Pfarrer em. Josef Wichmann: Ohne Wunder geht kein Leben

Auslegung der Lesungen vom 2. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr C

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Das Leben kenn Hoch- und Tief-Zeiten. Doch immer wieder braucht es Wunder, um das Leben zu bereichern, wie die Wandlung von Wasser in Wein auf der Hochzeit von Kana, sagt Pfarrer em. Josef Wichmann und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

„Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich“, platzt es in der ersten Lesung geradezu aus dem Propheten Jesaja heraus. Eindrückliche, tiefsinnige Gedanken und Bilder über die Liebe zwischen Mann und Frau werden hier auf die von Liebe geprägte Verbindung zwischen Gott und dem Volk Israel angewandt.

Israel ist gerade heimgekehrt aus dem 40-jährigen Exil in Babylon. Eine depressive Stimmung lag über dem Volk, trotz aller Euphorie wieder in Jerusalem zu sein. Jesaja muntert sein Volk auf: Habt Vertrauen zum Gott eurer Väter. Er beschreibt das innige Verhältnis zwischen Gott und seinem Volk, es gleicht der Beziehung von Braut und Bräutigam.

Gott wirbt um Liebe

Die Lesungen vom 2. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) zum Hören finden Sie hier.

Das Volk war ihm jedoch untreu geworden. Es war mehr den Göttern Kanaans als seinem Gott gefolgt. Gott trägt das seinem Volk nicht nach. Er liebt sein Volk und kommt ihm voll Liebe werbend entgegen. Er will die Liebe zu ihm neu entfachen und Hoffnung auf Zukunft geben. „Sieh doch“, sagt der Prophet: „Ein helles Licht scheint auf über dir, Gerechtigkeit, Herrlichkeit und Heil werden aufleuchten.“ Gott will sein Volk aus dessen Dunkelheit zu seinem Licht führen. So hat er durch die Geschichte immer wieder gehandelt bis heute.

Eine Notlage ganz anderer Art wird uns im Evangelium geschildert. Bei einer Hochzeit – am dritten Tag – geht der Wein aus. Der dritte Tag ist für jüdische Gelehrte ein besonderer Tag, „am dritten Tag richtet er uns wieder auf, und wir leben vor seinem Angesicht“ (Hos 6,2). Der dritte Tag ist für uns Christen ein Hinweis auf Ostern. Der Wein ist Symbol der Freude, Festlichkeit, Seligkeit. Wenn der Wein ausgeht, ist das Fest gefährdet. Bei einer Hochzeit sind Braut und Bräutigam blamiert. Die Mutter Jesu erkennt diese Notlage. Aber für Jesus ist die Stunde noch nicht gekommen, sie wird abgewiesen. Die Stunde bestimmt sein Vater im Himmel.

Die Weinspende Jesu am dritten Tag ist ein Offenbarwerden der Herrlichkeit Gottes durch Jesus Christus in dieser Welt. Er spendet Leben durch die Gabe des (Heils-)Weins, der zum Zeichen wird für eine ganz andere Wirklichkeit, die in der Auferstehung aufscheint und uns an Ostern geschenkt wird.

Von Hoch- und Tief-Zeiten

Der Autor
Pfarrer em. Josef Wichmann

Josef Wichmann ist Pfarrer em. im
Anna-Katharinenstift Karthaus. | Foto: privat

Zwei Aspekte sind wichtig: Zum einen weisen die sechs großen Krüge hin auf sechs Schöpfungstage und auf die verschwenderische Fülle des Weins. Zum anderen fordert Jesus die Diener auf, „jetzt“ zu schöpfen. „Jetzt“, in diesem von Gott festgesetzten Augenblick, spendet Jesus den Wein, jetzt bricht die Heilszeit an, auch für uns, doch sie ist noch nicht vollendet. Das wird deutlich in unserem Leben. Es gibt in jedem Leben Hoch-Zeiten und Tief-Zeiten.

Jedem kann der Wein des Lebens ausgehen, gerade dann, wenn man es am wenigsten brauchen kann: der Wein der Freude, der Wein des Glücks, der Wein des Glaubens. So sehr kann der Wein des Lebens ausgehen, dass man glaubt, es geht nicht mehr. Wenn die Krüge des Lebens leer sind, „tut, was er euch sagt“: Füllt eure Leere, die leeren Krüge, ganz bis zum Rand, mit dem, was ihr habt: mit Tränen, mit Ängsten, mit Traurigkeit, mit Sorgen, mit Glaubenszweifel. Und glaubt an ein Wunder! Wer nicht an ein Wunder glaubt, ist kein Realist, ohne Wunder geht kein Leben, in einer Familie nicht und auch in einer Gemeinde nicht. Wir sind eingeladen, uns wie Gefäße vertrauend Jesus hinzuhalten, damit er uns mit seinem Leben und seiner Liebe füllen und wandeln kann.

Heimat in diesen Zeiten

Was seine Liebe aus uns machen kann, davon spricht Paulus unter anderem in seinem Ersten Brief an die Korinther: Wir erhalten Anteil an der Kraft des Heiligen Geistes zum Wohl für uns selbst und für unsere Mitmenschen. Wir erhalten die Gaben des Geistes als Ermutigung und Herausforderung, damit christliche Gemeinde auf vielfältige Weise lebt und ausstrahlt. So bietet Gott uns Heimat und Orientierung in den Stürmen der Zeit, sowohl in dieser Corona-Pandemie als auch im Alltag des Lebens.

Die Hochzeit zu Kana ist das erste Zeichen im Johannesevangelium. Gleich am Anfang wird deutlich: In Christus eröffnet Gott uns Zugang zur Fülle des Lebens und des Segens. Es spiegelt sich wider im „Liebesgeflüster“ der ersten Lesung. Indem Johannes die Güte des von Jesus geschenkten Weines betont, unterstreicht er: Gottes Liebesfülle, sein Liebeswerben übersteigt alles, was diese vergängliche Welt uns bieten kann. Er kann unsere Leere füllen und unser aller Leben bereichern.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 2. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) finden Sie hier.

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