Pater Daniel Hörnemann über Krippen, Könige und vermeintlichen Kitsch

Auslegung der Lesungen vom Hochfest der Erscheinung des Herrn (C)

An diesem Sonntag feiert die Kirche das Hochfest der Erscheinung des Herrn. Damit geht die Weihnachtszeit allmählich in die Schlussphase. Bevor die Krippen wieder abgebaut werden, lädt Pater Daniel Hörnemann in seiner Auslegung zur Entdeckungstour ein.

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An diesem Sonntag feiert die Kirche das Hochfest der Erscheinung des Herrn. Damit geht die Weihnachtszeit allmählich in die Schlussphase. Bevor die Krippen wieder abgebaut werden, lädt Pater Daniel Hörnemann in seiner Auslegung zur Entdeckungstour ein.

Ein Pfarrer wehrte sich gegen die „Deko-Offensive“, wenn schon lange vor dem Advent alles mögliche als Weihnachtsschmuck an und in die Häuser, auch in manche Kirchen, geholt wird. Dem Kitsch und Krempel wolle er sich definitiv entziehen und im Wettstreit um die großartigste Weihnachtsbeleuchtung keinen Nachbarn überbieten.

Was bleibt dann an „guten“ Ritualen und Symbolen noch übrig? Der Mensch braucht ja Rituale und Symbole. Im Advent wurden jedenfalls in der Kirche auch dieses Pfarrers nacheinander vier Kerzen als Zeichen der sich steigernden Erwartung entzündet. Zur Weihnacht bauten Gemeindemitglieder eine Krippe auf mit allem, was dazu gehört, um das große Geheimnis der Menschwerdung Gottes anschaulich zu machen. Da geht es um mehr als Dekoration, vielmehr um die symbolische Darstellung von Glaubens­inhalten.

 

Gehen Sie auf Entdeckungstour!

 

Hier können Sie sich das Evangelium vom Hochfest der Erscheinung des Herrn (Lesejahr C) vorlesen lassen (neue Einheitsübersetzung).

Nun werden die Krippen bald fast überall wieder abgebaut und bis zum nächsten Christfest verschwunden sein. Zeit, sich noch einmal rasch dem Ensemble zuzuwenden. Vielleicht können Sie sich sogar – und wenn auch nur ansatzweise – mit einer der Figuren identifizieren? Von jeder der folgenden Gestalten könnten Sie selbst eine Eigenschaft besitzen. Gehen Sie auf Entdeckungstour!

Das Kind in der Krippe ist in der Regel nie allein, immer ist jemand dabei. Allerdings zeigen die ältesten Darstellungen auf römischen Sargreliefs nicht die eigentlich zu erwartende Heilige Familie. Vom üblichen Krippenpersonal fehlen selbst Maria und Josef. Nur Ochs und Esel sind präsent. Diese beiden Tiere gehören wegen ihres Symbolcharakters zur „Grundausstattung“ jeder Krippendarstellung. Bei Jesaja (Jes 1,3) heißt es: „Jeder Ochse kennt seinen Besitzer, und jeder Esel weiß, wo die Futterkrippe seines Herrn steht. Was aber macht mein Volk Israel? Sie haben vergessen, wem sie gehören, und sie wollen es auch gar nicht mehr wissen!“

 

Ochse, Esel, Ökumene

 

Der Autor
Pater Daniel Hörnemann OSBPater Daniel Hörnemann OSB ist Subprior der Benediktinerabtei Gerleve bei Billerbeck und Theologischer Berater von "Kirche+Leben". | Foto: Markus Nolte

Die Christen haben diese Textstelle des Alten Testamentes auf Jesus bezogen, sie entsprach der theologischen Linie: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Joh 1,11). Der Esel steht für die Juden, der Ochse für die Heiden. Die Krippe ist ein Ort der „Ökumene“, beide sind gleichberechtigt berufen, Volk Gottes zu sein. Der Esel als Tier der Demut ist zugleich Metapher für Jesus Christus, der sich als Gott so klein macht wie der kleinste Mensch. Der Ochse als alttestamentliches Opfertier verweist auf Jesu Opfertod am Kreuz.

Maria und Josef tragen nach ihren Kräften Sorge für das Gottesgeheimnis, auch wenn sie es nicht erfassen können. Josef zeigt sich nicht nur als sinnender und zweifelnder Mann am Rande, sondern als tatkräftiger Ehemann und Pflegevater, als stiller, aber mutiger Begleiter. Maria bringt demütig und selbstbewusst Ruhe in die Szenerie. Die Hirten gehören zur untersten Gesellschaftsschicht. Sie sind Männer, die Engel singen hörten und als erste zur Krippe eilten. Die Letzten waren die Ersten. Engel sind Lichtgestalten und Träger des Gotteswortes, vor allem der Ermutigung „Fürchte dich nicht!“ Unterste und Oberste lassen sich ein auf das göttliche Kind.

 

Wer noch an der Krippe fehlt

 

Dann kommen noch die Letzten an der Krippe hinzu, die zum 6. Januar erscheinen dürfen: Sterndeuter, Astrologen, Magier, Könige oder Weise; weder ihre Zahl, noch Herkunft, Stellung und Namen sind historisch verbürgt. Wegen ihrer drei symbolischen Geschenke wurde eine Dreizahl angenommen und auf die drei Lebensalter wie auf die damals bekannten drei Erdteile gedeutet. Der als Greis dargestellte König symbolisiert das alte Europa – schon damals ahnte man wohl die demographische Entwicklung – und bringt Gold dem neugeborenen König. Der Sterndeuter im besten Mannesalter vertritt Asien und überreicht Weihrauch, Symbol der Gottesverehrung. Der jüngste Magier, der Myrrhenkönig alias „Mohrenkönig“, repräsentiert Afrika, er bringt Myrrhe, eine Zutat bei der Toteneinbalsamierung. Als ihre Reittiere dienen die für den jeweiligen Kontinent typischen Tiere Pferd, Kamel und Elefant.

Damit ist das Krippenensemble anscheinend komplett. Nachdem nun alle Figuren ihren Auftritt hatten, kann das Schaustück wieder abgebaut werden bis zum nächsten Jahr. Oder doch nicht? Durch jede Krippendarstellung soll etwas von Gott aufscheinen in unserer Welt. Als sie zeitweise in der Kirche verboten waren, da angeblich zu kindlich-kitschig, haben die Menschen sie sich ins Wohnzimmer geholt. Der Glaube lässt sich so leicht nicht kleinkriegen. Zur Gotteserscheinung braucht es die Menschen, denen er erscheinen kann, also uns, deren Leben fortan vom Licht der Weihnacht erleuchtet bleiben soll.

Sämtliche Texte der Lesungen vom Hochfest der Erscheinung des Herrn (Lesejahr C, neue Einheitsübersetzung) finden Sie hier.

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