Pater Daniel Hörnemann: Bringt Geschmack ans Leben!

Auslegung der Lesungen vom 5. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr A

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Jesus Christus ist auch anspruchsvoll und formuliert Forderungen an Christen, selten so deutlich wie in diesem Evangelium, sagt Pater Daniel Hörnemann und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

Was für ein Unsinn wird da auf den ersten Blick im Evangelium zur Sprache gebracht! Salz soll seinen Geschmack verlieren können? Es gehört doch zu den wenigen Lebensmitteln, wie beispielsweise Zucker, Essig, Wein oder Schnaps, die als praktisch nicht verderblich gelten und kein Mindesthaltbarkeitsdatum tragen müssen. Salz kann Millionen Jahre alt sein und ist in seiner reinen Form tatsächlich unbegrenzt haltbar.

Das Rätselwort Jesu geht über die physikalische Unmöglichkeit hinaus, dass Salz je „salzlos“ wird. Er muss etwas anderes gemeint haben. Seine Rätselfrage nach dem salzlosen Salz zielt in Richtung auf den Verlust der Gotteszugehörigkeit.

Unmögliches wird möglich

Was im Raum der Natur unmöglich ist, das macht der Mensch möglich: Er kann Jesu Gabe und Berufung verlieren. Im Judentum wurde bereits die Warnung vor dem Geschmackloswerden als Warnung vor dem Verlust der Gotteszugehörigkeit verstanden. Eigentlich ist das ein Ding der Unmöglichkeit, aber der Mensch schafft es, seine Bindung aufs Spiel zu setzen und zu verlieren.

Jesus hat kaum zufällig zwei Elemente der Natur ausgewählt, um uns unsere Aufgabe in der Welt aufzuzeigen. Salz und Licht sind für das Leben unverzichtbar und von Nutzen – nicht für sich selbst, sondern in ihrer Wirkung für andere.

Also strengt euch an

Die Lesungen vom 5. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

„Ihr seid Salz, Licht, Stadt“, damit spricht Jesus uns zu: Von euch geht etwas Besonderes aus. An euch kann man absehen, wie das ist, wenn Gott bei den Menschen wohnt. Statt der bekannten Ich-bin-Worte Jesu hören wir hier Ihr-seid-Worte an uns. Er sagt nicht „Seid doch vielleicht ein bisschen davon, wenn’s auskommt“ oder „Ihr sollt gelegentlich ein wenig in die Welt strahlen“, sondern geradezu unabweisbar „Ihr seid!“. Punktum. Das soll uns angehen und treffen. Provokation. Herausforderung. Ermutigung. Anspruch. Erkennungszeichen.

Ihr seid es, ich nehme euch einfach dazu! Fangt dementsprechend an, in dieser Welt zu wirken! Er fragt nicht danach: Wollt ihr das? Traut ihr euch das zu? Oder: Könnt ihr das? Zu allem Überfluss erklärt er sogleich, was mit dem Material geschieht, das seinen Ansprüchen nicht genügt. „Sollte es sich herausstellen, dass ihr als Salz eben nichts taugt, dann wirft man euch hinaus. Fades, geschmackloses Salz ist unbrauchbar. Also strengt euch an und bringt Geschmack ans Leben!“

Jesus nimmt uns in die Pflicht

Der Autor
Pater Daniel Hörnemann OSB ist Mönch der Benediktinerabtei Gerleve bei Billerbeck und Theologischer Berater von "Kirche+Leben". | Foto: Markus Nolte
Pater Daniel Hörnemann OSB ist Mönch der Benediktinerabtei Gerleve bei Billerbeck und Theologischer Berater von „Kirche+Leben“. | Foto: Markus Nolte

Wir sollen als Kirche niemandem das Leben „versalzen“. Auf die richtige Dosierung kommt es an. Bei uns im Müns­terland spricht man vom berühmten Sack Salz: Erst wenn man einen ganzen Sack Salz miteinander gegessen hat, ist ein hoher Grad an Vertrautheit gewachsen. Und das dauert lange! An wenigen Stellen im Evangelium wird Jesu Anspruch so deutlich, werden wir so streng in die Pflicht genommen und spricht er so drastisch von eventuellen Konsequenzen.

Diese Welt bleibt fade, langweilig und geschmacklos, wenn es keine Menschen gibt, die ihr Würze verleihen. Zudem sollen wir für Erleuchtung sorgen: „Ihr seid das Licht der Welt!“ Wir sollen weit ins Land sichtbar sein wie eine Stadt auf dem Berge, die alle sehen können. Ob wir es wollen oder nicht, wir sind als Christen Ausgesetzte, Exponierte. Da bleibt nichts verborgen, gerade das Menschlich-Allzumenschliche und das abgründig Unmenschliche nicht. Bis in den letzten Winkel wird es ausgeleuchtet und es kommen Desaster und Skandale zutage. Ein großes Aufräumen ist angesagt.

Berechtigte Kritik

Man kann sicher berechtigt jede Menge Kritik gegen das Christentum anführen, doch über zwei Jahrtausende ließ es sich nicht unterkriegen, weder von äußerer Anfeindung noch von innerem Zerfall. Nur weil es seriöse Christen gibt, werden Menschen auf Gott aufmerksam. Wo Christen im Sinn Jesu handeln und das tun, was schon Jesaja angesagt hat: „Teile an die Hungrigen dein Brot aus, nimm die obdachlosen Armen ins Haus auf, wenn du einen Nackten siehst, bekleide ihn und entziehe dich nicht deinen Verwandten.“

Er, der von sich selbst sagte „Ich bin das Licht der Welt“, wendet sich an uns als seine Stellvertreter auf Erden mit derselben Wendung „Ihr seid das Licht der Welt“. Wo wir entsprechend wirken, da bricht Licht auf wie die Morgenröte, da geht im Dunkel ein Licht auf und wird Finsternis hell wie der Mittag (erste Lesung). Unsere Botschaft ist dann nicht „Überredung durch gewandte und kluge Worte“, nicht auf „Menschenweisheit“ gestützt, sondern auf die Kraft Gottes (zweite Lesung). Wo wir Gutes tun, fangen Menschen an, nach Gott zu fragen.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 5. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) finden Sie hier.

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