Dreimal eins macht eins, meint Pfarrer Karsten Weidisch aus Münster

Auslegung der Lesungen vom Dreifaltigkeitssonntag (B)

Am Sonntag nach Pfingsten feiert die katholische Kirche den Dreifaltigkeitssonntag. Dabei geht es letztlich darum, wer Gott ist. Wie er ist. Wie er sich zeigt. Davon konnte schon Mose berichten - und auch Karsten Weidisch, Priester in Münster.

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Am Sonntag nach Pfingsten feiert die katholische Kirche den Dreifaltigkeitssonntag. Dabei geht es letztlich darum, wer Gott ist. Wie er ist. Wie er sich zeigt. Davon konnte schon Mose berichten - und auch Karsten Weidisch, Priester in Münster.

„Gott ist dreifaltig einer“ (Gotteslob 354) – gern, oft, leicht gesungen, aber auch ebenso geglaubt? Sodann die quasi-Arbeitsteilung unseres Vater-Sohn-Geist-Gottes: „Der Vater schuf die Welt, der Sohn hat uns erlöset, der Geist uns auserwählt.“ Anscheinend ganz einfach, zudem klar in der Struktur und doch ziemlich herausfordernd. Zudem von Anfang an, seit der göttlichen Menschwerdung in Jesus Christus.

Ein Gott in drei Personen, wobei diese eben nicht drei Personen in unserem Wortsinn sind. Hilfreich ist vielleicht ein Ausflug in die Geometrie: Wie in einem gleichseitigen Dreieck die Winkelhalbierenden und Seitenhalbierenden in einem Punkt zusammentreffen, so ist der Vater-Sohn-Geist-Gott eben dieser, der sich in den drei Eckpunkten jeweils als Vater, Sohn bzw. Geist zeigt, von denen jeder mit den anderen beiden in derselben Verbindung steht.

 

Schwer zu glauben

 

Das Evangelium vom Dreifaltigkeitssonntag (Lesejahr B) zum Hören und Sehen auf unserem Youtube-Kanal.

Die Kontroversen um dieses „Wie unseres Gottes“ finden ihren ersten Höhepunkt im vierten Jahrhundert in der Ausformulierung des so genannten großen Glaubensbekenntnisses von Nizäa und Konstantinopel. Gerade die Frage, wie Jesus als Gott und Mensch gleichermaßen denkbar ist, führt schon damals zu kirchlichen Ost-West-Spaltungen. Auch heute kennen wir den Vorwurf, nicht an den einen Gott, sondern an drei Götter zu glauben.

Das Credo-Lied rät zu gläubigem Vertrauen: „Dies glaub ich, und so leb ich und will im Tod vertrauen, dass ich in meinem Leibe soll meinen Gott anschaun.“ Letzte Klärung also erst beim eigenen Ostern?! Wenn es das denn gibt … Unser Glaube gibt uns die Nach-Tod-Perspektive. Falls diese Hoffnung dann nicht stimmt, ist es eh egal!

 

Gott begleitet und befreit

 

Sprechen die biblischen Texte dieses Sonntags für ein Ja zu diesem Vater-Sohn-Geist-Gott? Zunächst begegnet uns Mose bei seiner zweiten großen Gesetzesverkündigung, der Gottes Wirken „seit dem Tag, als Gott den Menschen auf der Erde schuf,“ besonders in der Wüstenwanderung herausstellt: „Oder hat je ein Gott es ebenso versucht, zu einer Nation zu kommen und sie mitten aus einer anderen herauszuholen, wie es der Herr, euer Gott, in Ägypten mit euch getan hat? Hat sich je etwas so Großes ereignet wie dieses, und hat man je solche Worte gehört? Hat je ein Volk einen Gott mitten aus dem Feuer im Donner sprechen hören?“

Das ist Exodus. Das heißt: Gott begleitet und befreit wirklich. Von daher: „Heute sollst du erkennen und dir zu Herzen nehmen: Der Herr ist der Gott im Himmel droben und auf der Erde unten, keiner sonst.“

Aber ein charismatischer Mose & Co. hin oder her – es bleibt harte Glaubenskost! Deswegen der geniale Schachzug Gottes, an sein Im-Himmel-und-auf-Erde-Gottsein tatsächlich noch etwas Fleisch zu geben – in seiner eigenen weihnachtlichen Menschwerdung in Jesus Christus Gott lebt als Mensch.

 

Unverblümter Machthaber

 

Dieser Jesus von Nazareth, der Christus, ist wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich. Und als der Auferstandene sagt er dies auch ganz unverblümt in den Schlussversen bei Matthäus, dem heutigen Evangelium: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde“ – weil Vater und Sohn eben voll eins sind. „Einige aber hatten Zweifel“, heißt es – damals wie heute.

Der Autor
Karsten WeidischKarsten Weidisch ist Priester in der Gemeinde St. Joseph (Hammer Straße) in Münster. | Foto: privat

Dieses Glaubens-Dilemma bleibt. Deswegen braucht es immer neue „Geheimnisträger”, die das weihnachtlich-österliche Mysterium glauben und verkünden.
Daher der Missionsauftrag, unbegrenzt in Raum und Zeit: „Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern.” Kirchenbildung läuft durch die Taufe auf den Namen des Dreifaltigen in der geistvollen Dynamik des Glaubens – trotz aller Zweifel.

Diesbezüglich sitzen wir mit dem Apostel Paulus des ersten Jahrhunderts in einem Boot, der nach dem irdisch-sichtbaren Entschwinden Jesu Christi dessen Auftrag entsprechend mutig missioniert.

 

Die große Erbschaft

 

Er geht zu „allen Völkern“ mit der Botschaft: „Ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen (und Töchtern) macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater! Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; wir sind Erben Gottes und sind Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden.“

Manchmal leiden wir schon sehr daran, dass Glauben nicht ohne Zweifeln geht. Mein Tipp: die Erbschaft antreten! „So glaub ich, und so leb ich und will im Tod vertraun …“ (Gotteslob 354). Ob die österliche Gottesschau des Dreifaltigen nun so fest steht wie das Amen in der Kirche? Wir werden es sehen – aber erst dann!

Sämtliche Texte der Lesungen vom Dreifaltigkeitssonntag (Lesejahr B) finden Sie hier.

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