BIBEL AM SONNTAG (7. Osterso/C)

Christian Brüning OSB: Das A und O unseres Glaubens

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„Ich bin das Alpha und das Omega“, das verspricht Jesus Christus und gibt einen Ausblick auf die Zukunft des Volkes Gottes.

 

An Sonn- und Feiertagen sind die erste Lesung und das Evangelium aufeinander abgestimmt. Wohl aus diesem Grund stehen an diesem Sonntag die Steinigung des Stephanus und das Hohepriesterliche Gebet Jesu nebeneinander. Das Gebet des Stephanus beginnt mit den Worten: „Stephanus blickte, erfüllt vom Heiligen Geist, zum Himmel empor“; das Gebet Jesu hebt mit den Worten an: „Jesus erhob seine Augen zum Himmel und betete“. Jesus betet: „Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin.“ Auch Stephanus betet: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ Und weiter: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“

Dazwischen steht das Schlusskapitel der Offenbarung des Johannes. Gerahmt ist diese Versauswahl durch die doppelte Zusage „Ich komme bald“. Dazwischen ertönt zweimal der Bittruf: „Komm“. Und am Ende der Lesung erklingt der Ruf: „Komm, Herr Jesus!“ Er entspricht dem aramäischen Ruf Marána thá im frühchristlichen Gottesdienst.

Die Hoheitstitel Jesu

Die Lesungen vom 7. Sonntag der Osterzeit / Lesejahr C zum Hören finden Sie hier.

Die drei Lesungen des heutigen Sonntags bilden einen Dreischritt: das Gebet des heiligen Stephanus, das Gebet der frühchristlichen Gemeinde und das Hohepriesterliche Gebet Jesu.

In der Lesung aus der Offenbarung des Johannes beansprucht der Redende, also Jesus, der Herr, drei bipolare Hoheitstitel für sich: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.“ Alpha und Omega sind der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets. In der Lutherbibel lautet die Übersetzung übrigens: Ich bin das A und das O. Dieser Hoheitstitel begegnete schon zu Beginn der Offenbarung des Johannes (Offb 1,8): „Ich bin das Alpha und das Omega, spricht Gott, der Herr, der ist und der war und der kommt, der Herrscher über die ganze Schöpfung.“

Bei dem zweiten Wortpaar handelt es sich ebenfalls um einen Gottestitel und zwar einen sehr geprägten. Denn dieses Wortpaar hängt mit der Entstehung des Monotheismus zusammen. Einer der zentralen Texte im Jesajabuch lautet: „So spricht der Herr, Israels König, sein Erlöser, der Herr der Heere: Ich bin der Erste, ich bin der Letzte, außer mir gibt es keinen Gott“ (Jes 44,6).

Der Erste und auch der Letzte

 

Ähnlich klingt es in Jes 48,12f: „Jakob, höre auf mich, höre mich, Israel, den ich berief: Ich bin es, ich, der Erste und auch der Letzte. Meine Hand hat die Fundamente der Erde gelegt, meine Rechte hat den Himmel ausgespannt; ich rief ihnen zu und schon standen sie alle da.“ Und mit einer kleinen, feinen Änderung in Jes 41,4: „Wer hat das bewirkt und vollbracht? Er, der von Anfang an die Generationen ins Dasein rief. Ich, der Herr, bin der Erste und noch bei den Letzten bin ich derselbe.“

In Anlehnung an die Erzählungen vom Exodus, bei dem Gott seinem Volk voran zog „bei Tag in einer Wolkensäule, um ihnen den Weg zu zeigen, bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten“ (Ex 13,21) entsteht in der Exilszeit Israels die Hoffnung, dass Gott seinem Volk einen neuen Exodus bereiten wird.

In zahl- und variationsreichen Schilderungen wird der Weg durch die Wüste beschrieben, den Gott für sein Volk bahnen wird. Eine damit verbundene Aufforderung Gottes lautet: „Zieht nicht weg in Hast, geht nicht fort in Eile; denn der Herr geht vor euch her, und er, Israels Gott, beschließt auch euren Zug“ (Jes 52,12). Hier könnte man den oben zitierten Vers anfügen: „Ich, der Herr, bin der Erste und noch bei den Letzten bin ich derselbe.“

Ein grandioser Ausblick

In dem dritten Wortpaar bezeichnet sich Christus als den Anfang und das Ende. Das Buch Genesis wie das Johannesevangelium beginnen mit den Worten „im Anfang“. Das Wort Anfang (Arché) kann die Bedeutung Beginn, Ursache oder Ursprung haben. Christus heißt der Anfang, weil er der Verursacher der Schöpfung ist; das Haupt, weil er vor allen Dingen da war und sie durch ihn und auf ihn hin geschaffen wurden.

Ende (Telos) bedeutet: Ausgang, Ende, Abschluss in Bezug auf das Aufhören der gegenwärtigen Bedingungen dieser Welt. Damit ist gemeint, dass mit dem Verschwinden dieser Welt ihr von Gott gesetztes Ziel erreicht ist, eine neue Ordnung der Dinge.

Auf den Punkt gebracht endet die Offenbarung des Johannes und damit unsere Bibel mit diesem grandiosen Ausblick: „Siehe, ich komme bald. Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende. Ja, ich komme bald. Amen. Komm, Herr Jesus!“

Sämtliche Texte der Lesungen vom 7. Sonntag der Osterzeit / Lesejahr C finden Sie hier.

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