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„Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter.“ Unerträglich, diese Lesung! Diese Erfahrung machten auch die Jünger damals mit Jesus. Und wie geht man damit um? Antworten von Gabriele Lachner aus Vechta in ihrer Auslegung der Sonntags-Texte.
Wie ein roter Faden ziehen sich durch die biblischen Texte dieses Sonntags die Worte „Herr“, „dienen“ und „sich unterordnen“. Worte, die vielen von uns fern der eigenen Lebenswelt und Lebenseinstellung erscheinen.
In der alttestamentlichen Lesung fordert Josua das Volk auf: „Wenn es euch nicht gefällt, dem Herrn zu dienen, dann entscheidet euch heute, wem ihr dienen wollt.“ Das Volk antwortet zunächst: „Das sei uns fern, dass wir den Herr verlassen.“
Sich von Gott nicht abzuwenden, das ist aber noch lange keine Entscheidung für Gott; das ist vielleicht Bequemlichkeit oder ein Es-kann-ja-nicht-schaden. Erst mit der Erinnerung, was Gott schon alles für sein Volk getan hat, kommt das klare Bekenntnis: „Auch wir wollen dem Herrn dienen; denn er ist unser Gott.“ Das Volk Israel hat nicht vergessen, dass Gott es aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat. Das Volk hat nicht vergessen, dass Gott, der Herr, es auf dem langen, mühsamen Weg zu seinem Ziel beschützt hat.
Gott dienen – was heißt das?
Das Evangelium vom 20. Sonntags im Jahreskreis (B) zum Hören und Sehen auf unserem Youtube-Kanal.
Aus dieser Erinnerung kommen Dankbarkeit, Treue und die Bereitschaft, dem Herrn zu dienen. Vielleicht müssen auch wir manchmal innehalten und uns erinnern, dass Gott uns aus schwierigen Situationen herausgeführt und auf unserem Lebensweg beschützt hat.
Gott dienen – was heißt das heute für uns, für mich? Gott dienen – ist das Teil meines Glaubenslebens? Oder ist Gott mehr zu dem geworden, von dem wir erwarten, dass er unsere Wünsche bedient, damit wir ein glückliches Leben haben?
Im Epheserbrief sind die Worte „Herr“ und „dienen“ anders zugeordnet: „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn (Christus); denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist.“ Solche Worte sind heute in unserer Gesellschaft nicht mehr vermittelbar. Sie lösen Widerstand aus. In der frühen Christenheit aber entsprach das den gesellschaftlichen Vorstellungen. Und bis vor wenigen Jahrzehnten war dies auch bei uns gesellschaftlich und kirchlich gängige Sicht.
Erwartungen ans Haupt
Der Epheserbrief bleibt aber nicht bei der Aufforderung zu solch patriarchalem Geschlechterverhältnis stehen. Er leitet den ganzen Pflichtenkatalog ein mit: „Einer ordne sich dem anderen unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus!“ Unser Text spricht klare Erwartungen an den aus, der das Haupt ist! Wer oben steht, soll den seiner Herrschaft anvertrauten Menschen lieben, pflegen, nähren. Er soll dies so sehr, dass er auch bereit ist, sich für diesen Menschen hinzugeben. Herrschaft hat hier nichts mit Macht, Unterdrückung und Willkür zu tun. Wie anders wäre unsere Welt, wenn sich die Staatsoberhäupter das zum Programm machen würden!
Die Autorin
Gabriele Lachner ist Bischöfliche Beauftragte für ökumenische Fragen und Schulseelsorgerin in Vechta. | Foto: privat
Allerdings ist es zu kurz gegriffen, aus dem Lesungstext nur eine Gesellschaftsordnung ableiten zu wollen. Es sind tief religiöse Worte. Sie stellen die Liebe Christi zu seiner Kirche in engsten Zusammenhang mit der ehelichen Liebe. Die göttliche Liebe wird zum Vorbild für die eheliche Liebe. In der christlichen Ehe soll Christi Liebe zu seiner Kirche erlebbar werden. In der christlichen Ehe wird diese göttliche Liebe gegenwärtig. Wie? Das ist ein „tiefes Geheimnis“, es geht um die Intimität zwischen Christus und der Kirche wie im gelebten Ehesakrament.
Wer ist Herr meines Lebens?
Auch im Evangelium steckt das Thema „Wer ist Herr meines Lebens?“, wenngleich etwas versteckter. Viele der Jünger sind irritiert und frustriert von Jesus. Sie nehmen Anstoß daran, was Jesus ihnen in seiner Brot-Rede zumutet, wenn er zum Beispiel sagt: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch“ (Joh 6,53).
Viele seiner Jünger verlassen Jesus deshalb. Auf Jesu Frage an die Zwölf, ob auch sie gehen wollen, antwortet Petrus: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“
Gott ist kein Erfüllungsgehilfe
Zu meinem Glauben stehen, glauben und vertrauen, dass Gott der Herr meines Lebens ist, unser Gott, der in einem Vater, Sohn und Heiliger Geist ist. Weil er Herr meines Lebens ist, schaue ich auf zu ihm, vertraue ihm, auch wenn ich manches nicht begreife. Gott, dem Herrn meines Lebens, überlasse ich die Regie in meinem Leben. Zu oft sehen wir Menschen in Gott einfach den Erfüllungsgehilfen unserer Wünsche und Pläne.
Gott sei der Herr meines Lebens. Ihm die Ehre geben, ihm dienen, das geschieht, indem ich dieses Stückchen Welt, wo ich wirke, wo ich vielleicht sogar das Sagen habe, in Gottes Sinn gestalte: in einer Liebe zu den mir anvertrauten Menschen, die etwas von Jesu Selbsthingabe erahnen lässt.
Sämtliche Texte der Lesungen vom 21. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) finden Sie hier.