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Welche Folgen kann die Heilung durch Jesus Christus selbst auf den Geheilten haben? Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten, sagt Dompfarrer Gerhard Theben und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.
Von Bartimäus, dem blinden Bettler, ist heute im Evangelium die Rede. Mit seinem besonders geschärften Gehör nimmt er wahr: Jesus, von dem alle Welt redet, ist in seiner Nähe. „Wenn es stimmt, dass er so viele Menschen heilt – dann vielleicht auch mich?“ Bartimäus ruft nicht, er schreit hinter Jesus her: „Sohn Davids, Jesus, erbarme dich meiner!“ Die Szene wird mit wenigen Strichen gezeichnet; ein knapper Dialog: „Was soll ich dir tun?“ – „Rabbuni, dass ich wieder sehen kann!“
Es ist eine Szene im Vorübergehen, wie nicht selten bei Markus. Es konzentriert sich alles auf die umstürzenden Begegnungen mit Jesus, buchstäblich dem „Heiland“.
Ein neuer Alltag beginnt
Die Lesungen vom 30. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr B zum Hören finden Sie hier.
Bartimäus erfährt Heilung, die Augen werden ihm geöffnet. Und nun? Für den jetzt Sehenden beginnt ein völlig neuer Alltag, er muss die Enge seiner Bettelwelt verlassen, eine Arbeit aufnehmen. Und irgendwann endet auch für ihn die Phase, dass seine Umwelt ihm gratuliert, ihn bestaunt und er „interessant“ ist.
Die Mühsal des Alltags wird ihn einholen. Ob er sich dann schnell an die wunderbare Möglichkeit des Sehens gewöhnen wird, sie bald als alltäglich empfinden wird und als selbstverständlich? Oder entdeckt er, dass die frühere Bettlerexistenz und die Sehbehinderung bei aller Demütigung und Abhängigkeit auch ihre Bequemlichkeit hatte? So wie jene Erzählung, die Bartimäus gewiss kannte: wie das Volk Israel sich zu den „Fleischtöpfen Ägyptens“ zurücksehnte, weil die 40 Jahre Wüstenwanderung zermürbend war mit so manchen Entbehrungen und Gefahren?
In die Schule des Rabbi Jesus