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Klingelbeutel gab es schon zu Jesu Zeiten, sagt Pfarrer Jan Kröger in seiner Auslegung der Lesungen dieses Sonntags. Damals wie heute wurde die Kollekte auch für die Gotteshäuser genutzt. Das Opfer einer Witwe hat für Jesus im Evangelium eine besondere Bedeutung.
Klingelbeutel gab es schon zu Jesu Zeiten in den Tempeln, sagt Pfarrer Jan Kröger in seiner Auslegung der Lesungen dieses Sonntags. Damals wie heute wurden die gesammelten Gelder auch für den Erhalt der Gotteshäuser genutzt. Das Opfer einer Witwe hat für Jesus im Evangelium eine besondere Bedeutung.
In der Kirche geht immer der Klingelbeutel herum. Jede Gelegenheit nehmen „sie“ wahr, um an das Geld der Leute zu kommen. So ist oft der Eindruck von Außenstehenden, wenn sie an einem katholischen Gottesdienst teilnehmen. In der Regel wird eben das Einsammeln von Geld im Gottesdienst nicht als sonderlich positiv angesehen.
Ganz anders habe ich es noch während meiner Kaplanszeit im Oldenburger Münsterland erlebt: Eine Messe, in der keine Kollekte gehalten wurde, war für das Empfinden der meisten Gottesdienstbesucher keine richtige Messe.
Transparente Finanzen fängt bei Sonntagskollekte an
Das Evangelium vom 32. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) zum Sehen und Hören auf unserem Youtube-Kanal.
In unserer Pfarrei im Norden der Stadt Oldenburg, also mitten in der Diaspora, sind wir seit einiger Zeit dazu übergegangen, den Besuchern im Gottesdienst genau anzukündigen, für welchen Zweck die Kollekte an diesem Sonntag gehalten wird. Zudem ist immer in den Pfarrnachrichten nachzulesen, wieviel Geld bei der letzten Kollekte zusammengekommen ist. Eine gute Praxis, die sich mittlerweile in vielen Pfarreien eingespielt hat. Gerade in Fragen des Geldes kann es in der Kirche nicht genug Transparenz geben. Und die fängt spätestens bei der Sonntagskollekte an.
Interessant waren nach meiner Wahrnehmung die Reaktionen aus der Gemeinde, als wir mit dieser Praxis begonnen haben. Deutlich zu sehen sind die Unterschiede bei der Höhe der Kollektenbeträge. Kollekten für soziale Zwecke und solche, die in der Pfarrei verbleiben, erzielen merklich höhere Beträge als etwa die für den Dom in Münster.
Kollekte gab es schon zu Jesu Zeiten
In der Bewertung der Höhe der Kollektenbeiträge sind sich unsere Gemeindemitglieder indes nicht einig: Die einen staunen über die großen Summen, die dort Sonntag für Sonntag im Klingelbeutel landen. Die anderen wiederum rechnen dem Pfarrer kleinlich vor, dass bei unserem durchschnittlichen Gottesdienstbesuch ja nicht einmal jeder im Schnitt fünf Euro in die Kollekte gegeben hat.
Mit Blick auf das heutige Evangelium können wir feststellen, dass dies alles schon zur Zeit Jesu ein wichtiges Thema war. Auch im Jerusalemer Tempel wurde gesammelt: Es gab wohl mehrere Opferkästen, in die die Besucher ihr Geld einwerfen konnten. Ähnlich wie auch heute ein Teil unserer Kollekten dienten diese Opferkästen zur Finanzierung des Tempeldienstes. Man kaufte davon Holz und Weihrauch oder finanzierte damit die Instandhaltung der Goldgefäße. Dem Pfarrer, der auch heute zusehen muss, dass er die Strom- und Gasrechnung für das Kirchengebäude bezahlen kann, kommt das alles recht bekannt vor.
Das Opfer der Witwe
Eine Witwe, so lesen wir im Evangelium, wirft ebenfalls Geld in einen dieser Opferkästen. Witwen waren damals an ihrer Kleidung zu erkennen. Eine Witwe zu sein bedeutete, den wirtschaftlichen und sozialen Rückhalt verloren zu haben. Durch den Tod ihrer Männer hatten diese Frauen kein Einkommen mehr.
Jesus beobachtet, wie verschiedene Leute ihre Gaben in den Opferkasten werfen. Darunter ist auch diese Witwe, die zwei kleine Münzen in den Kasten hineinwirft. Die Reichen scheinen auf den ersten Blick mehr geopfert zu haben, weil sie höhere Beträge in den Opferkasten gaben.
Jesus geht es nicht ums Geld
Jesus verweist jedoch auf die unterschiedlichen Verhältnisse der Geber und stellt fest: „Diese arme Witwe hat mehr gegeben als alle anderen. Sie hat alles gegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.“
Ausdrücklich bewertet Jesus weder das Verhalten der Witwe noch das der reicheren anderen Spender. Denn es geht ihm hier letztlich nicht ums Geld, das damals wie heute leider eben sehr unterschiedlich verteilt ist. Es geht um unsere grundsätzliche Bereitschaft als Christinnen und Christen etwas Existenzielles miteinander zu teilen. Er fordert auch uns auf, dass wir das, was wir geben, von ganzem Herzen schenken, ja eben einen Teil von uns selbst geben.
Gottvertrauen macht frei
Die Witwe im Evangelium kann so großzügig von sich selbst verschenken, weil ganz tief in ihr ein großes Vertrauen in Gott steckt, dass Gott für sie sorgen wird, was auch immer geschieht. Ein solches Vertrauen, ein solcher Glaube macht frei.
Die Reichen geben viel Geld. Aber sie spenden nur etwas von dem, was sie sowieso übrig haben. Die arme Witwe opfert alles, was sie hat. – Schauen wir auf Jesus: Genauso wird er wenig später alles geben, wenn er am Kreuz stirbt. In diesem Moment wird er seine Macht aufgegeben und sein Recht opfern – er wird sich selbst vollkommen geben. Durch diese völlige Hingabe hat er uns Menschen eine liebevolle Vater-Kind-Beziehung zu Gott ermöglicht. Weil wir ihm – jede und jeder Einzelne – so viel wert sind.
Sämtliche Texte der Lesungen vom 32. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) finden Sie hier.