Benedikt Feldhaus über das Pausemachen

Auslegung der Lesungen vom 11. Sonntag im Jahreskreis (A)

„Ich bin doch keine Maschine“, singt Tim Bendzko. Und auch Jesus stieß hin und wieder an seine Grenzen. Davon erzählen die Lesungen des 11. Sonntags im Jahreskreis. Benedikt Feldhaus empfieht uns, genau wie Jesus, auch mal die Fäden aus der Hand zu geben.

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„Ich bin doch keine Maschine“, singt Tim Bendzko. Und auch Jesus stieß hin und wieder an seine Grenzen. Davon erzählen die Lesungen des 11. Sonntags im Jahreskreis. Benedikt Feldhaus empfieht uns, genau wie Jesus, auch mal die Fäden aus der Hand zu geben.

Jesus ist fertig. Es ist ihm alles doch ein bisschen zu viel. Alle wollen seine Hilfe, seinen Rat, seine Heilung. Und er ist einfach irgendwann erschöpft und stellt fest, dass es zu viel zu tun gibt, um das alles alleine bewältigen zu können. Ich kann es ihm beim Lesen des Sonntag-Evangeliums ziemlich gut nachempfinden. Ich glaube, wir alle kennen das, von vielen Seiten gleichzeitig beansprucht und in Beschlag genommen zu werden. Auch wenn es zugegebenermaßen schmeichelhaft ist, wenn Menschen gern mit mir zu tun haben, ihre Zeit mit mir verbringen möchten und manchmal sogar verwegen genug sind, mich in der einen oder anderen Sache um Rat zu fragen.

Eigentlich doch ein schönes Gefühl, gebraucht zu werden. Aber das kann eben auch überhand nehmen und auf Dauer wenig schmeichelhaft und ganz schön stressig sein. Ich komme dann manchmal mit dem Beantworten von Nachrichten gar nicht hinterher, höre den Leuten längst nicht so zu, wie sie es verdient hätten und fühle mich dann auch überfordert und fertig. Es geht allein eben nicht.

 

Genug Zeit für andere

 

Und schon der Sänger und Liederschreiber Tim Bendzko hat festgestellt, dass er nicht genug Maschine dafür ist, um erst eben kurz die Welt zu retten und dann noch ausreichend Zeit für die in seinen Leben wichtigen Menschen zu haben.

Ich finde es irgendwie beruhigend, zu wissen, dass es Jesus in der einen oder anderen Situation auch so gegangen ist. Er konnte all den Bedürfnissen und Anliegen, die an ihn herangetragen wurden, offensichtlich nicht gerecht werden. Und er war weit entfernt davon, dann zu stolz dazu zu sein, um das zuzugeben. Er spricht offen aus, dass zu viel Arbeit für eine Person anliegt und sein gutes Werk an den Menschen viel besser gelingt, wenn er andere mit ins Boot holt und sie an seinem Engagement beteiligt.

 

Auch Jesus stößt an Grenzen

 

Der Autor
Benedikt Feldhaus ist Referent für junge Erwachsene im Bischöflich Münsterschen Offizialat in Vechta. | Foto: Privat
Benedikt Feldhaus ist Referent für junge Erwachsene im Bischöflich Münsterschen Offizialat in Vechta. | Foto: Privat

Zweierlei wird mir dabei deutlich. Zum einen ist Jesus genau wie Tim Bendzko keine Maschine, sondern ganz und gar ein Mensch. Und der Mensch stößt in seinem Wirken irgendwann an Grenzen – und seien sie nur die der körperlichen Ermüdung und Erschöpfung.

Zum anderen geht von dieser Erzählung eine befreiende Kraft aus. Jesus ist nämlich alles andere als ein Schwächling, sondern ehrlich und mutig genug, seine Jüngerinnen und Jünger an seinem Wirken zu beteiligen. Wie oft entdecke ich auch – und gerade in kirchlichen Kontexten – Menschen, denen ich in ihrer Sucht nach Kontrolle und in ihrem Drang, alles selbst in der Hand haben und machen zu müssen, zurufen möchte, dass sie sich doch mal entspannen und auch andere einfach tun und wirken lassen mögen. Sie würden dann so handeln wie Jesus, indem sie einfach mal nicht handeln.

 

Mutig sein – machen lassen

 

Und wie oft entdeckte ich diesen Hang zum Aktionismus und diesen Drang zum vollständigen Strippenziehen bei mir selbst. Und wie selten kann ich mich genau dann entspannen, wenn es dringend vonnöten wäre. Ich müsste einfach mutig genug sein und das gegenüber mir selbst und anderen zugeben, diese beteiligen, machen und entscheiden lassen, und voraussichtlich würde das sowohl mir selbst als auch dem beabsichtigten Zweck mehr als zuträglich sein.

Das heutige Evangelium zeigt uns, dass wir uns auch in dieser Hinsicht eine Menge bei Jesus abgucken können. Er ist eben Erlöser und kein reiner Macher. Er weiß, wann es geraten ist, andere in das eigene Werk einzubinden und von ihnen, ihren Ideen und Fähigkeiten zu profitieren. Und er weiß auch, wie sinnvoll und wohltuend es sein kann, Dinge abzugeben und sich selbst erschöpft und geschafft zurückzulehnen.

 

Es hängt nicht alles von uns ab

 

Sämtliche Texte der Lesungen und des Evangeliums vom 11. Sonntag im Jahreskreis finden Sie hier.

Genießen wir am heutigen Sonntag besonders die Momente, in denen wir Dinge unterlassen, die Momente, in denen wir nicht aktiv sein müssen. Genießen wir es, wenn uns die Strippen und Fäden mal aus der Hand gleiten und wir sehen, dass sie nicht ins Bodenlose fallen, sondern von anderen aufgefangen werden.

Christen können auch so auffallen, können auch auf diese Art und Weise die frohe und frohmachende Botschaft verkünden. Weil sie eben wissen, dass nicht alles von ihnen abhängt. Weil sie wissen, dass andere Menschen genauso imstande sind, gute Dinge zu vollbringen. Und weil sie eben wissen, dass auch Jesus dann und wann mal eine Pause brauchte und er trotzdem bereit war, den Weg zum Heil bis in die letzte Konsequenz hinein zu gehen. Das hat er für uns nämlich längst erledigt. Er hat auf seinem Weg dahin viele Menschen an seinem Handeln beteiligt und will dies auch für die Menschen von heute. Und er hat sich zur rechten Zeit einfach mal eine Pause gegönnt. Folgen wir ihm nach!