Kaplan Niklas Belting aus Oelde über eine unfriedliche Botschaft

Auslegung der Lesungen vom 20. Sonntag im Jahreskreis (C)

Jesus gilt als der Friedensbringer, der Friedensfürst. Doch im Evangelium vom 20. Sonntag im Jahreskreis kann man da schon mal ins Zweifeln kommen, findet Kaplan Niklas Belting aus Oelde in seiner Auslegung.

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Jesus gilt als der Friedensbringer, der Friedensfürst. Doch im Evangelium vom 20. Sonntag im Jahreskreis kann man da schon mal ins Zweifeln kommen, findet Kaplan Niklas Belting aus Oelde in seiner Auslegung.

Es gibt so Evangelien, da fällt es mir schwer, nach der Verkündigung zu sagen: „Frohe Botschaft unseres Herrn Jesus Christus“. An diesem Sonntag ist das auf jeden Fall so: „Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen?“ Wofür denn sonst? Ja, sicher! Dafür bist du, Jesus, doch bekannt. Nicht umsonst bist du der Messias, der Friedensfürst!

Aber: Nichts da! „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen!“ Und wegen Jesus werden sich alle zerstreiten, das geht bis in die Familie hinein, da stehen sich alle gegenüber und gegeneinander.

 

Das Evangelium gegen mich lesen

 

Die Lesungen vom 20. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) zum Hören finden Sie hier.

Erstaunlich, was Jesus da sagt. Immerhin ist die Familie zu seiner Zeit das höchste Gut. Ohne Familie, den engen Verband der Großfamilie, hätte damals nichts funktioniert. Auch heute ist das doch nicht anders!

Ich jedenfalls wollte und will meine Familie nicht aufgeben. Diskussionen über den Glauben werden deshalb eher selten geführt. Also: Was machen wir mit so einer Frohen Botschaft, die überhaupt keine Frohe Botschaft ist?! Ich habe für mich vor einigen Jahren einen Zugang gefunden: Man muss das Evangelium auch mal gegen sich lesen – so hat es Dietrich Bonhoeffer einmal geschrieben.

 

Gott ist nicht in unserer Hand

 

Einfach mal spüren, dass mir da ordentlich was quer geht in den Worten Jesu, und Jesus aus der Schublade des immer lieben und freundlichen Mannes rausholen. Zudem: Das auch aussprechen, ihm gegenüber, direkt im Gebet, und auch in der Öffentlichkeit.

Das Erste macht es mir leichter, Jesus als Gegenüber anzusehen und von ihm nicht zu klein zu denken. Denn ich kenne das von Menschen um mich herum: Wenn ich mich traue, denen zu sagen, dass ich sie nicht immer verstehe und ihre Meinung nicht unbedingt in allem teile, dann setzt das für mich schon Vertrauen voraus. Und das Zweite zeigt allen um mich herum, dass ich als Priester und als Mensch Gott, Jesus, nicht in der Hand habe, Ihn manchmal genau so wenig ver­stehe wie alle anderen.

 

Vieles ist im Umbruch

 

Dann kann ich vielleicht schon etwas besser mit diesen Bildern umgehen, die Jesus von den krassen Auseinandersetzungen in der Familie zeichnet: Gerade wenn ich auf unsere Kirche schaue: Da ist viel im Umbruch, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Es tun sich immer mehr Fronten auf, zwischen liberal und konservativ, zwischen Alt und Jung, zwischen Eltern und Kindern. Häufig wird es auch unsachlich und persönlich. Da steht einer gegen den anderen. Es gibt viel Spaltung. Wer hat recht? Diese Frage steht, glaube ich, hinter allem.

 Der Autor
Niklas Belting
Niklas Belting ist Kaplan in St. Johannes Oelde. | Foto: privat

Hier kann das Evangelium helfen: Wenn wir uns streiten, dann sollte es um Jesus gehen. Um ihn kann man sich streiten, und zwar in dem Wissen, dass man ihn niemals in der Hand hat, kein Einzelner und die Kirche schon mal gar nicht.

 

Wie wir wirklich anecken

 

Es geht um die Frohe Botschaft, die herausfordert und die will, dass wir Position beziehen. Gegen die Ausbeutung von Menschen, gegen die Ursachen der Flucht, gegen die Armut in unserer Gesellschaft, gegen die ständige Meinung, man muss was leisten, um was oder wer zu sein.

Ich glaube, wenn wir das mehr in den Mittelpunkt stellen, ecken wir wirklich an. Viel mehr als mit der Verkündigung einer Moral, die die Menschen nicht mehr interessiert. Vielleicht kann also dieses Evangelium doch Frohe Botschaft sein. Weil es Jesus und seine Leidenschaft in die Mitte stellt. Weil es uns zur Leidenschaft für ihn und für die Menschen herausfordert. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen einen schönen Sonntag, an dem Sie sich herausfordern lassen von dem Jesus, den wir nicht in der Hand haben.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 20. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) finden Sie hier.