Pfarrer Jan Kröger über Unerwartetes am laufenden Meter

Auslegung der Lesungen zum 4. Adventssonntag (B)

Am 4. Advent sind die Gedanken schon einen Schritt weiter, beim Fest der Geburt Jesu. „Was soll man heute predigen„?, fragt Pfarrer Jan Kröger aus Oldenburg und erzählt eine Geschichte, die mit einem verstopften Rohr, Ahmed - und mit Weihnachten zu tun hat.

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Am 4. Advent sind die Gedanken schon einen Schritt wieter - beim Fest der Geburt Jesu. „Was soll man also heute predigen„?, fragt Pfarrer Jan Kröger aus Oldenburg und erzählt eine Geschichte, die mit einem verstopften Rohr, Ahmed - und Weihnachten zu tun hat.

Was soll ich Ihnen zu Weihnachten schreiben? Die Weihnachtsgeschichte kennen Sie mit Sicherheit alle. Und vermutlich haben Sie auch schon so manche gute und vielleicht auch schlechte Weihnachtspredigt gehört oder gelesen.

Also erzähle ich Ihnen hier heute meine ganz persönliche Weihnachtsgeschichte. Sie liegt schon ein paar Jahre zurück. Ich wohnte damals nicht in einem Pfarrhaus, sondern in einer privat angemieteten Wohnung mitten in der Oldenburger Innenstadt. Es war am Morgen des 24. Dezember, als ich bemerkte, dass die Abflussleitung meiner Wohnung im dritten Stock zu verstopfen drohte.

Das Evangelium vom 4. Adventssonntag (B) zum Hören und Sehen auf unserem Youtube-Kanal.

Allerdings hatte ich zunächst keine Zeit, mich um dieses Problem zu kümmern. Das Aufstellen des Tannenbaums in der benachbarten Citykirche stand an. Sobald der Baum stand, machte ich mich zum nächsten Baumarkt auf, um mir die entsprechende Ausrüstung zur Behebung meines Abwasserproblems zu besorgen. Ich vermute, ich war vorher (und auch nachher) noch nie am 24. Dezember in einem Baumarkt. Sehr viele Leute waren dort an diesem Morgen anzutreffen. Ein Blick in die Einkaufswagen verriet, dass wohl alle irgendwie noch Zubehör für Krippe und Tannenbaum benötigten.

 

Eine hektische Zeit

 

Die Zeit drängte jedoch. Schließlich stand um 16 Uhr der erste von drei Weihnachtsgottesdiensten an diesem Heiligabend an. Also packte ich meine neu erworbene Ausrüstung ins Auto und fuhr so schnell es ging nach Hause. Dort angekommen versuchte ich nun mein Problem mit der verstopften Abwasserleitung zu beheben. Jedoch: Alle meine Versuche waren nicht nur erfolglos, sondern es wurde im Gegenteil immer schlimmer.

Was tun? Es blieb nicht mehr viel Zeit bis zum ersten Gottesdienst, und wenn ich spät abends nach Hause kommen würde, wäre mit Sicherheit kein Handwerker mehr zu erreichen. Also eine kurze Internetrecherche. Und tatsächlich fand ich sofort eine Seite mit einer entsprechenden Notfallnummer, sogar mit Oldenburger Vorwahl.

Etwas skeptisch wählte ich die Nummer. Statt der erwarteten Warteschleife meldete sich tatsächlich sofort jemand am anderen Ende der Leitung. Nachdem ich ihm kurz mein Problem geschildert hatte, erklärte ich ihm, dass ich unbedingt sofort Hilfe benötigte, da ich als katholischer Priester bald aus dem Haus müsse und eben vor dem späten Abend nicht mehr wieder käme. Ganz ruhig erklärte mir mein Gegenüber, dass er das aufgenommen hätte und sofort jemanden schicken werde. Ziemlich ungläubig legte ich auf. Ob da überhaupt jemand kommen würde bevor ich zur Kirche aufbrechen müsste? Nun, es blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten.

 

„Sag mal, bist du gläubig, oder so?“

 

Und tatsächlich: Nach nur etwa 20 Minuten klingelte es. Vor der Tür stand ein junger Mann, der sich mit „Ahmed“ vorstellte. Gemeinsam trugen wir sein Werkzeug die 67 Stufen hoch in den dritten Stock. Als wir dann in meiner Wohnung ankamen, schaute sich Ahmed erst einmal ganz interessiert überall um. „Sag mal, bist Du gläubig, oder so?“ Die Einrichtung scheint einen katholischen Priester ziemlich schnell zu verraten. „Ja schon“, viel mehr fiel mir in dem Moment nicht ein. Also machten wir uns an die Arbeit.

Der Autor
Jan Kröger Jan Kröger ist Pfarrer in St. Marien, Oldenburg. | Foto: privat

Und so langsam, nach und nach, begannen wir, uns während der Arbeit über den Glauben zu unterhalten. Es war wohl bis heute das ungewöhnlichste Glaubensgespräch, das ich je geführt habe. Am frühen Nachmittag des 24. Dezember im Badezimmer einer Dachgeschosswohnung mitten in Oldenburg.

Dies ist und bleibt „meine“ Weihnachtsgeschichte. Aber auch abgesehen davon, dass sie sich an einem 24. Dezember zugetragen hat, hat sie mir auf ihre Weise Weihnachten noch einmal neu gezeigt.

 

Fest der Begegnung

 

Weihnachten als ein Fest der Begegnung mit der oder dem Unerwarteten. Die Hirten, denen plötzlich die Engel auf den Feldern begegnen. So unerwartet ist diese Begegnung, dass die Engel die Hirten erst einmal beruhigen müssen: „Fürchtet euch nicht!“ Auch die Heilige Familie selbst, denen zuerst die fremden Hirten und schließlich völlig unerwartet die weitgereisten Könige begegnen.

Uns sind diese Begebenheiten natürlich sehr vertraut. Aber für die Akteure der Weihnachtsgeschichte sind es zunächst Begegnungen mit dem Unerwarteten. Und das sozusagen am laufenden Meter.

Weihnachten als Begegnung mit dem Unerwarteten, das unser Leben aber dann umso mehr bereichert. Ein solches Weihnachten mit vielen unerwarteten Begegnungen wünsche ich Ihnen in dieser festlichen Zeit!

Sämtliche Texte und Lesungen vom 4. Adventssonntag (B) finden Sie hier.

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