Pater Daniel Hörnemann über Gott, der Wort hält, und sein Wort, das hält

Auslegung der Lesungen vom 2. Sonntag nach Weihnachten (Lesejahr A)

"Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott." So berühmt dieser Anfang des Johannes-Evangeliums ist, so schwer verständlich ist er. Pater Daniel Hörnemann bringt Licht ins Dunkel.

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"Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott." So berühmt dieser Anfang des Johannes-Evangeliums ist, so schwer verständlich ist er. Pater Daniel Hörnemann bringt Licht ins Dunkel.

Können Sie sich ein Leben ohne Worte vorstellen? Nach Erhebungen von Meinungsforschungsinstituten sprechen junge Ehepaare am Beginn ihrer Beziehung jeden Tag etwa 100 Minuten miteinander, wobei dafür zu einem Drittel moderne Kommunikationswege genutzt werden. Nach fünf Jahren sei das deutlich weniger geworden. Nach zehn Jahren noch weniger. Stünde am Ende dann ein Verstehen ohne Worte? Wohl kaum! Worte gehören unabdingbar zu unserem Leben, selbst zum Ordensleben, das ein besonderes Gewicht auf das Schweigen legt. Wir kommen gar nicht ohne Worte aus. Sie sind in unseren Gedanken, in uns und um uns, wir lesen sie, wir sehen und hören sie.

Unsere Ohren müssten längst übervoll von den vielen Wörtern sein. Denn überall sind sie zugegen, die ganze Welt ist davon erfüllt. Nachrichten, Geschwätz, Politik, Werbung, da fallen wichtige und überflüssige, aufrichtige und unwahrhaftige, gute und bösartige Worte.

So vielfältig unsere Begegnungen ausfallen, so vielfältig drücken wir mit unseren Worten unser Empfinden aus: Freud und Leid, Liebe und Hass, Anteilnahme und Ablehnung. Selbst wenn unser Mundwerk nicht ständig arbeitet, unser Körper spricht unablässig seine eigene Sprache.

 

Neujahrswunsch: Alles Gute!

 

Die Lesungen vom 2. Sonntag nach Weihnachten (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

Der ganze Mensch drückt seine Lebenslust und seine Lebensnot aus, die Höhen und Tiefen seines Lebens. Ob unsere Sprache von anderen immer verstanden wird, sei einmal dahingestellt. Was versuchen wir nicht alles zum Ausdruck zu bringen! Auch jetzt zum Jahreswechsel, was wünscht man sich nicht alles angesichts einer wenig erfreulichen Zukunft: Alles Gute! Viel Segen! Viel Glück! Vor allem: Hauptsache gesund bleiben! Denn Krankheit wird mehr und mehr unbezahlbar ...

Wir müssen unsere Existenz nicht wortlos fristen, wir brauchen nicht ausschließlich von flüssiger und fester Nahrung zu leben. Viel wichtiger ist das einander geschenkte Wort, die gepflegte Beziehung. Auch die Kirche ist voll von Worten, ein Wort folgt dem anderen. Persönliche und gemeinschaftliche, leise oder laute, schön oder schief gesungene; Gebete, Lesungen, dann auch noch Predigt! Kirche und Welt sind voll von Worten, ganze Bibliotheken haben sie gefüllt. Und doch lässt sich nicht alles ausdrücken, unsere Sprach- und Verständnisschwierigkeiten bleiben. Die Sprache gehört zum menschlichen Leben, auch wenn sie Quelle der Missverständnisse wie des Verständnisses ist.

 

Missverstanden und abgelehnt

 

Der AutorPater Daniel Hörnemann.
Pater Daniel Hörnemann OSB ist Mönch der Benediktinerabtei Gerleve bei Billerbeck und Theologischer Berater von "Kirche+Leben". | Foto: Markus Nolte

Wenn das bei unseren menschlichen, zwischenmenschlichen Worten schon so ist, ist es erst recht so mit dem Gotteswort im Menschenwort. Es wurde missverstanden und abgelehnt, aber es gab auch immer Menschen, die es in sich aufnahmen.

Vom Beginn der Schöpfung an hat Gott sein Wort an uns gerichtet, es ist Quelle und Ursprung allen Lebens. Nur durch sein Wort ist alles geworden, was es gibt. Von Anfang an hat er uns seine Liebe und Treue zugesprochen, ohne Wenn und Aber. Seine Zusage hat er nie zurückgenommen.

Das hat das Gottesvolk Israel ständig neu erfahren: Gott blieb bei seinem Wort, auch wenn die Israeliten wortbrüchig wurden und die Bundesbeziehung zerbrechen ließen. Gott hat immer neu um sie geworben und ihnen zugesprochen: Ich bin mit euch, ich schenke euch meine Nähe und Treue. Sein letztes Wort, hinter das er nie mehr zurückgehen wird, sprach er zur Weihnacht. Dieses Wort war nicht nur bei Gott, es war Gott selbst, damit Licht und Leben.

 

Gott wird anstößige Realität

 

Im Jesus-Kind nahm die göttliche Zuneigung zum Menschen menschliche Gestalt an. Hinter diesen Neuanfang geht er nie mehr zurück. In Jesus wurde Gottes Wort anfassbare, ja anstößige Realität. Die Heiligen Schriften geben Zeugnis davon, dass Gott kein schlau ausgedachtes Gedankengebilde oder bloß ein Hirngespinst ist, sondern Wirklichkeit. Sein Wort wirkt – wenn wir es einlassen. Immer stehen wir zwischen Ablehnung und Annahme, Nichterkennen und Erkennen.

Gott schenke uns den „Geist der Weisheit und Offenbarung“, damit wir ihn erkennen, er erleuchte die Augen unseres Herzens, damit wir verstehen, zu welcher Hoffnung wir durch ihn berufen sind (Eph 1,17f). Für das Jahr 2020 gebe er uns die Offenheit dafür und den Mut zur Umsetzung. Mit den Worten von Andreas Knapp: „Als Christ darf ich hoffen, dass derjenige, der das erste Wort hat, nämlich das Wort der Schöpfung, auch das letzte Wort haben wird. Im Anfang stand das Wort: Du sollst sein! Und: Es ist gut, dass du da bist. Und am Ende erhoffe ich ein letztes Wort, das unserem Leben einen letzten Sinn schenkt, eine Erfüllung, die bleibt“.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 2. Sonntag nach Weihnachten (Lesejahr A) finden Sie hier.

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