Strittiger Fall soll in der Dechantenkonferenz besprochen worden sein

Anzeige nach Woelki-Aussage: Sitzungsprotokoll belastet den Kardinal

  • Kardinal Rainer Maria Woelki könnte - entgegen einer beeideten Aussage - doch nähere Kenntnisse über Vorwürfe gegen einen von ihm beförderten Priester gehabt haben.
  • Der Fall soll laut Protokoll auf einer Sitzung der Stadt- und Kreisdechanten des Erzbistums Köln besprochen worden sein.
  • Das Erzbistum erklärte, Woelki habe vor Gericht genau das ausgesagt, woran er sich erinnern könne.

Anzeige

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gerät weiter unter Druck: Der WDR berichtet, der Erzbischof habe entgegen einer beeideten Aussage Ende März vor dem Landgericht Köln doch nähere Kenntnisse über Missbrauchsvorwürfe gegen einen von ihm beförderten Priester gehabt.

Das gehe aus einem Protokoll einer zweitägigen Sitzung der Stadt- und Kreisdechanten im September hervor. Demnach habe das Gremium mit Woelki eingehend über den Fall des Priesters gesprochen. Am Dienstag hatte die Staatsanwaltschaft Köln mitgeteilt, gegen Woelki auch wegen des Vorwurfs des Meineids zu ermitteln.

Das Protokoll berichtet von Beratungen

Laut dem Protokoll, das auch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, wurde in der Dechanten-Sitzung ausführlich über einen Brief Woelkis von 2018 gesprochen, in dem er die Glaubenskongregation im Vatikan über zahlreiche Vorwürfe gegen den Priester informierte. Auch habe der Erzbischof in einem eigenen zusätzlich eingeschobenen Tagesordnungspunkt über eine Antwort aus Rom berichtet.

Auf KNA-Anfrage erklärte das Erzbistum Köln am Mittwoch erneut, der Erzbischof könne sich nicht daran erinnern, das Schreiben im Einzelnen gelesen zu haben. "Damit hat Herr Kardinal Woelki vor Gericht genau das ausgesagt, woran er sich erinnern konnte." Zur Dechanten-Sitzung und dem Protokoll wollte sich die Erzdiözese nicht äußern; die Inhalte seien vertraulich.

Bereits im April hatte sie erklärt: "Kardinal Woelki hat das Schreiben zwar abgezeichnet. Er kann sich aber nicht erinnern, das Schreiben gelesen zu haben." Woelki hatte vor dem Landgericht mit Blick auf einen in dem Schreiben näher dargestellten Vorwurf eines Mannes gegen den Geistlichen beteuert, "bis heute" habe ihm darüber niemand etwas berichtet.

Wegen Woelkis Aussagen Meineid-Ermittlung

Nachdem wegen dieser Aussage eine Privatperson Woelki wegen Verdachts auf Falschaussage angezeigt hatte, hat die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungen wegen Meineids aufgenommen. In zwei anderen Fällen ermittelt sie bereits wegen des Vorwurfs falscher eidesstattlicher Versicherungen.

Sämtliche Ermittlungen stehen in Zusammenhang mit mehreren presserechtlichen Verfahren, in denen sich der Kardinal gegen Darstellungen der "Bild"-Zeitung wehrt. Seine Positionen untermauerte er jeweils mit eidesstattlichen Versicherungen.

Rücktrittsgesuch weiter in der Schwebe

Im Zug der Kritik an Woelki im Zusammenhang mit der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt hatte Papst Franziskus den Kardinal 2021 in eine mehrmonatige Auszeit geschickt. Zudem verlangte er ein Rücktrittsgesuch von Woelki, über das der Papst bis heute nicht entschieden hat.

Update 16 Uhr: Reaktion Erzbistum im vierten Absatz.

Anzeige