Alexandra Lason über christliche Identität und Christus-Beziehung

Auslegung der Lesungen vom 6. Sonntag der Osterzeit / Lesejahr A

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Als Christ, als Christin zu leben und zu handeln bedeutet, in der Beziehung mit Christus zu sein, zu bleiben und aus dieser Beziehung heraus zu handeln, zu leben, schreibt Alexandra Lason in ihrer Auslegung der Schrifttexte zum sechsten Sonntag der Osterzeit.

Was bedeutet es, als Christ, als Christin zu leben und zu handeln? Diese Frage verweist uns auf unsere ureigene Identität. Wer sind wir und was macht uns aus? Eine Antwort auf diese Frage dient keineswegs nur uns selbst, dient nicht nur der in unklaren Zeiten verständlichen und notwendigen Selbstvergewisserung, sondern auch Anderen, die sich nicht als Christen bezeichnen und denen wir diese Antwort schulden, wenn sie uns fragen. 

Als Christ, als Christin zu leben und zu handeln bedeutet, in der Beziehung mit Christus zu sein, zu bleiben und aus dieser Beziehung heraus zu handeln, zu leben. Das A und O christlichen Lebens ist also die Beziehung zu Christus. Was diese Beziehung ausmacht, was sie konstituiert und trägt, ist die Liebe. Dabei handelt es sich um den Willen zum Wohl der Anderen. Ich schreibe die Anderen bewusst groß, um ihr Subjektsein zu betonen. 

Totale Macht des Todes brechen

Die Lesungen vom 6. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.

Der Philosoph Gabriel Marcel schrieb einmal, lieben heiße sagen "Du stirbst nicht". Liebe ist damit die Verweigerung, den Anderen ins Nichts gehen zu lassen, sei es das Nichts, das sich in diesem Leben auf so vielfältige Weise, etwa in Sinnlosigkeit und Oberflächlichkeit, zeigt oder das Nichts des Todes selbst. Es heißt nicht, mit allen Mitteln zu versuchen, dem natürlichen Tod auszuweichen, sondern den Tod in seiner totalen Macht und damit alle totalitären Formen der Macht zu brechen.

Es bedeutet, das Machtmittel der Gewalttätigen zu brechen. Dass der Tod nicht das Ende ist, bedeutet Hoffnung für die Opfer von Unrecht, von Gewalt, Mord und Totschlag und bedeutet Gericht für die Gewalttäter und Mörder. Es gibt viele Formen, das Leben eines Menschen zu zerstören.

Zu verstehen, dass, was auch immer Menschen tun, es jemanden gibt, der neu ins Leben zu führen vermag, ohne über die Wunden, das Leiden hinwegzusehen, schenkt Hoffnung, Befreiung und damit vor allem eines: Freude. Du bist nicht nur Deine Depression, Du bist nicht nur der Verlust Deines Arbeitsplatzes, Du bist nicht nur Deine gescheiterte Beziehung, Du bist nicht nur die Person, der Leid zugefügt wurde. 

Gott ist größer

Die Autorin
Alexandra Lason
Alexandra Lason ist Referentin für mediale Verkündigung im Bischöflichen Generalvikariat Münster. | Foto: privat

Gott und damit auch Dein in ihm geborgenes Leben ist größer als das. Gott vermag aus der Dunkelheit der vielfältigen Todeserfahrungen neu ins Leben zu führen.

Wir sind Empfangende dieses heilenden Handelns Gottes und wir sind darin ebenfalls Gebende. Wenn wir in der Liebe sind, unser Leben als in Gott gehalten verstehen, gehen wir anders mit den Widrigkeiten des Lebens um. Nicht nur im Blick auf uns selbst, sondern auch im Blick auf die Anderen. Dann können wir noch einmal ganz anders für das Leben wirksam sein.

Gott Raum geben

Christliches Leben speist sich aus der Zusage Jesu Christi, dass wir mit ihm vereint das Leben haben und dem Leben dienen können. Dies gilt auch für die Verkündigung der frohen Botschaft. Nur jene Verkündigung, die wirklich befreit und froh macht, ist christliche Verkündigung.

In der Lesung aus der Apostelgeschichte begegnen wir Philippus, auf den die Leute einmütig hören, weil das, was er verkündet und die Taten, die er vollbringt, kongruent sind. Weil er Gottes heilendem Wirken Raum gibt, Gott verkündet und nicht sich selbst.

Wirken zur Freude aller

In Gott sein, in der Liebe sein, ist nichts, womit man selbst prunkt, sein eigenes Ego aufpoliert, sondern ist das Wirken zur Freude aller. Es ist heilsam, kooperativ, vertrauensvoll, nachfolgend, ruhig, in der Liebe bleibend.

Es speist sich aus dem Vertrauen, dass es Gott selbst ist, der ins Recht setzt und ins Leben führt. Es ist kurzum wirkliche Nachfolge Jesu Christi. In dieser Nachfolge vermögen wir gemeinsam dazu beizutragen, dass Menschen an Leib und Seele heil, dass sie von befreiter Freude erfüllt werden, dass wir uns gemeinsam freuen können. 

Die Gaben des Geistes

Der lebende, der lebendige Mensch bildet den Fokus christlichen Lebens. Darin erkennen wir und darin besteht, wie bereits Irenäus sagt, die Herrlichkeit Gottes. Zur Lebendigkeit der Menschen beizutragen, dazu bestärkt uns der Heilige Geist, der lebendig macht und Freude schenkt, der Geist der Liebe, der uns hilft, Gottes Gebote zu halten, die darin bestehen, einander zu lieben, sprich: Gutes zu wollen.

Genau deshalb führt uns die Treue zu unserer christlichen Identität über uns selbst hinaus: Weil sich unser Leben aus Christus, in dem uns der universale Heilswille Gottes begegnet, speist, können wir mit allen Menschen guten Willens zusammenarbeiten, zum Heil der Welt.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 6. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr A) finden Sie hier.

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