Kirche+Leben-Interview mit Sabine Orth vom Offizialat Vechta

Expertin: Bei Umgang der Kirche mit Alleinerziehenden „Luft nach oben“

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Die für Alleinerziehende zuständige Referentin im Offizialat Vechta, Sabine Orth, hat einen „Tag für Alleinerziehende“ in Vechta mitorganisiert. Sie wünscht sich im Kirche+Leben-Interview einen besseren Umgang mit Ein-Eltern-Familien – auch in der Kirche.

Frau Orth, was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für Alleinerziehende?

Zum Beispiel, dass man für alles allein verantwortlich ist: Beruf, Haushalt, Kindererziehung, Organisation der Betreuung. Dazu kommen bei vielen finanzielle Sorgen bis hin zur Gefahr, in Armut zu fallen. Und bei Eltern nach einer Trennung die Schwierigkeiten, die in der Abstimmung mit dem Partner oder der Partnerin entstehen können. Etwa wenn es darum geht, für die Kinder gut zu sorgen und an einem Strang zu ziehen und dies nicht durch Zerwürfnisse einer Scheidung oder Trennung aufs Spiel zu setzen.

Welche Rolle spielen Schuldgefühle?

Auch die spielen häufig eine Rolle. Zum Beispiel das Gefühl, Vater und Mutter gleichzeitig sein zu müssen. Verbunden mit der Frage: Fehlt meinen Kindern da nicht was? Und es gibt weiterhin bei manchen das Gefühl: Ich werde anders angeguckt als eine komplette Familie. Etwa, wenn man als alleinerziehende Mutter oder alleinerziehender Vater bei einer Veranstaltung auftaucht. Wobei alleinerziehende Väter die Ausnahme sind. Von rund 13 Millionen Kindern unter 18 Jahren in Deutschland leben 18 Prozent mit nur einem Elternteil im Haushalt. Und da ist es in neun von zehn Fällen die Mutter.

Haben Kirchengemeinden und Verbände bei ihren Angeboten Alleinerziehende und andere Formen von Familie genügend im Blick?

Da gibt es deutlich Luft nach oben! Etwa bei Erstkommunionfeiern, wo Gemeinden nicht immer nur eine heile Vater-Mutter-Kinder-Situation vor Augen haben sollten. Sondern etwa auch, dass da vielleicht zwei Väter in der Bank sitzen oder nur eine Mutter. Es ist wichtig, dass man das mehr im Blick hat und diese Familien entsprechend sensibel anspricht. Das geht bis hin zu Bildsprache auf Flyern und in Broschüren. Deshalb sind wir als Familienseelsorger derzeit auf Bundesebene dabei, eine Arbeitshilfe für Gemeinden zu dem Thema zu erstellen.

Tag für Alleinerziehende
„Feel good & relaxed-Day“ ist der Titel einer Veranstaltung für Alleinerziehende auf dem BDKJ-Jugendhof in Vechta am Samstag, 15. Juni. Der „Arbeitskreis für Alleinerziehende im Landkreis Vechta“, in dem auch das Bischöflich Münstersche Offizialat und die Caritas vertreten sind, hat die Veranstaltung organisiert. Das Angebot reicht von Veranstaltungen zu Fragen des Familienrechts über einen Mitmach-Kurs „Selbstbehauptung für Frauen“ bis hin zu Kreativ-Workshops. Für Verpflegung ist gesorgt. Anmeldungen sind noch bis 5. Juni möglich bei Astrid Brokamp, der Gleichstellungsbeauftragten für den Landkreis Vechta, unter Tel. 04441-8981025.

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