Thomas Möllenbeck beschreibt, warum Gott der unendlich Gute ist

Auslegung der Lesungen vom 17. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr C

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Gott ist die Liebe. Das zeigt sich auch in der heutigen Lesung, in der Abraham mit ihm um das Leben von Menschen feilscht, sagt Professor Thomas Möllenbeck in seiner Auslegung der Texte dieses Sonntags.

Es geht zu wie auf dem Basar: Abraham feilscht mit Gott um das Leben seines Neffen Lot und dessen Familie in Sodom und Gomorrha. Die Städte stehen kurz vor der Zerstörung, denn „das Klagegeschrei ist laut geworden, und ihre Sünde, ja, die ist schwer.“ Aber Gott kann doch nicht die Gerechten mit den Ungerechten umbringen! Wenn sich dort trotzdem noch 50 Gerechte finden, wird Gott von vernichtender Strafe absehen? Ja! Auch wenn es nur 45 sind? Ja! 40? Ja! 30? Ja! 20? Ja! Zehn? Ja! 

Abraham feilscht mit Gott – worum geht es hier eigentlich? Muss die Zahl der Gerechten stimmen, damit die Ungerechten gerettet werden können? Reicht es, wenn zehn Menschen Gottes Willen erfüllen? Kann Gott dann ignorieren, was die anderen tun? Nein! Dieser Ausweg ist versperrt, wenn Gott Gott ist und Sünde Sünde bleibt. Wenn Gott wirklich Gott ist, kann er nicht in alle Ewigkeit das Klagegeschrei überhören und die Sünde der Menschen ignorieren, weil es ein paar Menschen gibt, die gerecht sind. Sünde bleibt Sünde, solange sie nicht persönlich bereut wird; Gott ist Gott, der Sünde nicht vergeben kann, wenn sie nicht bereut wird. Es geht nicht um Quantität, sondern um Qualität.

Gott ist die Liebe - und darum unendlich gut

Die Lesungen vom 17. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) zum Hören finden Sie hier.

Daher sagt Paulus im Kolosserbrief: Der eine Gerechte hat „den Schuldschein, der gegen uns alle sprach“, durchgestrichen. Jesus Christus hat den Schuldschein „dadurch getilgt, dass er ihn an das Kreuz geheftet hat.“ Wie kann dieser eine Gerechte das? Wie kann das die Vergebung der persönlichen Sünde aller ermöglichen? Öffne die theologische Schatzkiste – darin finden wir die Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus. 

Gott ist die Liebe, das heißt weil er Gott ist, ist er unendlich, und weil er die Liebe ist, ist er unendlich gut. Daher kann Gott nur wollen, was gut ist. Schon in der Antike galt „idem velle – idem nolle”, Freunde wollen dasselbe und lehnen dasselbe ab. Wenn ein Mensch nicht will, was Gott will, dann will dieser Mensch nicht das Gute. Dann kann er nicht Gottes Freund sein. Gutheißen kann Gott das nicht – aber persönliche Sünde ist das noch nicht. Persönliche Sünde kann nur sein, was ein Mensch frei will. Unser Gewissen kann so korrumpiert sein, dass wir das Echo der Stimme Gottes in unserem Herzen gar nicht mehr wahrnehmen. Der Ignorant handelt gegen den Willen Gottes, aber er will nicht böse sein. Persönliche Sünde beginnt da, wo einer nicht wissen will, was Gott will. Dann will er nicht Gottes Freund sein. 

„Dein Wille geschehe”

Der Autor
Thomas Möllenbeck
Thomas Möllenbeck ist Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster. | Foto: privat

Im Evangelium bitten die Jünger Jesus: „Lehre uns beten.“ Und sie empfangen von ihm das Vaterunser: Sein Name werde geheiligt; sein Reich möge kommen; das Brot, das wir wirklich benötigen, möge uns zukommen; er möge uns vergeben, weil auch wir bereit sind zu vergeben; in Versuchung stark bleiben! „Dein Wille geschehe“ ist in jeder Bitte zu finden. Im Ölgarten betet Jesus selbst, der Vater möge den Kelch des Leidens und Sterbens von ihm nehmen, wenn er wolle, aber „nicht mein, sondern Dein Wille geschehe.“ Darin liegt die besonders Qualität des Betens und Handelns Jesu Christi: Er ist der einzige Mensch, der den Willen des Vaters ganz erfüllt.

Diese Qualität unserer Existenz können wir aus uns heraus nicht erreichen. Aber wir sollen sie anstreben – in unserem Bitten und Suchen, dann wird uns gegeben, dann werden wir finden; und wenn wir anklopfen, wird uns aufgetan, sagt Jesus. Jesus verspricht, dass Gott uns helfen wird, wenn wir diese Qualität unseres Betens und Handelns anstreben: „Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wieviel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen gebe, die ihn bitten.“

Vergebung für alle

Das, was der eine – Jesus – getan hat, kann für alle die Vergebung persönlicher Sünde ermöglichen. Im Heiligen Geist, aus der göttlichen Liebe heraus, können wir bereuen, dass wir nicht gerecht sind vor Gott. Deshalb sagt das letzte Gabengebet der Osterzeit vom Heiligen Geist: „Er ist die Vergebung der Sünden“.

Durch ihn können wir uns hineinnehmen lassen in Christus – eucharistisch in sein Kreuzes­opfer, bekennend im Sakrament der Beichte und grundlegend in der Taufe, wie Paulus sagt: „Mit Christus wurdet ihr in der Taufe begraben, mit ihm auch auferweckt, durch den Glauben an die Kraft Gottes. … Ihr wart tot infolge eurer Sünden, … Gott aber hat euch mit Christus zusammen lebendig gemacht und uns alle Sünden vergeben.“

Sämtliche Texte der Lesungen vom 17. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) finden Sie hier.

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