Lars Rother über einen Freund, der mit uns weint

Auslegung der Lesungen vom 5. Fastensonntag / Lesejahr A

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Trauer und Schmerz gehören dazu, wenn jemand stirbt. Auch Jesus weint um Lazarus, nachdem er gestorben war. Doch der Glaube kann helfen, den Schmerz zu ertragen, sagt Kaplan Lars Rother und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

In den Schrifttexten hören wir gleich siebenmal das Wort „Grab“ beziehungsweise „Gräber“ – ungewöhnlich häufig für einen Sonntag, an dem wir Christen allwöchentlich des Todes, aber vor allem der Auferstehung Jesu gedenken und sie in der Heiligen Messe als Geheimnis unseres Glaubens feiern. Ebenso häufig aber finden wir das Wort „Geist“, gemeint ist Gottes Geist.

Trauer und Schmerz, das Gefühl, alleingelassen worden zu sein, die große Frage des Warum, Gedanken der Verzweiflung und der Selbstvorwürfe. Diese Gefühle und Regungen, die uns einholen, wenn ein geliebter Mensch aus unserem Leben gerissen wird, finden wir auch im Evangelium.

Marta und Maria trauern um Lazarus

Die Lesungen vom 5. Fastensonntag (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

Marta und Maria, zwei Vertraute Jesu, trauern um ihren verstorbenen Bruder Lazarus. Viele Menschen waren gekommen, um Maria und Marta wegen des Todes ihres Bruders zu trösten. Das erinnert an die Beerdigungen, wie auch wir sie hierzulande begehen: Verwandte, Freunde und Weggefährten, Vereins- und Arbeitskollegen kommen zum Ausdruck der Verbundenheit mit dem Verstorbenen wie auch den Hinterbliebenen. In unseren Kirchen kann man wortwörtlich sehen, dass sie kommen, um den trauernden Angehörigen den Rücken zu stärken, für sie da zu sein. Auch Jesus zeigt dieses sehr mitmenschliche Verhalten, nämlich für seine Freunde in ihrer Trauer da zu sein und mit ihnen zu weinen.

Lazarus liegt bereits vier Tage im Grab, als Jesus das Dorf Betanien erreicht. Maria und Marta sind im wahrsten Sinne des Wortes „todtraurig“, Tränen fließen, die Herzen und der freie Platz im Leben dieser beiden Schwestern füllen sich mit Trauer und Schmerz. Für die beiden Schwestern ist klar: „Wärst du hier gewesen, Herr, dann wäre mein Bruder nicht gestorben.“ Sie drücken Verzweiflung, vielleicht auch Vorwürfe sich selbst gegenüber aus. „Das kann und darf doch nicht sein“ oder „Wir hätten noch dies oder das tun können“, mögen die beiden sich gesagt haben.

In die Knie gezwungen

Der Autor:
Lars Rother ist Kaplan in der Pfarrrei St. Lambertus, Ochtrup.
Lars Rother ist Kaplan in der Pfarrei St. Lambertus, Ochtrup.

Es gibt nur wenig im Leben, das so gewiss ist wie der Tod: Der Tod gehört zum Leben wie die Luft zum Atmen. Dennoch zwingt der Tod die Hinterbliebenen in aller Gnaden- und Erbarmungslosigkeit in die Knie. Die Endgültigkeit des Todes lässt uns Menschen unsere Ohnmacht spüren. Unsere Pläne und unser Wollen – alles ist dahin, wenn der Tod in seiner Unabänderlichkeit uns oder unsere Liebsten einholt.

Und Jesus kommt auch nach dem Evangelium zuallererst als Freund zu Maria und Marta. Seine Jünger raten ihm aus Sicherheitsgründen sogar ab, zurück in die Nähe von Jerusalem nach Betanien zu gehen. Aber seine Freundschaft zu den drei Geschwis­tern lässt ihn nicht kalt und er weiß, dass Lazarus bereits verstorben ist.

„Ich bin die Auferstehung und das Leben“

Als Marta und Maria ihn einladen, zum Grab zu kommen, beginnt Jesus selbst zu weinen. Es zeigt eine zutiefst menschliche Seite an Jesus, was die Juden im Evangelium auch ins Wort bringen: „Seht, wie lieb er ihn hatte“. Als ebendiese Juden dann aber nahezu spöttisch über ihn und seine Vollmacht redeten, statuiert er ein Exempel, damit sie glauben, was er von sich selbst sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt“. Es erfüllt sich die Prophetie des Ezechiel, die Menschen sollen erkennen, dass er der Herr ist, wenn er die Gräber öffnet und sein Volk aus den Gräbern herausholt.

Es geht um den Geist Jesu, der in uns ist, den er einem jeden Christen schenkt. Es ist der Geist, der uns nicht nur zu Lebzeiten lebendig macht und hält, sondern auch der Geist, der Tote aufzuerwecken vermag, der lebendig macht und echte Gnade ist. Marta fasst diesen Glauben in dem kurzen Bekenntnis zusammen: „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist.“

Wie gut der Glaube tut

Wenn es die Angehörigen wünschen und es mir terminlich möglich ist, gehe ich gerne nach Beerdigungen mit zum Trauercafé. Eine, wie ich finde, fantastische Institution hierzulande. Ich spüre dabei, wie gut den Menschen unser Glaube tut, dass der Tod nicht das letzte Wort über unser Leben spricht.

Dabei spüre ich etwas vom Geist Jesu, der sie in ihrer Trauer zu tragen vermag. Er wischt die Trauer nicht einfach weg, aber er regt an, er ermutigt, er lässt die Menschen Kraft schöpfen, aus der frohen Botschaft der Auferstehung weiterzuleben und aus dieser Hoffnung heraus sagen zu können: „Jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“

Sämtliche Texte der Lesungen vom 5. Fastensonntag (Lesejahr A) finden Sie hier.

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