Themenwoche „Familien- und Lebensformen“ (2) - ein Mann und zwei Kinder

Allein zwischen Vollzeit-Job und pubertierendem Nachwuchs

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Vater, Mutter und zwei, drei Kinder: So sieht wohl die Idealfamilie aus offizieller katholischer Sicht aus. Die gesellschaftliche und längst auch die katholische Wirklichkeit ist weitaus bunter. In unserer Themenwoche „Familien- und Lebensformen“ stellen wir jeden Tag Menschen in ganz unterschiedlichen Konstellationen vor, ihren Alltag, ihren Glauben, ihre Freuden und Sorgen. Diesmal berichtet ein alleinerziehender Vater.

„Ich habe es mir nicht ausgesucht, alleinerziehend zu sein“. Ein Vater von zwei jugendlichen Kindern über sein Schicksal, seinen stressigen Alltag, seine Sorgen und wo er hin und wieder Hilfe sucht und findet – auch von der Kirche.

Er fühlt sich gerade ziemlich am Ende. Frank D. stöhnt hörbar, als er das Alter seiner beiden Kinder nennt: „Zwölf und 15“. Der Vater, der seinen Namen auch wegen der Kinder nicht in der Zeitung lesen will, zuckt mit den Schultern. „Bei meinem Sohn ist gerade Pubertät. Und ich bin als alleinerziehender Vater jeden Tag mittendrin.“ Von morgens Wecken und Frühstück bis zum Schlafengehen. Streit wegen Zocken am PC, Smartphone, Alkohol, Schule. Und, und, und.

Schwierige Zeiten

Das lässt den Vater im Moment ganz schön verzweifeln. Gott sei Dank läuft es wenigstens bei der jüngeren Schwes­ter auf dem Gymnasium rund. „Wenn man in so einer Situation mit all dem alleine ist, ist das ganz schön schwer.“

Früher ist der Facharbeiter morgens früh um sieben Uhr zur Arbeit aufgebrochen. Wenn die Kinder aufstanden, war er schon weg. „Damals habe ich von dem Stress mit den Kindern ja nicht so viel mitbekommen.“

Ausgesucht hat er sich das nicht

Seit er von seiner Frau getrennt lebt, fährt er eine Stunde später in die Firma – und hat dann meist schon die ersten Auseinandersetzungen am Küchentisch hinter sich – um Hausaufgaben oder nicht gepackte Sporttaschen. Das reibt ihn ganz schön auf.

Ausgesucht hat er sich das nicht. Eigentlich hatte er bei seiner Hochzeit ein Leben zu zweit im Sinn. Aber es kam anders. Sie drei Jahren ist er geschieden. Seine Frau wohnt in der Nähe in einer drei-Zimmer-Wohnung. Alle zwei Wochen sind die Kinder für ein Wochenende bei ihrer Mutter, sonst bei ihm. Er wollte das so. „Ich habe damals gesagt: Wenn wir uns trennen, bleiben die Kinder bei mir.“

Kinder besser bei der Mutter?

Manche seiner Bekannten haben das nicht verstanden. Wären die Kinder nicht besser bei der Mutter? „Ich habe gesagt: Was macht ihr da für ein Problem draus? Wie es sonst bei der Mutter ist, so ist es jetzt eben bei mir.“

Corona hat den Familienalltag nicht einfacher gemacht. Sein Sohn hat ein Tablet von der Schule. „Das Ding ist von acht Uhr morgens an. Die Frage ist, ob er in der Zeit auch was für die Schule getan hat, oder nur Fifa gespielt. Und das ist dann abends wieder Stoff für ein Donnerwetter.“

Im Hamsterrad

Voll berufstätig zu sein als alleinerziehender Vater – Frank D. erlebt das als Hamsterrad. Wenn jetzt bloß die Kinder nicht krank werden! Seit die jüngste zwölf Jahre alt ist, bekommt er keinen Sonderurlaub, falls er sie dann zu Hause betreuen müsste. Ein Kollege hatte so einen Fall. „Dabei ist sein ganzer Sommerurlaub draufgegangen.“

Kommt er zwischendurch auch mal raus und kann was für sich tun? Der 56-Jährige schaut skeptisch fragend. „Ich genieße die Wochenenden, wenn die Kinder bei ihrer Mama sind.“  Dann trifft er sich mit alten Freunden. Seine wöchentliche Sportgruppe fällt seit Corona aus. „Und ab und zu bin ich beim Alleinerziehenden-Stammtisch dabei, den die Kirche hier anbietet.“ Wenn auch nur digital. „Aber es tut gut, zu hören, dass andere ganz ähnliche Probleme haben.“

Der einzige Mann unter lauter Frauen

Das war auch bei einem Wochenende für Alleinerziehende auf einer Nordseeinsel so, auch ein kirchliches Angebot. „Ich war da der einzige Mann unter lauter Frauen“, erinnert er sich. Eine Mischung aus Gesprächen, Informationen und Meditationen. „Das hat mir sehr gutgetan – zu erleben, dass man mit seinen Sorgen nicht der Einzige ist.“

Fühlt er sich als Alleinerziehender ausgegrenzt? Der Vater schüttelt den Kopf. Er weiß noch, wie das früher war. „Wenn Paare sich trennten, war das gleich Dorfgespräch. Heute ist das ja fast schon gang und gäbe und normal.“

Einmal hat er sich in die Kirche gesetzt

Auch wenn der ehemalige Messdiener sagt, dass er in den letzten Jahren nicht mehr so viel mit der Kirche zu tun hatte – ab und zu zieht es ihn doch hin. Einmal hat er sich in die Kirche gesetzt und mit dem Kaplan gesprochen, der gerade da war.

„Es war ein gutes Gespräch. Und ich habe in größter Not auch schon mal Kerzen angezündet.“ Und manchmal denkt er schon Dinge, die sich anhören wie flehende Gebete um Hilfe im Erziehungsalltag.

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