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Beim Gedenken an die Reichspogromnacht am 9. November 1938 warnt Armin Laschet vor wachsendem Antisemitismus - nicht nur von Rechts oder Links.
Bei einer Gedenkstunde zur Reichpogromnacht am 9. November 1938 in der Münsteraner Synagoge hat der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dazu aufgerufen, Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen entschlossen entgegenzutreten. Weil der 9. November in diesem Jahr auf den Schabbat, den Ruhetag im Judentum fällt, fand die Gedenkstunde bereits einen Tag früher statt. Auf Einladung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster erinnerten Vertreterinnen und Vertreter aus Münsters Politik, Gesellschaft und Kirche an die Reichspogromnacht vor 86 Jahren.
Laschet betonte laut Bischöflicher Pressestelle angesichts zunehmender antisemitischer Straftaten, wachsender Spannungen in Europa und auch mit Blick auf die jüngsten gewaltsamen Ausschreitungen gegen Juden in Amsterdam die Notwendigkeit eines gemeinsamen Eintretens gegen jede Form des Juden- und Menschenhasses. Das Massaker am 7. Oktober 2023 sei das schlimmste Verbrechen an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust gewesen.
Akademischer Antisemitismus
Laschet warnte davor, die Erzählung von einem eingewanderten Antisemitismus zu missbrauchen, als ob es früher keinen Judenhass in Deutschland gegeben habe. Dass Synagogen in Deutschland bereits seit den 1950er Jahren unter Polizeischutz stehen, bezeichnete er als „Skandal an sich“. „Antisemitismus war immer da. Es ist eine andere Form hinzugekommen“, sagte Laschet.
Neben dem rechten und linken Antisemitismus gehe auch von dem akademischen Antisemitismus eine Gefahr aus, der durch einige deutsche Studierende propagiert werde. Besonders besorgniserregend sei der Aufruf mancher deutscher Studenten, „Palästina von Deutschlands Schuld zu befreien“.
Sechs Kerzen
„Es liegt in unserer Hand, wie wir das Miteinander in unserer Gesellschaft gestalten“, betonte Laschet und vermied das Wort „Schicksalstag“, das gerne im Zusammenhang mit dem 9. November verwendet werde. „Die Situation ist nicht über die Menschen hereingebrochen, sondern die Ereignisse waren alle menschengemacht.“ Umso wichtiger sei das Erinnern, die Arbeit von Vereinen wie der Gesellschaft für Christlich-Jüdischer Zusammenarbeit und der Dialog zwischen den Religionen.
Zuvor hatten Johannes Schnocks (Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster), Karina von Hoensbroech (Jüdische Gemeinde Münster) und Oberbürgermeister Markus Lewe in ihren Grußworten Antisemitismus aufs Schärfste verurteilt. Als Zeichen gegen das Vergessen wurden sechs Kerzen entzündet, die an die mehr als sechs Millionen Menschen jüdischen Glaubens erinnern, die während der Herrschaft der Nationalsozialisten getötet wurden.