Reaktionen auf Stellungnahme zu Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München-Freising

Bätzing: Benedikt XVI. gebührt Respekt - Betroffene äußern Kritik

  • Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat die Stellungnahme von Benedikt XVI. begrüßt.
  • Die Entschuldigungsbitte des emeritierten Papstes wies die Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ zurück.
  • Inzwischen haben sich auch Kardinal Reinhard Marx, Kirchenrechtler Thomas Schüller und „Wir sind Kirche“ geäußert.

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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat die persönliche Stellungnahme des emeritierten Papstes Benedikt XVI. und dessen Entschuldigung an die Missbrauchsopfer begrüßt. Benedikt habe zugesagt, sich zu äußern und das nun eingelöst, twitterte der Bischofskonferenz-Vorsitzende am Dienstag. „Dafür bin ich dankbar und dafür gebührt ihm Respekt.“

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat die Stellungnahme von Benedikt XVI. ebenfalls begrüßt. Der frühere Erzbischof von München und Freising (1977-1982) bringe darin seine „tiefe Scham“, seinen „großen Schmerz“ und seine „Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen Missbrauchs zum Ausdruck“, erklärte Marx am Dienstag in München.

Zugleich betonte der Kardinal erneut, die Erzdiözese und er selbst als Erzbischof nähmen das Gutachten, „in dem es besonders im Blick auf die Leitungsebene auch um persönliche und institutionelle Verantwortung geht, sehr ernst“. Die Empfehlungen der Gutachter würden zusammen mit dem Betroffenenbeirat und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission aufgegriffen.

Betroffene weisen Entschuldigungsbitte zurück

Die Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ wies die Entschuldigung Benedikts zurück. „Schmerz und Scham – man mag es nicht mehr hören“, heißt es in einer Pressemitteilung. Das Statement des ehemaligen Papstes reihe sich ein in die permanenten Relativierungen der Kirche in Sachen Missbrauch. Vergehen und Fehler seien geschehen, doch niemand übernehme konkret Verantwortung.

Für Betroffene seien diese Art von „Entschuldigungen“ wirklich schwer erträglich. „Sie dienen am Ende nur dazu, den Opfern die Verantwortung aufzuhalsen, wenn sie diese Art von Betroffenenheitsbekundungen nicht angemessen zu würdigen vermögen“, erklärte der „Eckige Tisch“. „Joseph Ratzinger bringt es nicht über sich, einfach festzustellen, es tue ihm leid, nicht mehr zum Schutz der seiner Kirche anvertrauten Kinder getan zu haben. Das wäre ein ehrlicher Satz.“

„Wirklich unsäglich“ – Statement des Münchner Betroffenenbeirats

Der Sprecher des Münchner Betroffenenbeirats, Richard Kick, hat das aktuelle Statement des emeritierten Papstes Benedikt XVI. als „wirklich unsäglich“ bezeichnet. „Ich kann gar nicht mehr aggressiv darauf reagieren, ich bin nur noch bestürzt und betroffen“, sagte Kick der Katholischen Nachrichten-Agentur auf Anfrage am Dienstag in München. Hier kenne ein ehemaliger Papst nur seine eigene Sichtweise und flüchte sich zuletzt in den Glauben, dass der „endgültige Richter“ über ihn befinden werde.

Kick sagte, er hätte sich eine „reflektierte Sichtweise eines Menschen“ gewünscht. Herausgekommen sei aber eine „egomanische“ und nur auf die Kirche zentrierte Darstellung. Was dagegen völlig fehle, sei ein „wirklich empathisches Gegenübertreten“ jenen Hunderttausenden von Menschen, die in ihrer Kindheit weltweit in der Kirche sexuell missbraucht, geschlagen und gedemütigt worden seien. Dabei spreche er doch nicht nur als Joseph Ratzinger, sondern als emeritierter Papst, erinnerte Kick.

Weiter verwies der Sprecher des Betroffenenbeirats darauf, dass Benedikt in seiner Stellungnahme den Ball auch noch weiterspiele an seinen Nachfolger. So habe sich Franziskus ihm gegenüber wohlwollend geäußert. Kick beklagte, dass es vom amtierenden Papst bisher aber kein Statement zum Münchner Missbrauchsgutachten gebe. Das zeige den „völlig desolaten Zustand“ der Kirche und die Hilflosigkeit ihrer Oberen.

Schüller und „Wir sind Kirche“ äußern sich

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller kritisierte, der emeritierte Papst benenne seine Schuld nicht konkret. „Joseph Ratzinger erzählt viel über Schuld und Vergebung im allgemeinen Sinn, aber seine eigene Schuld spricht er nicht an“, sagte Schüller dem Evangelischen Pressedienst (epd). Benedikt halte eisern daran fest, dass er keine persönlichen Fehler gemacht habe, für die er persönliche Verantwortung und Konsequenzen übernehmen müsste.

Auch die kirchliche Reformbewegung „Wir sind Kirche“ kritisierte, dass Ratzinger sich selbst immer noch als Opfer sehe, das in übergroße Schuld hineingezogen wurde. „Und er ist nicht bereit, zu der nicht delegierbaren Gesamtverantwortung zu stehen, die ein Bischof hat“, sagte Sprecher Christian Weisner dem epd.

Persönliche Stellungnahme von Benedikt XVI.

Zuvor hatte Benedikt XVI. persönlich zu den Vorwürfen aus dem Münchner Missbrauchsgutachten Stellung genommen und eine Mitschuld der kirchlichen Verantwortlichen eingeräumt. In einem zweieinhalbseitigen Brief äußerte er „tiefe Scham“ und eine „aufrichtige Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen Missbrauchs“.

Gleichzeitig wehrt sich der frühere Papst gegen den Vorwurf, als Erzbischof von München (1977-1982) Missbrauchsfälle vertuscht zu haben. Auch habe er in seiner Einlassung zu dem Ende Januar veröffentlichten Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) weder getäuscht noch gelogen.

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