BIBEL AM SONNTAG (28. SONNTAG/C)

Pater Ralph Greis: Gott ist großzügig – auch zu Fremden

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Eine Wallfahrt kann Heilung verheißen. Die Bibel gibt Beispiele, die auch noch heute wirken können, sagt Pater Ralph Greis OSB.

Der syrische Feldherr Naaman ist auf Wallfahrt im Heiligen Land. Ungefähr 200 Kilometer sind es von Damaskus bis Samaria. Ohne klimatisierten Reisebus ist das ganz schön weit für einen kranken General. Naaman sucht Heilung von seiner Krankheit, aber nicht an einer heiligen Stätte seines eigenen Glaubens, sondern bei einem Propheten einer fremden Religion, bei einem anderen Volk, das seine Soldaten kurz zuvor noch überfallen hat.

Bußübungen, Gebete und Gottesdienste stehen nicht auf Naamans Programm. Er erwartet vom Propheten Elischa eine charismatische Heilungs-Show, hat der doch schon eine ganze Reihe von Wundern gewirkt und sogar ein totes Kind auferweckt. Kein Wunder, dass der wichtige Naaman zornig wird, als Elischa nicht einmal selbst mit ihm spricht und ihn stattdessen zum Baden in den Jordan schickt.

Der geheilte Leib, das verwandelte Herz

Die Lesungen vom 28. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr C zum Hören finden Sie hier.

Erstens sind es noch einmal steinige 50 bis 60 Kilometer durchs Bergland hinunter ins Jordantal – keine Lichterprozession um die Wallfahrtskirche, sondern zwei Tagesreisen. Zweitens war der Jordan damals wohl auch nicht viel schöner als der schmutzige Bach von heute, in den ich freiwillig nicht hineinsteigen, geschweige denn darin untertauchen würde.

Ob Hoffnung, Verzweiflung oder das Zureden seiner Diener, Naaman tut es schließlich doch – und wird gesund. Das größere Wunder ereignet sich in seiner Seele: Er findet nicht nur Heilung, sondern den Gott, der sie ihm geschenkt hat. Gott ist großzügig, auch zu Fremden. Obwohl der direkte Rückweg nach Damaskus deutlich kürzer gewesen wäre, zieht Naaman noch einmal nach Samaria hinauf, um Gott und seinem Propheten zu danken. Als echter Pilger kehrt Naaman schließlich heim. Erde aus dem Heiligen Land wird auch heute in vielen Jerusalemer Souvenirläden verkauft, woher auch immer sie stammen mag – in kleinen Schmuck-Ampullen. Wichtiger aber ist der geheilte Leib, noch wichtiger das verwandelte Herz.

Jesus verschafft Aussätzigen Heilung

Ungefähr 900 Jahre später ist ein anderer Pilger in derselben Gegend unterwegs. Jesus wandert mit seinen Jüngern zum Pessachfest nach Jerusalem. Diesmal ist es nicht nur ein Aussätziger, sondern sind es zehn, die Heilung suchen. Wie Naaman werden sie von den Wundern dieses Mannes gehört haben, den viele für einen Propheten halten.

Jesus schickt sie nicht zum Jordan hinab, sondern zu den zuständigen Priestern im Ort, nur ein paar Minuten Fußweg. Zwar hätten sie als Aussätzige das Dorf gar nicht betreten dürfen, doch auf sein Wort hin tun sie es. Ob im Vertrauen oder in der Annahme, nichts zu verlieren, – schon auf dem Weg werden alle gesund.

In Jesus wird Gott gegenwärtig

Den Weg zurück zu Jesus findet jedoch nur einer, auch wenn es nur ein paar Meter gewesen sein mögen. Ein wenig hoffe ich, dass die anderen einfach schnell nach Hause zu ihren Lieben gelaufen sind: „Papa ist wieder da, heil und gesund!“ Gott ist großzügig.

Jesus ist als Pilger unterwegs nach Jerusalem. Zugleich ist er das Heiligtum, zu dem die Aussätzigen wie Pilger kommen, auch wenn sie das kaum ahnen werden: In Jesu menschlicher Natur ist Gott selbst gegenwärtig. Und der Herr dreht die Richtung der Wallfahrt um: Sie führt ihn vom Himmel auf die Erde herab, um jene Tempel des Heiligen Geistes, die wir als Ebenbilder Gottes doch selber sein sollten, zu besuchen und aus dem Tod herauszuholen.

Der eigene Weg

Jesus steigt nicht nur bis an den Jordan hinab, sondern bis ins Totenreich. Dort steht er nicht für sich allein von den Toten auf, sondern bringt die geheilten, lebendigen Seelen der Verstorbenen mit – auf der byzantinischen Osterikone hält er Adam und Eva an der Hand. Bei seiner Himmelfahrt nimmt Jesus kein Souvenir mit heim, sondern nicht weniger als unser aller erlöste Menschennatur, die schon jetzt mit ihm im Himmel ist.

Ein Syrer macht sich auf den Weg zum Gott Israels. Zehn Samariter, auch sie halbe Fremde, suchen die Hilfe Jesu. Gott ist zu allen großzügig, auch wenn es ihm nicht alle danken. Wo bedürfen wir der Heilung an Leib oder Seele? Machen wir uns auf den Weg? Bekommen wir es mit, wenn der Herr vorbeikommt? Was glauben, was erwarten, was erhoffen wir? Auf welchen steinigen Wegen mag er uns an unseren persönlichen Jordan schicken, in dem wir gar nicht baden wollen? Oder nur auf einen kurzen, aber unerwarteten Weg? Würden wir gehen?

Gehen wir doch zwischendurch einmal zum Herrn und sagen Danke für seine kleinen und großen Gaben. Meistens ist der Weg gar nicht so weit.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 28. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr C finden Sie hier.

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