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Es gibt sie, alleinerziehende Männer. Etwa 150.000 Männer stehen 1,5 Millionen alleinerziehenden Frauen in Deutschland gegenüber. Was beschäftigt diese Minderheit, welche ganz eigenen Probleme haben die männlichen Einelternfamilien? In Geldern (Kreis Kleve) trifft "Kirche-und-Leben.de" bei einer Veranstaltung der Caritas einige Betroffene.
Schicksalsschläge sind Bernhard Oberheim nicht unbekannt. Zu kämpfen hat der 54-jährige Mann aus Geldern gelernt. Um seine Gesundheit zum Beispiel. Die musste er durch eine Chemotherapie erhalten. Um seine soziale Absicherung. Denn nach der Therapie kann er seine Arbeit unter Tage nicht wieder antreten. Er lebt von der Grundsicherung. Weil ihm eine Frau vom Jobcenter geholfen hat, die notwendigen Anträge zu stellen, bekommt er finanzielle Hilfe. Er kommt damit gerade über die Runden.
Oder um seinen 12-jährigen Sohn Keanu, der in der Zeit der Therapie geboren ist. Weil die Mutter an einer Bindungsstörung leidet, lebt der Sohn jetzt beim Vater. Das war ein ziemlich intensiver Kampf. Denn mit der Mutter war er nicht verheiratet. Als unverheirateter Vater habe er so gut wie keine Rechte gehabt, sagt er. Erst als er vor Gericht das Sorgerecht zugestanden bekommen hat, wird es für ihn einfacher.
Vater erfährt durch Caritas viel Hilfe
Überhaupt sein Sohn. Als er seine neue Aufgabe als Vater übernommen hat, rappelt er sich wieder auf. Krankheitsbedingt war er damals ziemlich angeschlagen. Sein Sohn hat ihm wieder einen neuen Lebenssinn gegeben. „Ich bin ihm Papa und Mama in einem“, beschreibt er die Situation.
Viel Hilfe hat er durch die Caritas in Geldern erfahren. „Sie haben mir sehr unter die Arme gegriffen“, sagt er rückblickend. Auch durch so manchen Rat. So hat er von Anfang an der Vater-Kind-Aktion teilgenommen, die es seit 2017 gibt. Ehrenamtlich ist Oberheim in der Kirche engagiert. Er ist Messdiener für Beerdigungen, Sargträger und fährt Essen für die Essensausgabe der Caritas aus. „Da bekomme ich, was übrig bleibt, auch für meinen Sohn“, berichtet er. Das hilft ihm, mit seinem Budget besser auszukommen.
Männer sind in Erziehungsfragen risikobereiter
Gemeinsame Aktionen mit anderen alleinerziehenden Vätern stärken das Selbstbewusstsein und fördern Netzwerke. „Nicht nur in herausfordernden Lebenssituationen ist es gut, mit anderen Gleichgesinnten in Kontakt zu kommen“, sagt Stefen Kisters-Teuwsen aus dem Team der Beratungsstelle der Caritas. Die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene bietet in Zusammenarbeit mit dem Projekt EFUS (Einelternfamilien fördern und stärken) Treffen für alleinerziehende Väter an. Ein Treffen für alleinerziehende Mütter gibt es bereits.
„Wir möchten alleinerziehende Väter unterstützen“, sagt Kisters-Teuwsen. In entspannter Runde wolle man mit anderen alleinerziehenden Vätern Kontakte knüpfen und Erfahrungen austauschen. „Wir bieten Treffen ausschließlich mit Männern an, weil der Austausch unter ihnen anders ist, weil sie anders an Probleme heran gehen, sie anders agieren, und sie andere Fragen haben“, sagt Kisters-Teuwsen. Die Hürde bei Männern sei ohnehin höher, bevor sie Hilfe annehmen, ergänzt der Mitarbeiter der Caritas.
Gerade auch in Erziehungsfragen seien Männer oft risikobereiter und ließen die „Dinge öfter mal laufen“, weiß er. Das eine sei so gut wie das andere, es sei kein Qualitätsurteil. Und Oberheim ergänzt: „Ich bin froh, dass die Treffen getrennt sind. Man muss sich als Mann nicht besonders produzieren und zeigen was für ein toller Typ man ist.“
Lebenswirklichkeit der Männer bestimmt Gespräch
Ein erstes Treffen hat im Rahmen eines zwanglosen Frühstücks im Pfarrgarten stattgefunden. Spielsachen für die Kinder haben die Eltern selbst mitgebracht. Drei Väter haben mit ihren Kindern im Alter von einem bis 12 Jahren teilgenommen. „Das nächste Mal wollen wir für die Kinder eine Betreuung organisieren“, sagt der Caritas-Mitarbeiter. Dann könne man noch offener über Beziehungsprobleme reden. Nach einer Vorstellungsrunde wurde viel über die individuelle Lebenssituation gesprochen.
Ein Vater, von Beruf Lehrer, musste sich nach der Elternzeit mit der Wiedereingliederung auseinandersetzen. Einen weiteren Mann beschäftigten eher schulische Fragen. „Die Männer geben das Tempo vor“, sagt Kisters-Teuwsen. „Ihre Lebenswirklichkeit bestimmt das Gespräch. Was ist der Anlass, dass sie alleinerziehend sind und welche Aufgaben kommen auf sie zu. Wir wollen einen Austausch ermöglichen, ohne direkt Lösungen anzubieten.“ Durch die Treffen würden sicher Synergieeffekte erzielt, meint er. Die Erziehungs- oder die Schuldnerberatung böten natürlich ihre Hilfe an.
Das nächste Treffen ist für den 23. Oktober 2021 geplant. Weitere Infos erteilt Stefan Kisters-Teuwsen unter Tel. 02831/9102348.