Gedenkgottesdienst am Sonntag in der Lambertikirche

Amokfahrt am Kiepenkerl in Münster jährt sich erstmals

Am 7. April 2018 raste ein psychisch kranker Mann mit einem Kleinbus in die Menschenmenge am münsterschen Kiepenkerl-Platz. Ein Jahr danach erinnert sich Stadtdechant Jörg Hagemann.

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Am 7. April 2018 raste ein psychisch kranker Mann mit einem Kleinbus in die Menschenmenge am münsterschen Kiepenkerl-Platz. Fünf Menschen starben. Ein Jahr später, am Sonntag, laden die Kirchen in Münster um 14 Uhr zu einem ökumenischen Gedenkgottesdienst in die Lambertikirche ein. Initiatoren sind das Land Nordrhein-Westfalen, die Stadt Münster und die Stiftung Katastrophenschutz. Im Gespräch mit Kirche+Leben erinnert sich Münsters Stadtdechant Jörg Hagemann an die Amokfahrt.

Es war einer der ersten warmen Frühlingstage 2018, als die Menschen in der Innenstadt von Münster jäh aus der Leichtigkeit des sonnigen Samstagnachmittags gerissen wurden: Am 7. April steuerte ein psychisch kranker Mann einen Kleinbus in die Menschenmenge vor dem Platz am Kiepenkerl-Denkmal – vier Menschen und der Täter starben, 20 wurden zum Teil schwer verletzt.

Stadtdechant Jörg Hagemann saß zu diesem Zeitpunkt mit einer Tasse Kaffee auf dem Balkon seines Pfarrhauses in Münster-Wolbeck, zehn Kilometer vom Tatort entfernt. „Das Wetter war wunderschön, ich genoss die Ruhe“, erinnert er sich an den Moment, als sein Telefon eine eingehende Kurzmitteilung meldete. „Irgendetwas ist passiert“, schrieb ihm ein pastoraler Mitarbeiter, der mit seiner Familie in der Stadt war. „Wir müssen uns bereithalten.“

 

Die Kommunikation funktionierte sofort

 

Bereithalten für was? Hagemann war aber nur kurz irritiert, denn schon kurz darauf meldeten sich weitere Mitarbeiter und Bekannte. Genau diese schnelle Kommunikation beeindruckt ihn noch heute. „Stadt, Bistum, evangelische und katholische Stadtkirchen, Notfallseelsorger – alle waren schnell miteinander im Kontakt.“ Während die akute Betreuung der Opfer, Angehörigen und Augenzeugen von für diese Fälle geschulten Seelsorgern übernommen wurde, wurde für den Stadtdechanten schnell deutlich, dass ein ökumenischer Gottesdienst im Paulusdom am Folgetag zu seinem Aufgabenbereich zählen würde.

Stadtdechant Jörg Hagemann trägt eine Kerze im Gedenkgottesdienst am Tag nach der Amokfahrt.
Jörg Hagemann beim ökumenischen Gottesdiensdt im Dom am Tag nach der Amokfahrt. | Foto: Michael Bönte

Viel Zeit für die eigene Trauer blieb deshalb nicht. „Ich habe die Osterkerze in unserer Kirche angezündet und gebetet“, sagt er. Auch den Sonntagsgottesdienst in St. Nikolaus in Wolbeck passte er an: „Viel Stille, viel Kerzenlicht und das Lied: Von guten Mächten…“

In seiner Predigt sprach er von der plötzlichen Dunkelheit, die sich durch die Amokfahrt über Münster gesenkt habe: „Manchmal müssen wir in aller Wut, allem Zweifel und aller Trauer das Licht Gottes suchen.“

 

Eindrucksvoller ökumenischer Gottesdienst

 

Der ökumenische Gedenk-Gottesdienst am Sonntagabend im Dom war für ihn ein eindrucksvolles Zeichen dafür. Nicht allein die mehr als 2.000 Menschen im Dom, auch die Worte von Bischof Felix Genn und die vielen stillen Momente gehörten dazu.

Und die Begegnungen am Rand: „Die Opferkerzen, die alle in den Händen hielten, waren nicht für diesen Zweck geschaffen – überall tropfte der Wachs auf den Boden.“

Als er sich am kommenden Tag bei einem Mitarbeiter im Dom für die aufwändigen Reinigungsarbeiten entschuldigen wollte, bekam er eine bemerkenswerte Antwort: „Gestern haben hier die Menschen gebetet – heute ist es mein Dienst, hier sauber zu machen.“ Dieser Mann habe seinen Dienst wie ein Gebet verstanden, sagt Hagemann. „Wie so viele nach den schrecklichen Ereignissen am 7. April vor einem Jahr.“

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