Corona verhindert traditionelle Angebote für Bedürftige

Anlaufstellen für Obdachlose suchen Alternativen für Weihnachtsfeiern

  • Die Corona-Pandemie verhindert an vielen Orten im Bistum Münster die traditionellen Weihnachtsfeiern für Obdachlose.
  • Alternativen können die Akteure durch die Corona-Verordnungen nur reduziert anbieten.
  • Die wichtige Begegnung mit den Bedürftigen an den Festtagen ist gefährdet.

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Was, wenn der letzte Rest des Weihnachtsgefühls ganz wegzufallen droht? Für Menschen, die auf der Straße leben, reduziert sich das Erleben dieser Tage schon immer auf ein Minimum – auch ohne Pandemie. Dieses Jahr scheint selbst das kaum möglich. Viele Angebote für Obdachlose sind kaum möglich. Überall suchen Suppenküchen, Wärmestuben und Wohnungslosenunterkünfte deshalb nach Alternativen – auch im Bistum Münster.

Welche Bedeutung eine Weihnachtsfeier für Menschen auf der Straße hat, weiß Astrid Brückner. „Diese Menschen verbinden mit dem Fest genauso Erinnerungen an Kindheit und Familie wie jeder andere auch“, sagt die Ehrenamtliche aus der Gastkirche in Recklinghausen. „In ihrer Situation treffen sie diese Erinnerungen an gute Zeiten aber besonders hart.“

 

Der Braten ist wichtig, die Seele auch

 

Wie ein gutes Essen in weihnachtlicher Atmosphäre helfen kann, keine dunklen Gedanken aufkommen zu lassen, hat sie bei ihrem Einsatz immer wieder erleben können. „Es geht dabei nicht nur um den leckeren Braten, es geht auch um die Seele.“ Und die zehrt vor allem von Begegnung und Nähe, weiß sie. „Wir bringen das Essen normalerweise an ihre Tische, setzen uns dazu, essen mit ihnen und anderen Gästen, wie etwa Weihbischof Rolf Lohmann.“ Corona verhindert in diesem Jahr diese Begegnungen. Nicht nur in Recklinghausen.

In der Klosterpforte der Unterstadtkirche in Kleve würde an Heiligabend eigentlich für etwa 70 Bedürftige traditionell ein Festtagstisch gedeckt. Doch derzeit ist es nicht gestattet, die Räume für Gäste zu öffnen. Die Mittagessen, die unter der Woche gekocht werden, können die Bedürftigen nur abholen, um sie im Freien zu essen. „Das wollen wir zum Weihnachtsfest unbedingt vermeiden“, sagt Diakon Michael Rübo, der im ehrenamtlichen Team mitarbeitet. „Einen Obdachloser, der auf der Parkbank sein Festags-Menü isst, während in den Häusern gefeiert wird, darf es nicht geben.“

 

Verordnungen können sich noch ändern

 

Geplant ist, das Kolpinghaus zu nutzen und zwei Uhrzeiten für das Weihnachtsessen anzubieten, um einen möglichst großen Abstand zu ermöglichen. Das muss mit der Stadt noch abgesprochen werden. Ohnehin stehen die Planungen überall noch auf wackeligen Füßen, verändert sich der Stand der Corona-Verordnungen doch fast täglich.

Sicher ist jedoch, dass bei vielen Anlaufstationen die traditionelle Geschenktüte in diesem Jahr größer ausfallen wird. In Rheine hat das Team der Suppenküche bereits die ersten Dinge zusammengepackt. „Süßigkeiten, Kleidergutscheine, einen Mund-Nasen-Schutz, die Weihnachtsgeschichte…“, zählt Maria Waltermann auf, die beim Caritasverband in Rheine für die Gemeindecaritas zuständig ist. Sie ist selbst aktiv in dem Angebot der dortigen Kirchengemeinden und hofft auf weitere Spenden, damit die Tüte sich noch weiter füllt.

 

Essen auf der Bank im Freien ist kein Ersatz

 

Waltermann weiß, dass dieses Geschenk die ausfallende gemeinsame Feier nicht wird auffangen können. „Das gemeinsame Essen, das Singen und das Gespräch am Tisch geben den Bedürftigen das Gefühl, an diesem Tag besonders in den Blick genommen zu werden.“ Allein auf der Bank im Freien,  mit der Tüte in der einen Hand und dem warmen Essen in der anderen Hand, wird das nicht so sein. Sie suchen noch nach Alternativen. „Bei der großen Zahl an Bedürftigen hier, müssten wir aber schon die Stadthalle mieten.“

Auch die Wärmestube des Sozialdienstes Katholischer Männer gibt schon seit Monaten ihre Gerichte nur außer Haus ab. „Das muss auch an Weihnachten so bleiben“, sagt die Leiterin Monika Dufton. „Wir sind an die derzeitigen Vorgaben für die Gastronomie gebunden – da gibt es keine Ausnahmen.“ Weil die vielen ehrenamtlichen Helfer aus Vorsicht nicht mehr im Einsatz sein können, kocht sie derzeit wieder selbst. Und das auch an Heiligabend: „Sauerbraten, Knödel und Rotkohl.“

 

Gulaschsuppe in kleinen Gruppen

 

Ganz so feudal wird die Speisekarte im Haus der Wohnungslosen in Münster am Heiligabend nicht sein. „Es wird eine Gulaschsuppe geben“, sagt Thomas Mühlbauer aus der Leitung des Hauses. Auch hier kann es den großen Rahmen nicht geben:  Die 80 Bewohner der Einrichtung werden wohl in Siebener-Gruppen aufgeteilt und nacheinander in den Speisesaal kommen. „Die Suppe wird ihnen aber genauso schmecken wie in jedem Jahr.“

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