Johanna Eickholt aus Stadtlohn über eine Frage von Leben und Tod

Auslegung der Lesungen vom 5. Fastensonntag (Lesejahr A)

Wie schon am vergangenen Sonntag geht es auch im heutigen Evangelium um das Gespräch Jesu mit einer Frau über die Fragen von Leben und Tod. Was sagen Jesu Antworten heute? Antworten von Johanna Eickholt aus Stadtlohn.

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Wie schon am vergangenen Sonntag geht es auch im heutigen Evangelium um das Gespräch Jesu mit einer Frau über die Fragen von Leben und Tod. Was sagen Jesu Antworten heute? Antworten von Johanna Eickholt aus Stadtlohn.

Das Grab ist schrecklich und schön zugleich. Seit einigen Monaten bin ich im Begräbnisdienst tätig, und immer wieder spielt das Evangelium dieses Sonntags eine Rolle, entweder mit einem Auszug daraus als Schriftlesung oder auch in einer Bitte an Jesus Christus, der am Grab seines Freundes Lazarus geweint hat, trauernde Angehörige zu trösten.

In diesen Monaten habe ich erfahren, dass das Grab schrecklich und schön zugleich ist. Schrecklich, weil es grausam ist, einen Menschen, den man liebt, verabschieden zu müssen. Schön, weil das Grab uns neben aller Trauer auch ausrichtet: Wer sind die Menschen, die mir wichtig sind? Was macht ein Leben gut und sinnvoll?

 

Hollywood-Evangelium

 

Die Lesungen vom 5. Fastensonntag (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

In seiner Gesamtheit hat das Evangelium alles, was man für ein großes Hollywood-Epos braucht: einen Auslöser, einen Skandal: Lazarus ist tot. Seine Schwestern, die unterschiedlicher fast nicht sein können und in ihren Begegnungen mit Jesus Hoffnung und Zweifel ausstrahlen. Der Held, der auch eine menschliche Seite hat und niedergeschmettert weint. Dann der lange hinausgezögerte, aber großartig inszenierte Showdown, die Erweckung des Lazarus, der in Leichentuch gewickelt aus seinem Grab herauskommt.

Zentraler Punkt dieser brillanten Erzählung ist letzten Endes eine Frage: „Glaubst du das?“ Jesus sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Glaubst du das? Marta kann diese Frage ganz klar beantworten. Sie gibt ein Glaubenszeugnis: „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“ In diesem kurzen Glaubenszeugnis sind alle christologischen Hoheitstitel benannt, es stellt eine Quintessenz unseres Glaubens dar: Jesus ist Herr, Messias und Sohn Gottes. Alle anderen Menschen, die in dem Evangelium als Akteure benannt werden, die Jünger, Martas Schwester Maria, die Juden, die aus Jerusalem herübergekommen sind, um Marta und Maria zu trösten – alle diese Akteure brauchen das mächtige Wunder, die Auferweckung des toten Lazarus, um zum Glauben an Jesus zu kommen.

 

Eine Frage auf Leben und Tod

 

Warum kann Marta das so sagen? Woher kommt dieses große Vertrauen? Was ist die Quelle ihrer Zuversicht? Der Grund für dieses Vertrauen ist die Beziehung, die Jesus zu den Geschwistern hatte. Jesus war nicht irgendein flüchtiger Bekannter, er war ihr Freund. Jesus liebte Marta, ihre Schwester und Lazarus. Dank dieser persönlichen Beziehungsebene konnte Marta Vertrauen in Jesus fassen und auch ohne Beweise auf die Auferstehung hoffen.

Es ist eine Frage auf Leben und Tod. Der Gegensatz zwischen tot und lebendig. Das Grab ist radikal, weil es genau diesen Gegensatz darstellt. Durch die beiden Lesungen wird diese Frage zugespitzt. Der Prophet Ezechiel spricht zu den Menschen in baby­lonischer Gefangenschaft, die allen Lebenswillen verloren haben, die keinen Sinn mehr sehen und keine Hoffnung mehr haben.

 

Es ist möglich, lebendig tot zu sein

 

Johanna Eickholt.
Johanna Eickholt ist Pastoralreferentin in St. Otger, Stadtlohn. | Foto: privat

Diesen Menschen gibt er die Zusage, dass der Herr sein Volk aus den Gräbern heraufholen wird. Dass es einen Ausweg aus einer Situation gibt, die augenscheinlich wie eine Sackgasse aussieht. Der Grund wird zweimal benannt: Damit Ihr erkennt, dass ich der Herr bin. Das, was lebendig macht, ist Geist. Dieser Gedanke ist parallel auch in der zweiten Lesung zu finden. Jesus Christus macht lebendig, und zwar durch seinen Geist. Paulus geht noch einen Schritt weiter. Es ist möglich, lebendig tot zu sein. Es ist möglich, so in sich selbst, in seine eigenen Bedürfnisse, Wünsche, in seine eigene Egozentrik, in „Fleisch“ verstrickt zu sein, dass man ein totes Leben führt. Dagegen macht ein Leben für andere lebendig, man wird innerlich erneuert, der Geist wohnt in einem.

Jesus stellt die Frage: „Glaubst du das?“ Letztlich richtet er diese Frage nicht nur an Marta, sondern an jeden Leser und Hörer dieser Worte. Vielleicht erinnert unsere Kirche gerade in vielem an das Totenfeld, das in Ezechiel heraufbeschworen wird. Das hat auch mit dem massiven Vertrauensverlust zu tun. Marta vertraut auf die Auferstehung, sie kann auf die Aufer­stehung vertrauen, weil sie Jesus vertraut, weil Jesus ein Freund für sie war, weil Jesus ein Beziehungsmensch war. Aufrichtig und ehrlich, nieder­geschmettert steht er am Grab seines Freundes und weint

Für die Zukunft, auch die Zukunft der Kirche, wird entscheidend sein, in welchem Maße wir für die Menschen vertrauenswürdige Boten der Auferstehung sein werden.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 5. Fastensonntag (Lesejahr A) finden Sie hier.

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