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In bisher 13 Kirchen im Bistum Münster sind antijüdische künstlerische Darstellungen bekannt. Eine Broschüre gibt Tipps, wie mit ihnen umzugehen ist.
Die katholischen Bistümer und evangelischen Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen haben einen Leitfaden zum Umgang mit antijüdischer Kunst herausgegeben. Der 40-seitige Text solle helfen, antijüdische Darstellungen an und in den Kirchen wahrzunehmen und aufmerksam mit ihnen umzugehen, teilen die Kirchen mit. Dafür bietet die Arbeitshilfe ausdrücklich die Unterstützung von Jüdinnen und Juden an und von Personen, die für Kunst und Denkmalpflege zuständig sind, heißt es.
Laut Mitteilung ist nicht jede Darstellung von Jüdinnen und Juden direkt antijüdisch. An vielen Stellen habe sie zunächst nur dazu gedient, diese als Vertreter des Alten Testaments zu kennzeichnen. Einige Darstellungen des Judentums in und an evangelischen und katholischen Kirchengebäuden entfalteten aber bis heute eine verletzende und herabwürdigende Botschaft und Wirkung.
Darstellungen im Bistum Münster
„Wir werden uns zunehmend bewusst, dass der christliche Antijudaismus dem modernen Antisemitismus einen fruchtbaren Boden bereitet hat“, erklären die Kirchen. „Wir wollen dazu ermutigen, vor Ort bewusst und gut begründet mit den Objekten umzugehen und Verantwortung zu übernehmen.“
Nach Angaben der Bischöflichen Pressestelle sind in katholischen Kirchen im Bistum Münster bisher folgende antijudaistischen Darstellungen bekannt:
- Beckum-Vellern: St. Pankratius, Taufstein mit „Synagoge und Ecclesia“ (Sandstein, um 1240)
- Dorsten: St. Agatha, Taufstein mit Judenfratze (Sandstein, um 1280)
- Gescher: St. Pankratius, Kreuzweg (Wandmalerei, 1935, Bernd Terhorst aus Emmerich)
- Harsewinkel-Marienfeld: Unbefleckte Empfängnis Mariens, Konsole mit Judenhut (Sandstein)
- Münster: Dom-Paradies, Relief „Thronende Madonna“ (Sandstein, etwa 1225/30)
- Münster: St. Lamberti, Skulpturengruppe „Synagoge und Ecclesia“ am Nebenchorportal (Sandstein, 1910, Wilhelm Bolte aus Münster)
- Münster: St. Aegidii, Taufstein mit Relief „Christus predigt gegen den Mammon“ (Sandstein, 1554)
- Nottuln: St. Martinus, Relief mit Ölbergszene (Sandstein, frühneuzeitlich, heute im Baumberger Sandsteinmuseum Havixbeck)
- Straelen: St. Peter und Paul, Seitenportal Nordseite „Synagoge und Ecclesia“ (Sandstein, 19. Jahrhundert)
- Telgte: St. Clemens, Kreuzweg, Hohepriester mit Judenhut (19. Jahrhundert)
- Warendorf: St. Laurentius, Flügelretabels, Figuren mit Judenhüten (Eiche, um 1414)
- Xanten: St. Viktor, Hochchor, Kapitellplastik mit „Sus et Judei“-Darstellung (Sandstein, um 1270)
In der Broschüre (PDF zum Herunterladen) werden laut Angaben verschiedene Möglichkeiten des kritischen Umgangs am Ort sowie die Möglichkeiten der Auseinandersetzung in der Gemeinde vorgestellt. Bischof Felix Genn äußert die Hoffnung, die Leitlinien mögen „zur Sensibilisierung und Auseinandersetzung mit historischen antijüdischen Bildwerken beitragen“. Sie seien Zeugnisse eines „fatalen religiösen Absolutheitsanspruchs“.
Update, 20. März: Eine Darstellung wurde auf Hinweis des Bistums Münster aus der Liste entfernt. Dabei handelt es sich nach Ansicht von Fachleuten nicht um eine antijüdische Darstellung. (jdw)