Pater Daniel Hörnemann über den lachenden Jesus und fliegende Bäume

Auslegung der Lesungen vom 27. Sonntag im Jahreskreis (C)

Jesus muss einen hintergründigen, spitzfindigen Humor besessen haben, meint Pater Daniel Hörnemann in seiner Auslegung zu den Lesungen vom Sonntag. Wie kommt er denn darauf?

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Jesus muss einen hintergründigen, spitzfindigen Humor besessen haben, meint Pater Daniel Hörnemann in seiner Auslegung zu den Lesungen vom Sonntag. Wie kommt er denn darauf?

Hatte Jesus eigentlich Humor? Zwar sagt uns das Lied „Stille Nacht“ bereits vom Kind in der Krippe: „o wie lacht Lieb aus deinem göttlichen Mund“. Die Bibel erzählt leider nichts von einem lachenden Jesus. Vielleicht war das so selbstverständlich, dass sie es nicht eigens erwähnen musste. Wenn sie nichts davon erzählt, lautet die Schlussfolgerung jedoch nicht zwangsläufig, er habe überhaupt keinen Humor besessen.

Der Schweizer Dichterpfarrer Kurt Marti ist überzeugt, „dass Jesus, der so oft mit allen möglichen und unmöglichen Leuten zusammen getafelt und ihnen viele Liter Wein spendiert hat und von Zuschauern deswegen als Schlemmer und Zecher, als Kumpan der Zöllner und Sünder gescholten worden ist“, herzlich gelacht und etwa bei der Hochzeit von Kana nicht griesgrämig irgendwo in einer Ecke gesessen habe.

 

Jesus muss einen hintergründigen, spitzfindigen Humor besessen haben

 

„Und wo ist dies Lachen Gottes, das Lachen Jesu hingekommen?“ fragt Marti weiter. Seine Antwort lautet: „Es lebt dort, wo Menschen im gemeinsamen Kampf, im gemeinsamen Leiden miteinander solidarisch geworden sind. Erstorben ist es in der Kirche überall da, wo eine Zuschauerposition abseits bezogen worden ist. Hier entsteht keine Solidarität, darum auch kein Lachen mehr.“

Humor ist die Begabung eines Menschen, der Unzulänglichkeit der Welt und der Menschen, den alltäglichen Schwierigkeiten und Missgeschicken mit heiterer Gelassenheit zu begegnen. Jesus muss einen hintergründigen, spitzfindigen Humor besessen haben. Das erkennt man an einigen seiner ausgesprochen grotesken Gleichnisse und Bildworte.

 

„Wäre euer Glaube auch nur so groß wie ein winziges Senfkorn...“

 

Die Lesungen vom 27. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) zum Hören finden Sie hier.

Die Evangelien sind nicht „lustig“ im oberflächlichen Sinn, sie zeigen aber, dass Jesus Humor besaß. So auch an der Stelle, als die Jünger ihn bitten: „Stärke, vergrößere unseren Glauben!“ Darauf antwortet er mit einem Blick in die Pflanzenwelt: „Wäre euer Glaube auch nur so groß wie ein winziges Senfkorn, ihr könntet einem Riesenmaulbeerbaum befehlen ‚Reiß dich aus der Erde und verpflanze dich ins Meer!‘ und es würde sofort passieren“.

Ein fliegender Baum? Radikal entwurzelt und transplantiert, zudem auch noch ins Meer, das ist Stoff für ein absurdes Märchen. Wer so etwas sagt, besitzt jede Menge Phantasie und Humor. Jedenfalls meint er es garantiert nicht wörtlich, sondern fordert seine Zuhörer damit heraus. Manche werden irritiert den Kopf geschüttelt haben. Die die Botschaft verstanden, sie werden geschmunzelt oder gelacht haben.

 

Die Pointe von Jesus

 

Der Autor
Pater Daniel Hörnemann OSB ist Subprior der Benediktinerabtei Gerleve bei Billerbeck und Theologischer Berater von "Kirche+Leben".Pater Daniel Hörnemann OSB ist Subprior der Benediktinerabtei Gerleve bei Billerbeck und Theologischer Berater von "Kirche+Leben". | Foto: Markus Nolte

Es scheint eine harte und seltsame Rede Jesu: Die Apostel bitten ihn darum, sie im Gottvertrauen zu bestärken. Und sie werden zurückgewiesen mit dem Hinweis, bereits ein winziger Glaube genüge, um Erstaunliches zu bewirken. Jesu Pointe führt ihr Denken vom Glauben als menschlicher Leistung ad absurdum, indem er ein Geschehen beschreibt, die Baumverpflanzung, was – wenn überhaupt – nur der Schöpfergott selber veranlassen könnte. Bei seinen engsten Freunden konnte er Glauben voraussetzen, sonst wären sie ihm doch nicht gefolgt. Einen festen, starken, unerschütterlichen Glauben, der durch alle Krisen und Katastrophen des Lebens hindurch trägt, wer möchte den nicht?

Niemand hat die Glaubenssicherheit ein für allemal gepachtet. Dabei geht es nicht um unser eigenes Vermögen und Leisten, um uns und unsere Stärke, sondern um Gott, der einzig und allein unser Vertrauen und unsere Liebe möchte. Die allzu menschlichen Maßstäbe von größer, mehr, besser fallen aus seinem Schema heraus.

 

Es kommt nicht auf die Größe meines Glaubens an

 

Jesus will einen anderen Blick eröffnen: Wir brauchen keinen großen Glauben, sondern den Glauben an den einen großen Gott! Es kommt nicht auf die Kleinheit oder Größe meines Glaubens an, sondern auf mein Gottvertrauen überhaupt. Und das kann sich auch vom winzigen Körnchen noch zu einem mächtigen Baum entwickeln. Ein noch so winziger Glaube ist imstande, das scheinbar Unverrückbare zu bewegen, etwas unglaubliches Großes zu bewirken.

Allen Schwierigkeiten können wir die Kraft unseres Glaubens entgegensetzen, sei er noch so klein und schwach. Gott fordert durch den Propheten Habakuk in der ersten Lesung die Menschen dazu auf, ihr Vertrauen und ihre Treue im Glauben auf ihn zu setzen, mit ihrem Versuch des Treubleibens der unverbrüchlichen Treue Gottes zu entsprechen. Angst mag das Vertrauen verdrängen wollen. Das Glaubensfeuer mag herunterbrennen, an Energie verlieren, sogar dem Verlöschen nahe sein. Wir bekommen aber laut Paulus in der zweiten Lesung die Möglichkeit, die Gnade wieder zu entfachen, da Gott uns nicht einen Geist der Verzagtheit, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit schenkt. Es bleibt ein stets aktuelles Gebet: „Herr, stärke unseren Glauben!“

Sämtliche Texte der Lesungen vom 27. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) finden Sie hier.