Pater Christian Brüning: Schluss mit der uralten Feindschaft

Auslegung der Lesungen vom 2. Adventssonntag / Lesejahr A

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Der Sohn Gottes ist unterwegs und wir dürfen ihn freudig erwarten. Ihm entgegengehen gar, sagt Pater Christian Brüning und legt die Lesungen des zweiten Adventssonntags aus.

Wie am ersten Adventssonntag wird auch am zweiten die zentrale Perspektive der Liturgie durch das Tagesgebet vorgegeben. Es lenkt in der lateinischen Originalfassung den Blick auf den kommenden Sohn Gottes. Das Stichwort des Entgegenkommens fehlt leider in der deutschen Fassung des Gebetes. Dort heißt es: „Allmächtiger und barmherziger Gott, deine Weisheit allein zeigt uns den rechten Weg. Lass nicht zu, dass irdische Aufgaben und Sorgen uns hindern, deinem Sohn entgegenzugehen. Führe uns durch dein Wort und deine Gnade zur Gemeinschaft mit ihm.“

Dabei ist das Entgegenkommen des Gottsohnes, dass Gott aus sich herausgeht und in seinem Sohn auf uns zukommt, erst der Ermöglichungsgrund, dass wir Menschen uns auf ihn zubewegen können. Das lateinische Original ist besser wiederzugeben: „Allmächtiger und barmherziger Gott, irdisches Treiben hindre uns nicht, deinem Sohn, der kommt, entgegenzugehen. Weisheit vom Himmel lehre uns, mit ihm zusammen zu sein.“

Neuanfang zu erwarten

Die Lesungen vom 2. Adventssonntag (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

In der ersten Lesung aus Jesaja 11 wird beschrieben, was mit dem Kommen des Gottsohnes einhergehen wird. Vers 1-3a sind die Einführung des Heilsmittlers: Er ist ein Trieb aus dem Baumstumpf Isais. An König David vorbei wird auf seinen Vater zurückgegriffen. Das davidische, bisherige, menschlich-irdisch geprägte Königtum gleicht einem abgehackten Baumstumpf, es ist völlig am Ende. Mit dem kommenden Erlöser wird Gott einen völlig neuen Anfang setzen.

Im Folgenden wird die Begabung des Heilsmittlers mit vielfältigen Gaben des Geistes Gottes beschrieben. So verfügt er über den Geist der Weisheit und der Einsicht. Weisheit ist die Erkenntnis der rechten Ordnung und der sachgerechte Umgang damit; Einsicht, die Fähigkeit, die Zusammenhänge zu erkennen und geschickt damit umzugehen. Der Geist des Rates und der Stärke wird angeführt. Mit Rat ist eher der Plan, der Heilsplan oder der Beschluss gemeint. Stärke meint die grundlegende Fähigkeit, das Geplante durchzuführen.

Geist der Erkenntnis

Der Autor
Pater Christian Brüning OSB
Pater Christian Brüning OSB ist Mönch der Benediktinerabtei Gerleve. | Foto: Abtei Gerleve

Schließlich wird der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn genannt. Erkenntnis meint dabei nicht eine von der Vernunft geprägte Erkenntnis, sondern die liebende Erkenntnis, wie es etwa in der Sprache der Bibel heißt: Adam erkannte Eva und sie wurde schwanger. Und wenn dann von dem Geist der Furcht des Herrn gesprochen wird, meint das, dass der Kommende nicht in Selbstherrlichkeit, sondern in Rückbindung an Gott auftreten wird. Mit allem Erforderlichen wird der Heilskönig also begabt sein.

In den Versen 3b-5 wird das Regierungsprogramm des kommenden Heilsmittlers geschildert: „Er richtet nicht nach dem Augenschein und nach dem Hörensagen entscheidet er nicht.“ Vielmehr sieht er genau hin und hört genau zu. Und er hat es nicht nötig, gegen irgendjemand Krieg zu führen. Mit dem Stock seines Mundes sind die Befehle gemeint, mit denen der Friedenskönig für Ordnung sorgt, und mit dem Hauch seiner Lippen die Urteilssprüche gegen die Verbrecher.

Gerechtigkeit und Treue sind sein Gürtel. Konkret ist mit Gürtel ein Lendenschurz gemeint, der ständig unter der Kleidung auf dem Unterleib getragen wurde. So nahe sind dem Heilsmittler Gerechtigkeit und Treue. Die Verse 6-8 schildern die Konsequenzen, die sich durch die Regierung des Kommenden ergeben werden. Paradiesische Zustände werden sich einstellen. „Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter und zur Höhle der Schlange streckt das Kind seine Hand aus“: Das meint, dass die alte Feindschaft zwischen Mensch und Schlange aufgehoben wird. Die Folgen des Sündenfalls werden aufgehoben, sind geheilt.

Friedensreich entsteht

In Vers 9 wird schließlich das Ziel benannt, das der kommende Heilsmittler erreichen wird: „Man tut nichts Böses und begeht kein Verbrechen ..., denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn.“

An diese Beschreibung des entstehenden Friedensreiches fügt sich organisch die zweite Lesung an. „Der Gott der Geduld und des Trostes schenke euch, eines Sinnes untereinander zu sein, Christus Jesus gemäß. ... Nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes!“ Es geht um die weitere Umsetzung und das Leben aus der von Jesus Christus bewirkten erlösenden Friedensordnung.

Als Evangelium ist die Perikope von Johannes dem Täufer vorgesehen. Johannes ist der Vorläufer. Mit seinem ganzen Wesen ist er der, der auf den kommenden Sohn Gottes hinweist.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 2. Adventssonntag (Lesejahr A) finden Sie hier.

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