BILDUNGSSTÄTTE

Wie eine kirchliche Akademie auf dem Land attraktiv bleiben kann

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National bekannt und international geschätzt ist die Akademie Klausenhof. Was hinter diesem Ansehen der kirchlichen Einrichtung steckt.

 

Eine Gruppe japanischer Landwirtschaftspraktikanten konnte vor wenigen Tagen die Akademie Klausenhof willkommen zu heißen. Im Mittelpunkt ihres Aufenthalts stand neben einem intensiven Deutschkurs auch das Kennenlernen der Landwirtschaft hierzulande. Exkursionen zu einer Biogasanlage und zu einem Bioland-Hof gaben den Teilnehmenden praxisnahe Einblicke in die Vielfalt der ökologischen Landwirtschaft und der nachhaltigen Energiegewinnung am Niederrhein und im Münsterland.

„Dank der guten Zusammenarbeit mit Landwirten aus unserer Region hat das Praktikum unseren japanischen Gästen wertvolle Tipps vermittelt, wie hier auf den Höfen gearbeitet wird“, sagt Astrid Vogell. Die Direktorin der Akademie Klausenhof mit ihren Hauptstandorten in Hamminkeln-Dingden im Kreis Wesel und in Rhede im Kreis Borken ist stolz darauf, dass ihre Einrichtung mit ihren 550 Betten nicht nur regional, sondern auch international geschätzt wird.

Berufliche Reha und Weiterbildung

Die Einrichtung in kirchlicher Trägerschaft ist eine vom Land Nordrhein-Westfalen anerkannte Weiterbildungseinrichtung mit einem breiten Spektrum an Bildungs- und Schulungsangeboten. Das Angebot umfasst berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, berufliche Reha und Weiterbildung, arbeitsmarktbezogene Qualifizierungsprojekte, politische Bildungsangebote, Kurse zur Gesundheitsförderung, Schulabschlusslehrgänge für junge Migrantinnen und Migranten, Integrationsmaßnahmen und nicht zuletzt Sprachkurse, zum Beispiel Deutsch als Fremdsprache.

In den vergangenen 25 Jahren haben an den Sprachkursen auch zahlreiche „Priester der Weltkirche“, vornehmlich aus Indien und afrikanischen Ländern, für ihren Einsatz in Deutschland teilgenommen. „Auch deshalb genießt der Klausenhof einen internationalen Ruf“, sagt Astrid Vogell.

Anfänge mit der Landjugendbewegung

Die 55-jährige Betriebswirtin aus Rees-Haldern ist die erste Direktorin der Akademie Klausenhof. Vor gut einem Jahr übernahm sie die Leitungsaufgabe in der Fortbildungseinrichtung, deren Geschichte 1959 begann. Damals entstand die Akademie Klausenhof als bundesweite Landjugendakademie der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB).

„Unsere Stärke ist unsere Vielfalt. Wir sprechen Menschen mit verschiedenen Lebensrealitäten, Bedürfnissen und Bildungszielen an“, sagt die Direktorin.

Brücke zwischen sozialen Gruppen

 

Dadurch werde die Teilhabe gefördert, würden Brücken zwischen Generationen, Kulturen und sozialen Gruppen gebaut und individuelle Potenziale gestärkt. „Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche ist ein solch breites Bildungsangebot ein stabilisierender Faktor – offen und immer dem Menschen zugewandt“, erklärt Astrid Vogell.

Der Klausenhof mit seinen rund 350 Mitarbeitenden steht in einzigartiger Weise für Vielfalt und Integration: Seit einigen Jahren fungiert die Akademie als Hochschulstandort für die Finanzverwaltung NRW – ein Ort, der von den Studierenden sehr geschätzt wird. Integration wird seit mehr als 50 Jahren gefördert.

Schulabschlüsse für Migrantinnen und Migranten

Junge Migrantinnen und Migranten haben die Möglichkeit, Schulabschlüsse wie den Haupt- oder Realschulabschluss nachzuholen. Seit 1976 haben mehr als 2.500 Jugendliche mit Migrationshintergrund an der Akademie einen Schulabschluss erworben.

