Sozialer Druck nimmt die Freude am Fest

Als Single am Fest der Liebe

Allein unter glücklichen Familien! Eine junge Frau erzählt, wie sie als Single Weihnachten feiert.

Anzeige

Wenn ich nach Hause fahre zu Weihnachten, weiß ich schon, gleich ruhen wieder diese fragenden Blicke auf mir: „Bringt sie dieses Mal jemanden mit? Hat sie endlich jemanden gefunden? Stellt sie uns endlich jemanden vor?“ Ich muss alle wieder enttäuschen, ich bringe keinen Traumprinzen mit in die warme Stube. Ich bin mit 36 Jahren immer noch Single.

Dieser Spießrutenlauf zu Anfang des großen Verwandten-Aansturms am Fest der Feste ist immer nervig. Wir sind eine große Familie, traditionell feiern wir mit 12 Personen bei meinen Eltern in der Siedlung. Messe, Essen, Bescherung, alles ganz klassisch und alles immer schön, bis meine Geschwister nach und nach ihre Partner mitbrachten, ihre Kinder, ihre heile Welt. Nur ich nicht. Ich kam weiterhin allein.

 

Magisches Datum

 

Mein 30ster Geburtstag schien irgendwie das magische Datum zu sein. „Warum hat sie denn keinen Freund?“ - „Sie sieht doch nicht schlecht aus?“. Meine Mutter fragt schon gar nicht mehr, meine Schwester schon. Das Trösten haben sie allerdings aufgegeben. Das habe ich dann selbst gemacht, indem ich mit meinem Chor auf Fahrt gegangen bin und mich durch Städtereisen abgelenkt habe.

Trotz guter Freunde und einer erfüllten Arbeit, irgendwie hatte ich das Gefühl, übrig zu bleiben, abgehängt zu werden. Eine Beziehung, die ich hatte, scheiterte, nachdem mir der Typ offenbarte, dass ich nicht die einzige Frau in seinem Leben war.

 

Ohne bessere Hälfte

 

Es tat weh, dabei zuzusehen, wie meine Freundinnen um mich herum ihre bessere Hälfte fanden, sogar meine jüngeren Schulfreundinnen hatten mittlerweile Kinder. Klar freute ich mich, diese kennenzulernen. Was mir aber fehlte, war Interesse für meine Lebenssituation. Ich hatte doch auch einiges zu erzählen! Über mein Engagement im Jugendtreff, meine Band mit den Auftritten in ganz Deutschland. Aber zuhause war die Welt ganz klein. Bei den jungen Müttern ging es nur noch ihre Kinder und Kindergartenplatz, hinzu kam der Bau des neuen Hauses – mir scheint, als ob ihre Welt immer kleiner und fokussierter wird und sich immer mehr von meiner entfernt.

Die ersten drei Jahre war ich einfach nur froh, wenn ich am zweiten Weihnachtsfeiertag wieder in den Zug steigen konnte, zurück in meine Großstadt. Ich habe mittlerweile gemerkt, ich komme auch gut alleine klar. In meinem Freundeskreis geht es vielen wie mir, gerade in der Großstadt bin ich keine Ausnahme mit meinem Single-Leben. Ich lebe gerne in meiner Wohngemeinschaft, ich liebe Reisen und gute Bücher. Ich bin kein besserer oder schlechterer Mensch, nur weil ich keinen Partner habe. Denn ich weiß, ich bin gut wie ich bin.

Anzeige