BIBEL AM SONNTAG (Dreifaltigkeitssonntag/C)

Elmar Salmann: Gott ist kein „Ein-Mann-Betrieb“

Anzeige

Wie wird Gott vorstellbar, erfahrbar? Diese Frage ist existenziell. Die Lesungen dieses Sonntags geben Hinweise.

 

„Existiert Gott?“, fragte der Titel eines vielgelesenen Buches von Hans Küng in den 70er Jahren. Das interessiert immer weniger Menschen in unserem Land. „Wer ist (wie) Gott?“ Das können sich immer weniger Leute vorstellen: Gott als Person, Ein-Mann-Betrieb, allmächtiger, allwissender, allgegenwärtiger Herrscher. Allenfalls ein vages höheres Wesen, ein waltendes Geschick, das ginge zur Not und bleibt als erste und letzte Instanz ahnbar, sagt aber nur wenig. Vielleicht helfen – biblisch inspiriert – andere Schlüsselfragen weiter: Wo könnte er gegenwärtig werden, wann, auf welche Weise? Welche Namen könnten ihn benennen? Wie ihn wahrnehmen, bei welcher Gelegenheit? Das Dreifaltigkeitsfest, so fremd es uns anmutet, mag uns auf Fährten setzen, die Entdeckungen ermöglichen.

Da kommt uns der berückend schöne Text aus dem Buch der Sprichwörter weit entgegen. Gott erscheint hier alliiert mit der Ewigen Weisheit, die ihm gleichsam Ausdruck seines Wesens und Assistentin beim Schöpfungswerk ist. Dieser Gott ist nicht isoliert, sondern spielfreudige kreative Präsenz, mit der Welt als Spielraum ist Er auf der Suche nach Mitspielenden. Ähnliche Funktionen der Vermittlung haben auch der Geist und das Wort: Sie stammen ganz aus Gott und sind ihm doch ein Gegenüber, zugleich erscheinen sie in einer den Menschen zugänglichen Weise, bei der Schöpfung, den Propheten, an geschichtlichen Lebenswenden. Eigenschaften dieses Gottes und Weisen seiner Zuwendung wie die Barmherzigkeit oder Gerechtigkeit können personale Züge tragen. Weisheit, Barmherzigkeit, Geist sind im Hebräischen zudem weiblich bestimmt, tragen also feminine Züge in das Gottesbild ein.

Wie sich die Freiheit Gottes vollzieht

Die Lesungen vom Dreifaltigkeitssonntag / Lesejahr C zum Hören finden Sie hier.

Im Neuen Testament legt sich dieser Gott näher aus. Er gibt sich zu erkennen in der Freiheit, Souveränität und Hingabekraft des Wortes, wiederum in einem offenen Spiel von Zuspruch und Anspruch wie der ihnen entsprechenden Antwort aus der Mitte des Menschen, weshalb das Wort Gottes auch Sohn und neue Freiheit ist. Das alles drückt sich bei Johannes in dem uns Heutigen ganz fremden Wort ‚verherrlichen‘ aus, das meint, in Gott geschehe so etwas wie eine gegenseitige Anerkennung, eine Kommunikation von und in Freiheit. In alldem ist schon der Friede beschlossen, den die Welt nicht geben kann.

Wir Menschen neigen dazu, unendlich auf uns selbst zu bestehen, die Freiheit Gottes vollzieht sich hingegen in gelöst-freigiebiger Gegenseitigkeit. Der Römerbrief gibt dieser ein Gesicht und verbindet sie mit dem Pneuma, dem Geist. Der komme gerade in der Bedrängnis zum Austrag, wecke Geduld der Bewährung und Hoffnungskraft.

Gott regt zum Mitgestalten an

 

So gewinnen in der biblischen Gotteswanderung mit den Menschen beide langsam ein Gesicht. Allmacht meint hier nicht Potenzgebaren, sondern den demütigen Mut zur Ermutigung der Freiheit des Anderen, wie sie Eltern Kindern gegenüber und Freunde füreinander aufbringen. Gott hat spielerische Mitfreude am Wachstum des Menschen, an seiner Emanzipation. Allwissenheit ist nicht ein neugieriges Erspüren der Geheimnisse des anderen, nicht restlose Aufklärung, sondern ein Wissen um das Einmalige, das Höhen– und Tiefengeheimnis des Anderen, damit er atmen und leben kann. Endlich bedeutet Allgegenwart nicht, Gott sei überall und nirgends, als lauere er uns hinter jedem Busch auf, vielmehr das Feingefühl für jeden Menschen, die Kraft der Aufmerksamkeit, ihm auf je neue Weise präsent zu sein und gerecht werden zu können. Wo das geschieht, wird etwas von Gott ansichtig, fühlbar, erkennbar, vor allem werden wir zum Mitgestalten angeregt.

Der Schweizer Pfarrer Kurt Marti meint in seinem Büchlein ‚Die gesellige Gottheit‘, in dieser Rettung und Hebung des Einander fände der demokratische Mensch von heute Spuren eines ebenso demokratisch veranlagten Gottes, und das unter Berufung auf die heutige Lesung aus dem Alten Testament. Geben wir Marti das Wort: „Am Anfang also: Beziehung. Am Anfang: Rhythmus. Am Anfang: Geselligkeit. Und weil Geselligkeit: Wort. Und vom Werk, das sie schuf, suchte die gesellige Gottheit sich neue Geselligkeiten. Weder Berührungsängste noch hierarchische Attitüden. Eine Gottheit, die vibriert vor Lust und Leben. Die überspringen will auf alles, auf alle.“ Gott sei als Beziehungsvielfalt zu denken, als Mitbestimmung, „und insofern: niemals statisch, nicht hierarchisch,… lustvoll waltende Freiheit, Urzeugung der Demokratie.“

Sämtliche Texte der Lesungen vom Dreifaltigkeitssonntag / Lesejahr C finden Sie hier.

Anzeige