Auch beim Übergang in Ausbildung und Arbeit begleitet die Akademie Migrantinnen und Migranten. Im Rahmen der Landesinitiative „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“ des Landes Nordrhein-Westfalen fungierte der Klausenhof als Kooperationspartner im Kreis Wesel. „Ziel dieser Initiative war es, insbesondere jungen Geflüchteten zwischen 18 und 27 Jahren mit Duldung oder Gestattung den Zugang zu Ausbildung und Arbeit zu erleichtern“, erläutert die Akademie-Leiterin.

Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt

Diese Angebote sollen die Teilnehmenden auf die Anforderungen des deutschen Arbeitsmarkts vorbereiten und ihre Beschäftigungsfähigkeit erhöhen. Für viele Bildungsmaßnahmen stellt die Akademie Internatsplätze zur Verfügung.

„So ermöglichen wir eine intensive Betreuung und ein gemeinschaftliches Lernen – ein entscheidender Vorteil, insbesondere für Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen. Die pädagogische Rund-um-die-Uhr-Betreuung im Internat schafft eine stabile Lernumgebung“, sagt Astrid Vogell.

Multikulturelle Wohngruppen an mehreren Standorten

Die stationäre Jugendhilfe des Klausenhofs ist ein wichtiger Bestandteil des Jugendhilfesystems. An den Standorten Dingden, Rhede und Rees begleitet die Einrichtung Jugendliche aus unterschiedlichen Nationen und mit unterschiedlichen Biografien und Bedarfen.

„In drei Wohngruppen in Dingden und Rhede betreuen wir mit einem multikulturellen und interdisziplinären Team unbegleitet minderjährige Asylsuchende aus Syrien und Afghanistan. Jugendliche, die aus Kriegsgebieten geflüchtet sind, erhalten bei uns Schutz und Sicherheit“, macht die Akademie-Leiterin auf die gesellschaftliche Herausforderung aufmerksam.

Kritik an Streichung von Deutschkursen

So sehr sie die gute Zusammenarbeit mit der Politik auf lokaler und regionaler Ebene schätzt, so sehr übt sie heftige Kritik an der Bundespolitik und nennt ein Beispiel: Ende 2024 informierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) alle Anbieter staatlich geförderter Deutschkurse über unverzüglich eintretende, drastische Kürzungen der Fördergelder.

„Betroffen sind vor allem Berufssprachkurse, die Zugewanderte auf die Arbeitsaufnahme in Deutschland vorbereiten. Je nach Region wurden schließlich bis zu 80 Prozent dieser Kurse ersatzlos gestrichen – mindestens für die erste Jahreshälfte 2025“, erläutert sie die Konsequenzen der Sparpolitik. Kursträger aus ganz Deutschland, die von dieser Entwicklung vollkommen überrascht worden seien, berichteten „von unmittelbar spürbaren Konsequenzen“.

Renovierung eines alten Klostergebäudes

Dabei sei der Bedarf an berufsvorbereitenden Deutschkursen anhaltend hoch: „Viele Bildungsanbieter und auch wir vom Klausenhof erleben einen Ansturm von Anfragen lernbereiter und teilnahmeberechtigter Menschen, die wir vertrösten müssen“, sagt Astrid Vogell und fordert die sofortige Wiederaufnahme der Förderung gestrichener Berufssprachkurse.

Neben dem normalen Betrieb einer Weiterbildungseinrichtung hat der Klausenhof auch ihren Gebäudebestand im Blick, der im Lauf der Jahre größer geworden ist: So hat die Stiftung Akademie Klausenhof vor wenigen Jahren für rund acht Millionen Euro das denkmalgeschützte Gudula-Kloster in Rhede umfassend saniert und einer neuen sozialen Nutzung zugeführt. In dem Gebäude entstand eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Beeinträchtigung, eine Tagespflege für Senioren, eine Sozialstation und 15 Sozialwohnungen.

Modernisierung der Tagungsräume

Als Nächstes stehen größere Investitionen in den Tagungshäusern an, die aus den 1960er Jahre stammen. „Das wird ein Kraftakt. Aber wir wollen die Modernisierung angehen. Als Lernort müssen wir attraktiv bleiben“, kündigt Astrid Vogell an.

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