Adventlicher Mode-Tipp von Stephan Scholtyssek aus Münster: Kamelhaar!

Auslegung der Lesungen vom 2. Adventssonntag (Lesejahr B)

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Ab in die Wüste führen Lesung und Evangelium dieses zweiten Adventssonntag. Aus dieser lebensfeindlichen Umgebung kommt die Lebens-Ansage schlechthin. Dabei macht einer der Rufer, Johannes der Täufer, zumindest kleidungsmäßig einen recht eigensinnigen Eindruck, meint Stephan Scholtyssek, Pastoralreferent in Münster, in seiner Schriftauslegung. 

„Kleider machen Leute!“ Sie kennen sicherlich diesen Spruch oder zumindest das Gefühl, das dahintersteht: Menschen nehmen sich untereinander als Erstes nach dem Äußeren wahr.
Kleidung kann vieles. Praktisch kann sie den Körper vor dem Wetter schützen. Sie kann modisch oder unmodisch sein und gänzlich unpassend, wenn sie zu klein oder zu groß getragen wird. Kleidung suggeriert, dass eine gut gekleidete Person eine gewisse gesellschaftliche Stellung innehat. Sie zeigt an, in welcher Rolle die Person gern gesehen werden möchte.

Wie sind Ihrer Meinung nach folgende Personen gekleidet? Eine Ärztin im Krankenhaus. Jemand ohne Obdach in der Innenstadt. Der Polizist mit der Laserpistole am Straßenrand. Die Mechatronikerin in der Werkstatt. Der Banker in der Bankfiliale Ihres Vertrauens. Die Mitarbeiterin des Gemüsehandels auf dem Wochenmarkt.

 

Kirchliche Kleiderordnung

 

Die Lesungen vom 2. Adventssonntag (Lesejahr B) zum Hören finden Sie hier.

Schaue ich auf mich, stehe ich schnell vor der Frage: Wie sollte sich eigentlich jemand kleiden, der in der Seelsorge tätig ist? Wie sollten sich gläubige Christen kleiden? Für die Berufsausübung eines Seelsorgenden könnte die angestrebte Wirkung nicht unwichtig sein. Kleider machen unter Umständen also auch Seelsorgende.

Die Kirche ist generell ein Ort ist, an dem auf Kleidung Wert gelegt wird. Ob funktional oder adrett, Kirchenbesucherinnen und -besucher sind stets gut gekleidet. Der Gedanke, dass sich das so gehöre, liegt nahe, denn in der Kirche vor Gott zu treten, ist etwas Besonderes: sehen und gesehen werden – auch von Gott. Ich mag die Bibel unter anderem deshalb, weil sie auch für die alltäglichsten Fragen einen Impuls geben kann. Das überrascht mich nicht, denn sie soll ja richtungsweisend für meinen Glauben, mein Leben und mein Handeln sein.

 

Waschechter Seelsorger

 

Auch das Evangelium dieses zweiten Adventssonntags stellt eine Verbindung zwischen den Themen Glaubensverkündigung und Kleidungsstil her. In meinen Augen ist der Kleidungs- und Lebensstil des Johannes auffällig: „Er trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften, er lebte von Heuschrecken und wildem Honig“.

Nicht ganz so besonders wirkt die pastorale Tätigkeit des Johannes. Er tauft, verkündigt den Glauben und ruft zur Umkehr auf. Das macht ihn zu einem waschechten Seelsorger nach heutigem Verständnis. Nur der Kleidungsstil ist mit dem heutiger pastoraler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu vergleichen.

 

Johannes braucht wenig zur Verkündigung

 

Der Autor
Stephan Scholtyssek
Stephan Scholtyssek ist Pastoralreferent in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser in Münster | Foto: privat

Der kurze Text zu Beginn des Markus-Evangeliums beinhaltet einige Glaubensbotschaften: Von der Taufe als Basis christlichen Lebens über die Aufforderung zu Umkehr und Buße bis hin zu der anderen, vom Propheten Jesaja stammenden Aufforderung, dem Herrn den Weg zu bereiten.
Für den Advent ist maßgeblich, dass wir uns auf Weihnachten vorbereiten, dass Christinnen und Christen sich auf die Menschwerdung Gottes einstellen – innerlich wie äußerlich. Dementsprechend passt der Text ausgezeichnet. In dem Kleidungsstil steckt für mich ein Impuls, wie ich mich auf Weihnachten vorbereiten kann.

Der Kleidungsstil des Johannes ist auf das Notwendigste beschränkt. Johannes hält sich in der kargen Wüste auf und lebt einzig davon, was dort zu finden ist. Er braucht für seinen Auftrag nicht mehr als das. Er braucht keine teure Kleidung, kein prunkvolles Gotteshaus, keine Mitarbeitenden, die ihn unterstützen. Er braucht nichts weiter als das zum Glauben und Leben Notwendige, um zu verkündigen und so als Beispiel voranzugehen.

 

Bitte ohne „Last Christmas“

 

Durch Kleidung oder andere Äußerlichkeiten kann der Blick auf das Eigentliche verdeckt werden. Die Vorbereitung auf eines der fundamentalsten Feste des Christentums sollte nicht verdeckt sein – weder gesellschaftlich noch persönlich, also bitte ohne Ver-Kleidung. Ganz und gar sollten sich Menschen auf den Weg begeben.

Ich habe mir vorgenommen, den Advent genau dafür zu nutzen: Mein Inneres nicht verdecken und verstecken, sondern mich bereit machen für Weihnachten und die wundersame Menschwerdung meines Gottes. Ich will mich darauf einstellen, nicht mit Glühweinduft, Weihnachtssternen oder Liedern wie „Last Christmas“. Gott begibt sich auf den Weg mit den Menschen. Ich will diesen Weg vor-bereiten, mit meinen Gedanken, Fragen und Zweifeln, mit meinen Sorgen und Ängsten, mit meiner Freude und meiner Hoffnung.

All das betrifft meinen Lebensweg und ist damit auch von Gott berührt. Dabei sollte ich mich auf das Notwendige konzentrieren und alle Äußerlichkeiten abwerfen, um den Advent und das Weihnachtsfest nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden zu lassen. Machen Sie gerne mit!

Sämtliche Texte der Lesungen vom 2. Adventssonntag (Lesejahr B) finden Sie hier.

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