PORTRÄT

André Ciszewski: Statt Monsignore in Rom endlich Pastor in Dinklage

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Mancher träumt davon: leben und arbeiten im Vatikan. Warum er trotzdem zurückwollte, und wie die Pfarrei von seinen Erfahrungen profitieren kann.

Er winkt derzeit oft zurück. Wenn wieder einmal Passanten grüßen, die direkt vor André Ciszewskis Arbeitszimmer vorbeigehen und ihn hinter der bodentiefen Fensterscheibe entdecken. „Hallo, Herr Pastor!“ Der neue Pfarrer der Dinklager St.-Catharina-Pfarrei schmunzelt. Er genießt solche Momente.

Auch die Anrede. Auf „Monsignore“ oder „Prälat“ legt er keinen Wert. „Ich bin ja der Pastor von Dinklage“, sagt der großgewachsene Seelsorger, in dessen Stimme ein unausgesprochenes „Endlich!“ mitschwingt.

In Rom Schreibtischarbeit im Verborgenen

Der Kontakt zu Menschen – das ist einer der größten Unterschiede zu seinem Dienst im Dikasterium für die Bischöfe. Der bestimmte in den vergangenen 13 Jahren seinen Alltag. An prominenter Adresse zwar – direkt am Petersplatz in Rom – und sicher wichtig, „aber im Verborgenen“, wie André Ciszewski sagt. Ohne Publikumsverkehr, selten mal ein Telefongespräch. Viel Aktenstudium am Schreibtisch.

Wenn es wieder einmal um die Neubesetzung eines Bischofsstuhls ging und alles im Vorfeld zusammengetragen und geordnet werden musste – damit der Papst am Ende gut entscheiden konnte. André Ciszewski war mitzuständig für den deutschsprachigen Raum, Skandinavien, das Baltikum und die Niederlande.

Rom war nie André Ciszewskis Traum

Rom war schön, aber nie sein Traum. Der 48-Jährige schüttelt den Kopf. „Ich hatte dort studiert, die Stadt war mir vertraut, sicher.“ Und er sei dann eben nach seiner Zeit als Bischofskaplan noch einmal dorthin gegangen – auf Wunsch von Felix Genn. Für fünf Jahre – aus denen am Ende 13 wurden. Weil es immer wieder wichtig schien, ihn noch einmal etwas länger zu halten.

Ab und zu habe er auch Menschen geistlich begleitet – und täglich Gottesdienst gefeiert. Im Päpstlichen Institut Santa Maria dell‘ Anima nahe der Piazza Navona, wo er wohnte. Oder bei den Schwestern der Gemeinschaft vom Lamm, der er sich besonders verbunden fühlt.

Mit Dinklage ging ein Wunsch in Erfüllung

Und doch gab es immer wieder diese Momente. André Ciszewski kann sich gut erinnern. Wenn er sich mal wieder an einen ganz anderen Ort wünschte: in eine Gemeinde, näher bei den Menschen. „Genau dafür war ich nach den guten Erfahrungen in meiner Heimatpfarrei St. Elisabeth in Rheine schließlich angetreten und Priester geworden.“

Für ihn ist mit Dinklage ein Wunsch in Erfüllung gegangen. Auch wenn er das manchmal erst erklären muss. „Wie kann man von Rom nach Dinklage wollen?“ André Ciszewski kennt solche Fragen. Aber er weiß eben auch, was er an der Pfarrei im Süden des Oldenburger Landes hat.

Die „Wirklichkeit des Lebens“

Als Geburtsort von Kardinal Clemens August von Galen, mit dem Kloster der Benediktinerinnen, der Verbundenheit der Menschen mit der Pfarrei, der intensiven Jugendarbeit rund um die St.-Catharina-Kirche, dem einzigen Kirchort. „Allein die Messdienergemeinschaft zählt 80 Leiterinnen und Leiter“, schwärmt André Ciszewski.

Und er selbst? Warum ist er der Richtige für Dinklage? Was bringt er ein? Er überlegt einen Moment. „Eine große Liebe zu den Menschen zum Beispiel. Es fällt mir leicht, offen auf sie zuzugehen.“ Und eine „solide Kirchlichkeit“. Verwurzelt im katholischen Glauben. „Aber ich weiß auch um die Wirklichkeit des Lebens.“

Weltkirchliche Perspektive 

Das wird ihm helfen. Denn auch die Dinklager Kirche ist sonntags nicht mehr so gefüllt wie vor zehn Jahren. „Aber das ist für mich kein Grund zur Resignation“, sagt der Pfarrer. „Ich zähle auch nicht Sonntag für Sonntag die Kirchenbesucher. Davon muss man sich frei machen.“

Dabei helfe ihm auch, was er nach seinen Rom-Jahren eine „weltkirchliche“ oder „weite Perspektive“ nennt. „Ich weiß, wie es in anderen Ländern oder Bistümern der Welt zugeht, wie man Sachen einordnen und aushalten kann.“ Das bringe eine gewisse Gelassenheit. „Und die kommt auch meiner Aufgabe hier in Dinklage zugute.“

Zeugnis für Kardinal von Galen

Und wie schaut er auf die Zukunft, etwa im neuen Pastoralen Raum Damme, zu dem Dinklage gehört? André Ciszewski nickt. Ja, es werde dort in absehbarer Zeit noch weniger Priester geben als heute. „Aber jetzt bin ich erst mal mit ganzer Kraft hier.“

Zum Beispiel, um das Zeugnis für Kardinal von Galen wach zu halten. Das sei ihm besonders wichtig, sagt er und lenkt den Blick auf den 9. Oktober, den 20. Jahrestages der Seligsprechung des Kardinals. Aus diesem Anlass habe sich für Allerheiligen der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, angekündigt, um in Dinklage einen Gottesdienst zu feiern.

Bei aller Freude und Zuversicht – der neue Pfarrer weiß auch um seine Schwächen. Eine davon klingt paradox. „Was mir nicht so liegt, ist die Verwaltung.“ André Ciszewski sagt das in einem fast entschuldigenden Unterton. Wo sein Job in den letzten 13 Jahre doch vornehmlich aus Verwaltungsarbeit bestand. „Sie ist ja auch wichtig“, sagt er, „aber da muss ich noch viel lernen. Damit ich sie effektiv nutze, um möglichst viel Zeit für Seelsorge zu haben.“

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