Benediktinerpater Elmar Salmann über den befreienden Humor der Bergpredigt

Auslegung der Lesungen vom 8. Sonntag im Jahreskreis (A)

Im Evangelium dieses Karnevals-Sonntags begegnet ein humorvoller Jesus, meint Benediktinerpater Elmar Salmann. In der Bergpredigt entdeckt er die Einladung zu einer Freiheit von Angst, Sorge, übermäßigem Planen.

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Im Evangelium dieses Karnevals-Sonntags begegnet ein humorvoller Jesus, meint Benediktinerpater Elmar Salmann. In der Bergpredigt entdeckt er die Einladung zu einer Freiheit von Angst, Sorge, übermäßigem Planen.

Das Evangelium zum Hören.

Die Bergpredigt präsentiert sich auf einem ihrer Höhepunkte in orientalischer Erzählfreude, mit lebhaften Bildern, Wiederholungen, Variationen – und dies zum Thema der Sorglosigkeit. All das erinnert den Leser zuerst daran, dass die Bibel, die jüdische, christliche und islamischer Religion wie auch das Mönchtum nicht im Münsterland oder in Thüringen, auch nicht in Paris oder London entstanden sind, sondern ihre Wiege in den Wüsten des Vorderen Orients haben.

Von daher ihre Farbigkeit, Erzählungskunst – wie die Märchen aus Tausendundeiner Nacht –, das Springende, Vielschichtige; es wechseln dramatische und epische, lyrische und theologische mit vom Gesetz geprägten Abschnitten. Und allzu leicht kann man an ihnen Anstoß nehmen, wenn man nicht eine Freude an dieser Vielfalt und ihrem exotischen Charakter in sich weckt und entwickelt.

 

Gutheit der Schöpfung

 

Und so fällt auch die Ermutigung zur freigiebigen, entspannten, fast spielerischen Sorglosigkeit nicht moralisierend, dogmatisch, ermahnend aus, sondern vollzieht sich anhand von poetischen Analogien und Bildern, die mit wenigen, aber sicheren Strichen vor die Augen unserer Fantasie hingezeichnet werden.

Die Vögel des Himmels, die Lilien auf dem Feld, die Spatzen, das Gras, selbst Salomo in all seiner Pracht spiegeln etwas von der naiven Freude an der Vorgabe des Seins und dem Einverständnis mit der Gutheit der Schöpfung wider. Das Ganze ist musikalisch, fast symphonisch orchestriert und wird vor uns aufgeführt, dem Leser, seinen Augen und Ohren zur händeklatschenden Lust.

 

Der augenzwinkernde Humor von Jesus

 

In alldem steckt auch ein augenzwinkernder Humor, der öfter in der Praxis und in den Gleichnissen Jesu aufblitzt und durchbricht, ein sanftes, manchmal auch foppendes Lächeln spielt da um seine Lippen: Und er lobte den ungerechten Verwalter … ; Freund, ich tue dir kein Unrecht …; wer von euch ohne Sünde ist …; was tut ihr Besonderes, wenn ihr nur eure Freunde grüßt …; ladet doch die Armen und Kranken ein, sie können es nicht vergelten …

Der Autor
Pater Elmar Salmann war lange Jahre Theologieprofessor in Rom. Er lebt als Mönch in der Benediktinerabtei Gerleve.Pater Elmar Salmann war lange Jahre Theologieprofessor in Rom. Er lebt als Mönch in der Benediktinerabtei Gerleve. | Foto: P. Bartholomäus Denz.

Eine hochgemute Einladung zur Freiheit steckt in diesem Vorgehen, zu einer Freiheit von Angst, Sorge, übermäßigem Planen, von Vorurteilen und vorschnellen Verurteilungen, von dogmatischer oder moralischer Ängstlichkeit und Enge, von Selbstverliebtheit und Selbsthass. Eine Einladung zu einer schöpferischen und vertrauensvollen Freiheit: Sich ganz einzusetzen und doch von aller Verkrampfung, dem unendlichen Versicherungs-Trieb, der sich selbst nährenden Vorsorge-Industrie auch einmal zu lassen, dem sich ewig drehenden Rad der Grübeleien und eines aufgeregten Aktivismus.

 

Arbeiten ohne Wahn

 

Das könnte man in das berühmte „Ignatianische Paradox“ fassen: Der Mensch soll so beten, als ob alles von ihm – und so handeln, als ob alles von Gott abhinge. Daraus entsteht ein Gebet, das nicht frömmelnd ist, nicht spirituell verblasen, und ein Arbeiten ohne den Wahn, es sich und der Welt beweisen zu müssen.

Die Lesungen ergänzen die Intuitionen des Evangeliums. Da ist das Bild der Mutter, die ihr Kind nie vergessen kann. Gott erschien in der Bergpredigt als fürsorglicher Vater, hier als ein mütterlicher Raum, als eine nie versagende Kraft der Erinnerung, in denen der Mensch eingeborgen ist.

 

Gott ist der Urteilende

 

Wenn dem so ist, wird uns eine wichtige Schlussfolgerung von Paulus im Korintherbrief nahe gelegt: Wir dürfen aufatmend auf ein endgültiges Urteilen verzichten, über uns selbst, die Mit- und Nebenmenschen, die Welt als Ganze. Dieses Urteil ist einem Anderen überlassen, der in Gelöstheit einem jeden in seiner Ambivalenz und Größe und damit den komplexen Zusammenhängen der Welt gerecht wird, vielleicht nicht ohne eine Prise jenes lächelnden Humors, der schon eine der Seelen der Bergpredigt und der christlichen Grundhaltungen war. 

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