Ulrike Göken-Huismann fragt: Wem sind Sie zum Brot geworden?

Auslegung der Lesungen vom 19. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr B

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Die Lesungen dieses Sonntags berichten vom Propheten Elija, der in die Wüste ging, um zu sterben. Doch ein Engel kam, um ihn zu retten. Dabei stellt sich die Frage, ob nicht jeder selbst schon mal Engel gewesen ist. Ulrike Göken-Huismann, Geistliche Begleiterin im KFD-Bundesverband, legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

In vielen Märchen und Erzählungen steht Brot im Mittelpunkt, aus Frau Holle kennen wir beispielsweise das sprechende Brot. Auch in der Heiligen Schrift gibt es zahlreiche Brotgeschichten. Die Menschen, die mit Jesus unterwegs sind, essen gemeinsam Brot, das er wunderbar vermehrt hat, und alle werden satt. Das Reich Gottes vergleicht Jesus mit dem Sauerteig, den eine Frau unter einen großen Trog Mehl mischt, bis das Ganze durchsäuert ist. Die Emmaus-Jüngerinnen und Jünger erkennen Jesus am Brotbrechen. Im Vaterunser bitten wir um das tägliche Brot.

Zwei Brotgeschichten um den Propheten Elija sind uns im ersten Buch der Könige überliefert: der Bericht über die Witwe von Sarepta, die letztlich jeden Tag ausreichend Brot und Öl zur Verfügung hat, und die Erzählung aus der Lesung des heutigen Sonntags.

 

Elijas Flucht in die Wüste

 

Die Lesungen vom 19. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) zum Hören finden Sie hier.

Eigentlich hätte Elija, einer der größten Propheten, der im 9. Jahrhundert v. Chr. wirkte, allen Grund stolz zu sein. Im Gottesstreit mit den heidnischen Baals-Priestern auf dem Karmel hat er, hat sein Gott gesiegt. Aber Isebel, die Königin von Israel und Anhängerin des Baals-Kultes, lässt ihn verfolgen und droht ihn mit dem Tod.

Elija flieht vor Angst in die Wüste, setzt sich unter einen Ginsterstrauch und wünscht sich den Tod. Er hat keinen Lebenswillen mehr. Völlig erschöpft schläft er ein. Aber während er schläft, kommt ein Engel, stellt ihm Brot und Wasser hin und rührt ihn an. Elija isst und trinkt und schläft wieder ein. Aber jetzt fällt er in einen erholsamen Schlaf, der ihm neue Kräfte verleiht. Der Engel kommt abermals, rührt ihn wieder an und sagt: „Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für Dich.“ Elija tut, wie der Engel ihm geraten hat, und wandert „durch diese Speise gestärkt“ vierzig Tage durch die Wüste bis zum Gottesberg Horeb. Brot und Wasser haben ihn körperlich erfrischt, aber die Begegnung mit dem Engel hat ihn offensichtlich auch ermutigt, seinen Weg doch fortzusetzen. Die Todesangst ist besiegt. Elija hat Hilfe und Kraft gefunden, er kann neue Perspektiven entwickeln.

 

Sind Sie einem Engel begegnet?

 

Die tiefere Bedeutung von Brot und vielfältige Facetten werden deutlich. Natürlich brauchen wir tägliche Nahrung. Aber wir benötigen genauso Brot, das unser Herz stärkt, unsere Hoffnung nährt, uns mit Zuversicht erfüllt, uns Kraft gibt. Gemeinschaftserlebnisse in einem katholischen Verband, besondere Veranstaltungen, Bibelarbeiten und Gottesdienste sind für viele Christinnen und Christen wie nahrhaftes Brot, das sie mit in ihren Alltag nehmen. Durften Sie diese Erfahrung auch schon einmal machen?

Der Engel rührt Elija an, macht ihm Mut, wird selbst zum Brot für ihn. Christen und Christinnen können einander Brot werden, in Gruppen, Verbänden und Gemeinschaften. Vielleicht haben Sie das selbst erlebt? Vielleicht sind Sie auch einem Engel begegnet oder zum Engel geworden?

 

Lebendiges Brot

 

Die Autorin
Ulrike Göken-Huismann
Ulrike Göken-Huismann ist Geistliche Begleiterin im KFD-Bundesverband. | Foto: privat

Um ein ganz besonderes Brot geht es im Evangelium, das auch an diesem Sonntag aus der großen Brotrede im sechsten Kapitel des Johannes-Evangeliums stammt. Eine großartige, fast atemberaubende Zusage hören wir: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“ Jesus selbst wird zum Brot für uns. Er gibt sich uns selbst. Im letzten fast nicht begreifbar! Das Lied „Seht Brot und Wein“ im Gotteslob unter der Nummer 736 spricht wunderbar berührend von dem „kostbaren Zeichen, dass Gott uns liebt, dem kostbaren Zeichen, wie Gott uns hält.“

Die Lesung aus dem Brief an die Gemeinde in Ephesus gebraucht das Wort Brot nicht, aber sie schildert anschaulich, wie es konkret gehen kann, einander Brot zu sein: „Seid gütig zueinander, seid barmherzig, vergebt einander, führt euer Leben in Liebe.“ Wir werden an das besondere Siegel erinnert, das wir in Taufe und Firmung empfangen haben: Gottes Geistkraft.

Diese stärkt uns in unserem Bemühen, füreinander und miteinander Brot zu sein, in unseren Beziehungen, Familien und Gemeinden, aber auch darüber hinaus. Blicken wir über unseren Tellerrand, teilen wir weltweit Brot!

Ich wünsche Ihnen an diesem Sonntag und in der kommenden Woche Brot-Erfahrungen, die Leib und Seele satt machen.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 19. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) finden Sie hier.

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