Schwester Kerstin-Marie Berretz: Wie sollen wir das alles schaffen?

Auslegung der Lesungen vom 6. Sonntag der Osterzeit / Lesejahr C

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Die Herausforderungen sind vielfältig – heute wie zu Zeiten Jesu. Oft lassen uns verschiedene Ereignisse verzagen. Genau dann können wir auf den Heiligen Geist vertrauen, sagt Schwester Kerstin-Marie Berretz und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

Am 24. Februar, dem Tag des Kriegsausbruchs in der Ukraine sagte ein Bekannter: „Puh, wir scheinen uns da in schwierige Zeiten einzustrudeln. Erst Corona und jetzt noch dieser Krieg.“ Die Zeiten sind herausfordernd und scheinen auch nicht unbedingt besser zu werden. Denn da ist auch noch die Klimakrise, bei der dringend Handlungsbedarf angezeigt ist, da ist die Zerrissenheit der deutschen Kirche, da sind so unglaublich viele Herausforderungen. Manchmal kann man sich angesichts all der Probleme fragen: Wie sollen wir das eigentlich alles schaffen? Wie soll es uns im Angesicht all dieser Herausforderungen denn gelingen, am Reich Gottes mitzuwirken oder dazu beizutragen, dass davon schon jetzt etwas spürbar wird?

Die Jüngerinnen und Jünger mögen sich ähnlich unsicher und vielleicht sogar verzweifelt gefühlt haben. Denn mit seinen Worten macht Jesus im Evangelium deutlich, dass er nicht immer bei ihnen sein wird. Auch wenn die Jüngerinnen und Jünger noch nicht wissen, was genau passieren wird und was ihnen und Jesus bevorsteht, können sie doch erahnen, dass eine wichtige Änderung ihres Lebens auf sie zukommen wird.

Heiliger Geist ist der Beistand

Die Lesungen vom 6. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr C) zum Hören finden Sie hier.

In dem Moment, als die Freunde Jesu diese Worte hören, mögen sie sich ähnlich gefühlt haben wie wir heute: voller Unsicherheit, was die Zukunft bringen wird. Vielleicht sogar ängstlich in Anbetracht der allgemeinen Entwicklungen. Dabei haben die Menschen, die Jesus folgten, doch alle Hoffnung auf ihn gesetzt und zum Teil alles hinter sich gelassen, was ihr Leben bislang ausgemacht hat. Wie soll es da also weitergehen?

Jesus spricht nicht nur Abschiedsworte, nach dem Motto: „Ich muss gehen, macht es gut!“, sondern er gibt seinen Jüngerinnen und Jüngern Worte und Hinweise, die auch für uns heute hilfreich sein können. Wenn der Herr hier vom Heiligen Geist spricht, berührt mich das immer ganz besonders. Denn Jesus macht deutlich, was den Heiligen Geist auszeichnet: Er ist der Beistand. Er ist mit uns in allen Situationen. Eben auch dann, wenn wir uns in schwierige Zeiten einzustrudeln scheinen. Selbst dann sind wir nicht allein gelassen.

Kein Wald vor lauter Bäumen

Auf den Beistand können wir uns ausrichten, denn, so sagt Jesus, er wird uns alles lehren und uns an alles erinnern, was der Herr uns bereits gesagt hat. Also selbst dann, wenn wir den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen scheinen, dann gibt es immer noch den Heiligen Geist. Er wird uns dabei helfen, wieder einen klaren Kopf und klaren Blick zu bekommen. Deshalb brauchen wir nicht zu verzagen.

Dazu kommt noch ein weiterer Punkt, der uns heute wie den Jüngerinnen und Jüngern damals helfen kann, mit den Herausforderungen der Zeit umzugehen. Der Herr verspricht uns einen Frieden, der ganz anders ist, als die Welt ihn geben kann. Und diesen Frieden, das haben wir in den vergangenen Wochen besonders gemerkt, brauchen wir dringend.

Aus der Liebe Gottes schöpfen

Die Autorin
Schwester Kerstin-Marie Berretz
Schwester Kerstin-Marie Berretz ist Dominikanerin und Lehrerin 
am Kolleg St. Thomas in Vechta. | Foto: privat

Der Friede Jesu ist auch deshalb so besonders, weil er nicht einfach etwas ist, was uns als Menschen übergestülpt wird. Sondern der Friede wächst und entsteht in der wechselseitigen Liebe zwischen Jesus und seinen Freundinnen und Freunden – also uns. Denn das ist das Besondere daran, dass Gott in Jesus Mensch wurde und für uns den Tod am Kreuz auf sich nahm: Wir werden nicht mehr Knechte genannt, sondern Freunde. 

Mit dem Leben, Sterben und Auferstehen Jesu hat sich die Beziehungs­ebene zwischen Gott und uns Menschen verändert. Wir werden ernst genommen und hineingenommen in die Liebe Gottes, der in sich selber Beziehung und Liebe ist. Aus dieser Liebe dürfen wir schöpfen und in ihr wachsen und so den Frieden erfahren, der ganz anders ist als der Friede dieser Welt. 

Erst mal durchatmen

Ich finde diese Gedanken und Worte Jesu genau dann hilfreich, wenn ich vor verschiedenen Herausforderungen stehe und drohe, Schnappatmung zu bekommen. Denn das Versprechen, dass der Heilige Geist auch mein persönlicher Beistand ist, bedeutet für mich, dass ich erst mal durchatmen kann. Was auch immer ansteht, ich muss es nicht alleine schaffen.

Denn neben dem Heiligen Geist als Beistand gibt es auch noch die Gemeinschaft all der Menschen, die an Gott glauben. Das sind, ganz konkret, mal meine Mitschwestern. Mit ihnen kann ich allen möglichen Herausforderungen ins Gesicht sehen. Und ich hoffe, Sie haben auch solche wunderbaren Menschen um sich herum.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 6. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr C) finden Sie hier.

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