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Wer auf Gott und Jesus Christus baut, der kann vertrauen. Doch das Leben lässt immer wieder Zweifel aufkommen, weiß Pater Daniel Hörnemann OSB.
Es hat ziemlich gekracht! Es fehlten nur wenige Meter und der Baum wäre in unsere Abteikirche eingeschlagen, den ein Unwetter im Nordwald zu Fall brachte. Es war eine Buche von stattlicher Größe, doch ohne ausreichende Stabilität. Zu dicht bei anderen Bäumen stehend, hatten sich ihre Wurzeln nicht genügend im Erdreich ausbreiten können. So schade es um jeden großen Baum ist, dieser musste wohl eines Tages fallen, das zeigte die mindere Qualität seines Stammes und das zu bescheidene Wurzelwerk. Was einer ist, was einer war, am Ende wird es offenbar...
Bäume faszinieren uns, weil sie so viel über uns selbst aussagen. Wo sie noch stehen, sprechen sie uns an als uraltes Symbol für das menschliche Leben mit all seinen Höhen und Tiefen. Der grünende Baum ist ein Bild von Kraft, Zuversicht und positiver Entwicklung; der verdorrte Baum ein Bild von Niedergeschlagenheit, Krankheit und Tod. Wie die Jahreszeiten den Baum wechselnd prägen, so unterschiedliche Situationen unser menschliches Leben. Bäume spenden Schatten, schützen vor Wind und Wetter, befestigen das Erdreich, bergen und nähren Tiere und Menschen. Mit ihrem Holz bauen die Menschen Häuser, Schiffe und zahllose Geräte. Bäume sind unersetzliche Lebensspender.
Wer an Gottes Treue glaubt
Die Lesungen vom 6. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr C zum Hören finden Sie hier.
Der Lebensbaum ist deshalb im Alten Orient ein zentrales Lebenssymbol. Genau dieses Symbol hat Jeremia aufgegriffen in seinem Weisheitspsalm. Er vergleicht zwei Arten von Menschen: den Mann, der auf Gott vertraut, und den Mann, der nur auf Menschen vertraut.
Wer an Gottes Treue und helfende Nähe glaubt, bleibt deshalb von Schwierigkeiten und Krisen nicht verschont. „Wer sich an Gott hält, hat keine Sorgen“ – das kann man niemandem sagen, der seine Arbeitsstelle verloren hat, dessen Partnerschaft zerbrochen ist, der mit seiner Rente nicht auskommt, der nicht weiß, ob er sich die nötige Medizin oder Pflege überhaupt noch leisten kann, jemandem, der vor Schmerz nicht schlafen kann oder am Grab eines geliebten Menschen steht.
Vertrocknetes Gestrüpp
Glauben heißt oft „dennoch“ sagen. Jeremia mag seine Worte auf den unglücklichen König Zidkija gemünzt haben, der in seiner Politik nur auf Menschen setzte und nicht auf Gott, und damit die Katastrophe Jerusalems herbeiführte. Hier handelt es sich überdies um zwei „Typen“, die zu jeder Zeit aktualisiert werden können: Der „Verfluchte“ vertraut nur auf Menschen, der „Gesegnete“ auf den Herrn. Für Jeremia ist der Gottabgewandte wie ein vertrockneter, nackter Steppenbaum, der nie einen Regen kommen sieht. Statt Grün trägt er viele Stacheln. Das Bild der Trostlosigkeit malt er weiter aus: Dieses Gewächs steht auf dürrem Wüstenboden, auf salzigem Land, unbewohnt und unfruchtbar, einem Ort des Todes. Wendet der Mensch sich von Gott ab, trennt er sich selbst vom lebenspendenden Wasser und setzt sich aufs Trockene.
Den Gesegneten hingegen vergleicht er mit einem am Wasser gepflanzten Baum. Wer auf den Herrn vertraut, ist gleichsam gepflanzt am Strom und braucht Hitzeperioden nicht zu fürchten. Gott ist der „Quell lebendigen Wassers“, sein Segen ist Leben. Jeremia geht es um die innerliche Verbindung, den Glauben im Herzen. Weil ihm dieses Thema so wichtig ist, greift er zu einer radikalen Redeweise: Die Geschichte spielt zwischen Fluch und Segen, zwischen Tod und Leben.
Wie Jesus bisherige Maßstäbe durchbricht