Pater Daniel Hörnemann über Gottes Markenzeichen

Auslegung der Lesungen vom 7. Ostersonntag (B)

„Wer bist du?“ Mose stellt die entscheidende Frage nach Wesen und Wirken Gottes. Gottes Antwort ist eine Verheißung, ein Programm, das in Zukunft in der Befreiung Israels in Erfüllung geht. Gedanken zu den Sonntagslesungen von Pater Daniel Hörnemann.

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„Wer bist du?“ Mose stellt die entscheidende Frage nach Wesen und Wirken Gottes. Gottes Antwort ist eine Verheißung, ein Programm, das in Zukunft in der Befreiung Israels in Erfüllung geht. Gedanken zu den Sonntagslesungen von Pater Daniel Hörnemann.

„Ich habe den Namen Gottes unehr­erbietig ausgesprochen.“ Von Menschen, die noch einen ganz alten Katechismus verinnerlicht haben, hört man diesen Satz gelegentlich in der Beichte. Die antiquiert-umständliche Formulierung kommt aus einem tiefen Bewusstsein für die Bedeutung und den Inhalt des Gottes-Namens. Im jüdischen Denken gibt es eine hohe Sensibilität für den Umgang mit Namen.

Das Evangelium vom 7. Ostersonntag (B) zum Hören und Sehen auf unserem Youtube-Kanal.

Der eigentliche Gottesname wird überhaupt nicht ausgesprochen, auch Christen sollten den Gottesnamen JHWH nicht aussprechen. An seine Stelle tritt „Adonai“, „der Herr“, oder „Ha-Schem“, „der Name“, oder ein kurzes Schweigen, damit in diese Leerstelle Gott selbst hinein sprechen kann, nicht der Mensch.

 

Wer bist du?

 

Der Name Gottes wurde einem Menschen in der Bibel in besonderer Weise mitgeteilt. Es war das Dornbusch-Erlebnis des Mose (Ex 3-4). Mose stellt die entscheidende Frage nach Wesen und Wirken Gottes: „Wer bist du?“ Gottes Antwort ist eine Verheißung, ein Programm, das in Zukunft in der Befreiung Israels in Erfüllung geht.

Gott gibt in seinem Namen eine Treue-Zusage. Er ist nicht nur Gott an sich, sondern ausdrücklich Gott für uns. Gott gibt uns mehr als seinen Namen, er gibt sich selbst her, er engagiert sich persönlich: „Ich werde da sein!“ Sein Wesen ist unbestimmbar-geheimnisvoll. JHWH wird seinem Namen entsprechen, sein Name ist Programm: Er wird den Menschen seine Treue und Nähe zeigen. Das ist bereits „Evangelium“ im Ersten Testament. Gott spricht nicht nur von seiner Existenz, sondern von seinem Dasein für den Menschen. So hat er im brennenden Dornbusch dem Mose in un-überbietbarer Weise seinen Namen und sein Wesen bekannt gegeben.

 

Unnennbar, unfassbar, unbestimmbar

 

Die Spannung im Namen liegt in der offenbarenden Aussage einerseits und in der Bewahrung des Geheimnisses andererseits. Der Name ist zugleich Antwort und Antwortverweigerung. Wäre Gott „der Nichtda“, gäbe es nur Gottlosigkeit und damit Hoffnungslosigkeit. JHWH sichert jedoch zu, unmittelbar zugegen und zugänglich zu sein. Gott ist zwar letztlich der Unnennbare, Unfassbare und Unbestimmbare, aber auch der Hilfreiche, der mit seinem Volk Verbundene. Wir stehen im Raum des Paradoxen: Der Unbegreifliche soll begreiflich werden, der Unerschließbare erschlossen, der Unnahbare nahbar; es ist Gottes Freiheit, die sich nicht im einzelnen festlegt.

Der Autor
Pater Daniel Hörnemann OSBPater Daniel Hörnemann OSB ist Subprior der Benediktinerabtei Gerleve und Theologischer Berater von "Kirche+Leben". | Foto: Markus Nolte

Jesus hat den Namen Gottes aller Welt mitgeteilt, das Geheimnis seines Wesens offen gelegt. Doch welchen Namen hat er eigentlich ausgesprochen? Da kann man in den Evangelien lange suchen und wird doch nicht fündig. Er hat Gott zwar mit „Vater“ angeredet, damit ist allerdings eine Beziehung gemeint. Wie aber lautet der Eigenname Gottes? Wie hat Jesus ihn denn nun mitgeteilt?

 

Warum Gott Mensch wurde

 

Sein eigener Name bedeutet nichts anderes als „Der Herr ist Heil, er ist unsere Befreiung, Rettung und Erlösung“. Der Dornbusch-Name Gottes wird darin aufgegriffen und ausgefaltet. Das wunderbare alte Wort „Heiland“ umfasst sehr genau das Wesen Gottes in Jesus Christus als Befreier, Retter, Erlöser und Helfer. Jesus hat nicht in Buchstaben, sondern in seinem ganzen Dasein bis zu seinem grausamen Tod den Namen Gottes, sein Wesen und Wirken in diese Welt hineingetragen.

Das Johannes-Evangelium erklärt im abschließenden Gebet und Testament Jesu, dass er genau aus diesem Grund Mensch wurde, weil er den Menschen den Namen Gottes offenbaren und ihnen seine Menschenfreundlichkeit nahe bringen wollte. Wer sich zu ihm bekennt, gelangt in die Gemeinschaft mit Gott, in seine bleibende Nähe: „Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott, und er bleibt in Gott“ (1 Joh 4,15). Dieses Bekenntnis hat Auswirkungen.

 

Was Jesus will

 

Markenzeichen der Gläubigen ist ihre gegenseitige Annahme in Liebe nach dem göttlichen Vorbild. Wir sind durch unser Christsein allerdings nicht aus dieser Welt und ihren Einflüssen he-rausgenommen. Drängender Wunsch Jesu ist es, die Seinen vor dem Bösen bewahrt zu wissen. Er kennt nämlich die Menschen und ihre Anfälligkeit, selbst in seiner engsten Umgebung gab es das tragische Schicksal eines Judas. Seine unglückliche Selbsttötung riss eine Lücke in die Reihe der Apostel.

Die Zwölfzahl musste wiederhergestellt werden, so kam es zur Nachwahl. Ausgelost wurde Matthias, der einzige nördlich der Alpen, in Trier, begrabene Apostel. Sein Name lässt sich übersetzen „vom Herrn gegeben“. Man nennt ihn auch den „Apostel der Treue“, ein Gegenakzent dazu, dass alle Jünger Jesu ihn in der Stunde der Finsternis treulos verließen. Menschen der Treue tragen den Namen Gottes in diese Welt hinein. Wir könnten dazu gehören.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 7. Ostersonntag (Lesejahr B) finden Sie hier.

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