Franzis Niehoff aus Münster über den Weg vom Sorgenkind zum Gotteskind

Auslegung der Lesungen vom 1. Fastensonntag (Lesejahr A)

Perfekt! Oben angekommen und machen, was ich will - wer wollte das nicht? Im Evangelium wird Jesus mit dieser Versuchung konfrontiert. Franzis Niehoff von der Jugendkirche "effata!" in Münster über Verlockungen und Würde.

 

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Perfekt! Oben angekommen und machen, was ich will - wer wollte das nicht? Im Evangelium wird Jesus mit dieser Versuchung konfrontiert. Franzis Niehoff von der Jugendkirche "effata!" in Münster über Verlockungen und Würde.

Würdest du jetzt bitte endlich dein Zimmer aufräumen!“, diese und ähnliche „Bitten“, hören meine Kinder öfter, wenn Besuch kommt. Während mein Mann überlegt, ob genug Essen im Kühlschrank ist und Getränke kalt liegen, ist mir vor allem wichtig, dass alles aufgeräumt und passend dekoriert ist.

Vielleicht habe ich das in meinem Elternhaus gelernt, was in meinen Augen wunderschön und behaglich ist. Mich macht eine unaufgeräumte Wohnung jedenfalls ziemlich nervös, wenn Besuch kommt. Ich möchte es perfekt machen. Auch beim Schreiben dieses Textes denke ich nicht nur über die Bibelstelle des heutigen Sonntags nach. Ich überlege zudem: „Ist der Satz hier richtig formuliert? Was könnte den Leserinnen und Lesern gefallen?“

 

Ein persönlicher Stolperstein

 

Die Lesungen vom 1. Fastensonntag (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

Gegen einen gut geschriebenen Text und gegen ein aufgeräumtes Haus ist sicherlich nichts zu sagen. Meine Gäs­te sollen sich bei uns wohlfühlen, wenn sie ins Haus kommen und Sie, liebe Leserinnen und Leser, haben zu Recht den Anspruch auf einen gut lesbaren Text. Aber ich merke auch, dass bei allem Bemühen um Perfektion etwas anderes mitschwingt: Ich möchte gut dastehen.

Dabei wird dieses Verhalten im Alltag schnell zum Stolperstein für mich, der eigentlich überflüssig ist. Ich stehe doch nicht gut da, wenn ich alles äußerlich perfekt mache. Im Gegenteil, meine Kinder verlieren die Nerven und mein Mann ist vielleicht gestresst, weil er noch schnell den Text gegenlesen muss. Aber ich glaube, das Prob­lem reicht noch tiefer. Übertriebener Perfektionismus ist auch deshalb falsch, weil meine Würde eben nicht von diesen Äußerlichkeiten abhängt. Als Christin darf ich mich als Gottes geliebtes Kind verstehen. Die Liebe des allmächtigen Gottes ist das, was mir Würde gibt.

 

Alles andere als Kleinigkeiten

 

Ich schaue auf das Evangelium des Sonntags und sehe: Auch Jesus wurde in Versuchung geführt. Der Teufel will auch ihn nicht mit irgendwelchen Kleinigkeiten verführen. Er versucht, ihn mit schönen Bibelzitaten bei sehr grundsätzlichen Dingen zu packen. Das macht schon die Einleitung der Versuchung deutlich: „Wenn du der Sohn Gottes bist …“

Als Erstes verspricht er dem seit 40 Tagen in der Wüste fastenden Jesus Brot. Jesus lehnt ab und macht dem Teufel klar, dass der Mensch nicht nur vom Brot allein lebt. Alle Wunder, die er in seinem Leben tut, haben keinen egoistischen Hintergrund. Jesus vertraut ganz darauf, dass Gott ihm alles gibt, was er benötigt.

 

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Franzis Niehoff.
Franzis Niehoff ist Pastoralreferentin in der
Jugendkirche effata (!). | Foto: privat

Die zweite Versuchung findet auf der Spitze des Tempels statt. Dieser war ein zentraler Ort für die Juden. Er machte Gottes Gegenwart für sie besonders deutlich. Hier fordert der Teufel Jesus auf, sich mitten in Jerusalem vor vielen Zuschauern hinabzustürzen. Auf spektakulärere Art und Weise hätte er wohl kaum Aufmerksamkeit erlangen können. Aber auch diese Anerkennung lehnt Jesus ab mit dem Hinweis, dass Gott nicht dadurch erfahren werden kann, dass man ihn auf die Probe stellt.

Zum Schluss führt ihn der Teufel auf einen hohen Berg. Dort soll er sich vor dem Teufel niederwerfen und als Belohnung Macht über alle Reiche der Welt erlangen. Aber auch das lehnt Jesus ab. Er weiß, dass sein Status als geliebter Sohn Gottes eben nicht von diesen Äußerlichkeiten abhängt. Nicht von spektakulären Aktionen wie mitten in der Stadt vom Tempel zu springen und aufgefangen zu werden oder von der Macht, alle Reiche untertan zu haben – im Gegenteil, es würde ihn von seiner eigentlichen Berufung abhalten.

 

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Es ist eben sehr verlockend, seine Würde über diese Äußerlichkeiten zu definieren. Das Problem ist, dass all das am Ende nichtig ist. Anerkennung kommt und geht, Macht wird schnell tyrannisch oder zerbröselt. Die von Gott geschenkte Würde besitzen wir unwiderruflich, auch wenn wir versucht sind, es nicht sehen zu wollen.

Der Philosoph Josef Pieper bringt das gut auf den Punkt – auch wenn die Sprache schon ein bisschen alt ist: „Der in der Trägheit des Herzens befangene Mensch hat weder den Mut noch den Willen, so groß zu sein, wie er wirklich ist.“ Jesus verfällt dieser trügerischen Versuchung nicht. Er ist ganz das, was er ist: geliebter Sohn Gottes.
Ich nehme mir für die Fastenzeit vor, meinen Selbstwert nicht von Äußerlichkeiten abhängig zu machen. Mein Programm: Weniger Sorgenkind – mehr Gotteskind!

Sämtliche Texte der Lesungen vom 1. Fastensonntag (Lesejahr A) finden Sie hier.

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