Carolin Wessels über Schlafen fürs Reich Gottes

Auslegung der Lesungen vom 11. Sonntag im Jahreskreis (B)

Wie kann man Menschen vom Glauben überzeugen? Und was, wenn es einfach nicht klappen will? Carolin Wessels, Pastoralreferentin in Lengerich, kennt diese Fragen aus ihrem Job nur zu gut. Und findet im Sonntags-Evangelium eine heilsame Haltung.

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Wie kann man Menschen vom Glauben überzeugen? Und was, wenn es einfach nicht klappen will? Carolin Wessels, Pastoralreferentin in Lengerich, kennt diese Fragen aus ihrem Job nur zu gut. Und findet im Sonntags-Evangelium eine heilsame Haltung.

Kennen Sie den alten Witz von den Pfarrern und den Fledermäusen? „Zwei Pfarrer unterhalten sich, weil sie beide das gleiche Problem haben: Im Kirchturm sind Fledermäuse. Der erste Pfarrer berichtet, er habe es mit Ausräuchern probiert. Doch die Fledermäuse seien zurückgekommen, und zudem stinke es jetzt in der Kirche. Der zweite Pfarrer berichtet, er habe lange überlegt und dann einfach alle Fledermäuse getauft und gefirmt. Jetzt sei keine mehr da.“

Das Evangelium vom 11. Sonntag im Jahreskreis (B) zum Hören und Sehen auf unserem Youtube-Kanal.

Ist das so? Kommen die Menschen nur noch zu den Sakramenten in die Kirche und zu den Gottesdiensten? Oft nehmen regelmäßige Kirchgänger genau das wahr. Nach der Taufe, der Erstkommunion oder der Firmung lassen sich junge Familien oder die Jugendlichen oft nicht mehr blicken. Mit dem Sakrament ist wieder etwas geschafft und abgehakt. Ende.

Da kommen bei dem einen oder anderen schon Enttäuschung, Frust und Zweifel auf. Eltern und Großeltern mögen sich fragen, ob es an ihrer Erziehung liegt. Haupt- und ehrenamtliche Katecheten und Seelsorger zweifeln vielleicht an ihren Katechese-Konzepten. Und dann kommen Fragen auf wie: Nehmen Kinder und Jugendliche überhaupt irgendetwas mit aus der Erstkommunion- oder Firmvorbereitung? Können wir sie noch begeistern für den Glauben?

 

Wie kann ich Interesse am Glauben wecken?

 

Manche dieser Sorgen kann ich verstehen. Auch ich frage mich oft, wie ich beispielsweise die Firmvorbereitung am besten gestalte, damit die Jugendlichen möglichst viel davon mitnehmen und dazu noch Spaß daran haben. Wie kann ich bei den einen ein Interesse am Glauben wecken, den anderen auf ihrer Suche nach Gott eine Hilfe bieten? Geht die Firmvorbereitung tief genug? Kann ich alle Jugendliche ausreichend begleiten und auf sie eingehen? Und was ist mit denjenigen, an denen alle Mühe scheinbar nur vorbeizieht? Habe ich mich nicht genug angestrengt?

Doch dann lese ich die Gleichnisse im heutigen Evangelium und fühle mich fast ein bisschen ertappt. Warum sorge ich mich eigentlich? Ich darf mich auch mal schlafen legen und gelassen sein. Das Reich Gottes hängt nicht von mir allein ab. Wenn ich den ersten Schritt mache und etwas in guter Absicht beginne, das auch Gott gefällt, dann wird er dafür sorgen, dass meine Arbeit gelingt.

 

Es kann vieles wachsen

 

Die Autorin
Carolin WesselsCarolin Wessels ist Pastoralreferentin in der Pfarrei Seliger Niels Stensen in Lengerich. | Foto: Marie-Theres Himstedt

Meine Samen sind die Stunden, die ich mit den Jugendlichen verbringe: in Ferienfreizeiten, bei Band-Proben, bei Gruppenstunden der Messdiener oder eben in der Firmvorbereitung. Ich kann dort ein Zeugnis von der Frohen Botschaft vorleben, von meinem Glauben erzählen und so den Samen säen. Es ist vielleicht nur ein kleiner Same, wie der eines Senfkorns. Aber daraus kann viel wachsen. Manchmal nehme ich das vielleicht gar nicht wahr. Manchmal erfahre ich erst viel später in Gesprächen, welche Früchte aus den Samen hervorgegangen sind, die ich in der Jugendarbeit gesät habe. Dann ist „die Zeit der Ernte“ da.

Wenn Eltern und Großeltern den Glauben nach ihren Kräften vermittelt haben und wenn Katecheten Kinder und Jugendliche angemessen auf die Sakramente vorbereiten, dürfen sie auch mal schlafen und geduldig abwarten. Gelassenheit ist das eine, das ist aber nicht dasselbe wie Stehenbleiben, denn „als Glaubende gehen wir unseren Weg, nicht als Schauende“. Wären wir Schauende, hätten wir eine passive Rolle: zusehen. Als Glaubende ziehen wir aber aus, erzählen von unserem Glauben und säen so die Samen, aus denen Gott etwas wachsen lassen kann. Dabei darf aus Gelassenheit jedoch keine Nachlässigkeit werden.

 

Gott kann das Übrige tun

 

Kein Bauer würde kurz vor dem Winter Samen säen, deren zarte Pflanzen die Kälte nicht überstehen. So ist es auch Aufgabe der Eltern und Katecheten, den Glauben angemessen zu vermitteln, damit er nicht verdorrt, bevor er richtig aufblühen konnte. Kein Jugendlicher möchte mit Methoden, die er aus der Erstkommunionvorbereitung kennt, auf die Firmung vorbereitet werden; kein Kind möchte mit theologischen Vorträgen überfordert werden.

Doch wenn wir den ersten Schritt nach unseren Kräften getan haben, dann kann Gott das Übrige tun. Er entscheidet letztendlich, aus welchen Samen er welche Pflanzen wachsen lässt; welche groß werden, welche kleiner bleiben.

Mir schenkt das eine gewisse Gelassenheit: Es ist meine Aufgabe, den Glauben zu verkünden und ihn insbesondere an Kinder und Jugendliche weiterzugeben. Aber ich darf auch auf Gott und die Kraft des Heiligen Geistes vertrauen, dass die Jugendlichen eine Gottesbeziehung aufbauen oder festigen, selbst wenn diese nicht durch den regelmäßigen Kirchgang am Sonntag nach außen hin sichtbar gemacht wird und sie wie die Fledermäuse nach der Firmung dem Kirchengebäude fern bleiben.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 11. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) finden Sie hier.

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