischof der Bischofskonferenz, sprach sich für die Wiederbelebung dieser Tradition aus.