Wenn der Tod nahe kommt (2)

Letzte Ruhestätte auf dem eigenen Hof – ein Trost für Kampmanns

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In Deutschland herrscht Friedhofszwang. Doch Heinrich Kampmann wurde auf seinem eigenen Hof bestattet. Wie das? Kirche+Leben erzählt die Geschichte.

Stephan Kampmann und seine Frau Sandra stehen vor ihrer Kapelle an der Hofeinfahrt in Senden im Kreis Coesfeld. Die Nachmittagssonne strahlt durch die bunten, bleiverglasten Fenster und wirft grünes, gelbes und rotes Licht auf die Muttergottes im Inneren des kleinen Gebäudes. Neben der Kapelle ist ein heller Stein im Rasen eingelassen, auf dem die Initialen „HK“ stehen. Dort wurde Stephan Kampmanns Vater Heinrich im April beerdigt.

Er verstarb unerwartet im November 2023. Stephan Kampmann und seiner Frau Sandra ist der Schmerz über den Verlust ihres Vaters und Schwiegervaters noch deutlich anzumerken. Gleichzeitig strahlen sie Dankbarkeit aus dafür, dass der Senior seine letzte Ruhe auf dem eigenen Hof finden durfte. „Für uns ist es nicht, als ob er weg ist – er ist zurück nach Hause gekommen. Die Seele des Hofs ist zurückgekehrt“, beschreibt es Sandra Kampmann mit Tränen in den Augen und einem Lächeln auf den Lippen.

Mehr als zwei Jahre Antragsverfahren

Den Wunsch, auf dem eigenen Hof beerdigt zu werden, hatte Heinrich Kampmann schon lange. „Mein Vater meinte immer: ‚Verbrennt mich und schmeißt meine Asche auf den Mist. Dann habe ich wenigstens noch einen Nutzen als Dünger‘“, sagt Sohn Stephan mit einem Schmunzeln.

Doch die Erlaubnis für eine Bestattung auf dem eigenen Grundstück zu bekommen, war nicht einfach. Die Familie wandte sich 2019 an den Bürgermeister der Gemeinde Senden, der so einem Vorhaben zustimmen muss. „Der Bürgermeister war erst irritiert, aber schnell begeistert von unserer Idee“, erzählt Stephan Kampmann. Bis der Antrag alle Instanzen durchlaufen hatte, dauerte es aber noch mehr als zwei Jahre.

Muttergottes seit 1959 an der Hofeinfahrt

Themenwoche „Wenn der Tod nahe kommt“
Keiner spricht gern über ihn, aber vieles um Sterben und Tod herum interessiert dann doch. Darum schaut Kirche+Leben in dieser Woche hinter die Tore eines Krematoriums, fragt nach dem Medienerfolg eines jungen Bestatters, besucht einen Hof, auf dem der Opa seine letzte Ruhe finden durfte, und stellt die Trauerinsel in Greven vor.

Ein öffentlich zugänglicher Bildstock auf dem privaten Gelände ist eine der erforderlichen Voraussetzungen für eine Bestattung auf dem eigenen Grundstück. Außerdem dürfen im Umkreis der Grabstelle keine neuen Gebäude errichtet werden. Die verstorbene Person muss verbrannt werden und ihre Asche ohne Urne direkt in das ausgehobene Loch gestreut werden. Bei der Beisetzung muss ein Angestellter der Friedhofsverwaltung anwesend sein und bezeugen, dass alle Vorschriften erfüllt sind.

Seit 1959 steht an der Hofeinfahrt der Familie Kampmann eine Marienstatue, umrandet von einer Hecke. Der Opa von Stephan Kampmann hatte sie von dem Sendener Bildhauer Alexander Frerichmann erstellen lassen, um Gott dafür zu danken, dass der Hof den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstanden hatte. 2021 schrieb der Kreis Coesfeld ein Förderprogramm zur Erhaltung von Bildstöcken aus. Kampmanns ließen daraufhin ihre Muttergottes restaurieren.

Kapellenbau als Familienprojekt

„Wir wollten die Muttergottes vor Wind und Regen schützen und damit noch besser würdigen“, erklärt Stephan Kampmann. Deshalb begann er 2023 damit, an derselben Stelle in Eigenarbeit eine Kapelle zu errichten. Der 31-jährige Betriebswirt und Landmaschinenmechaniker-Meister goss die Bodenplatte, mauerte die Wände und stellte die Einfassung und Bleiverglasung für die Buntglasfenster her. Den Dachstuhl baute er aus Eichen vom eigenen Grundstück.

Vater Heinrich half ihm beim Bau der Kapelle. Als Elektromeister verlegte er die Stromkabel. Auch Sandra Kampmann erinnert sich, wie sie alle beim Verlegen der Steinplatten um die Kapelle geholfen hätten: „Das war ein Familienprojekt. Zwischendurch dachte ich, es ist eine ewige Baustelle.“ Heute sind sie dankbar, dass sie ihrem Angehörigen seinen letzten Wunsch erfüllen konnten.

Vater Heinrich sah Kapelle nicht mehr

Dass er die Fertigstellung und Einweihung der Kapelle nicht mehr miterleben konnte, macht die Familie traurig. Doch die Genehmigung, dass er und auch seine Frau Elsbeth im Todesfall neben der Kapelle beerdigt werden dürfen, sei ein Trost. Vor seinem plötzlichen Tod hatte der Hofbesitzer eine Flasche seines Lieblingsbiers aus Bayern gekauft und wollte sie nach seinem Krankenhausaufenthalt mit seinem Sohn trinken. Dazu kam es nicht mehr, er starb im Krankenhaus. Die Familie bestattete ihn im kleinen Kreis und goss das Bier zu seiner Asche in das ausgehobene Grab.

Stephan und Sandra sind Eltern einer dreijährigen Tochter und eines fünfjährigen Sohns. Dass ihr Opa so nah an ihrem Haus beerdigt ist, sei schön für die Kinder, so Mutter Sandra. Manchmal würden sie abends nochmal rausgehen und sich zu Opa Heinrich ins Gras hocken, eine Rose an sein Grab legen und ihm von ihrem Tag erzählen.

Diese Vorgaben musste Familie Kampmann für die Genehmigung der Bestattung auf dem eigenen Grundstück erfüllen:
- Zu Lebzeiten müssen die Personen ihren Wunsch schriftlich festhalten.
- Die Genehmigung gilt nur für die namentlich genannten Personen.
- Die verstorbene Person muss verbrannt werden und die Asche ohne Urne in das Grab gestreut werden.
- Die Grabstätte muss sich auf privatem Gelände befinden, aber öffentlich zugänglich sein.
- Es muss einen Bildstock neben dem Grab geben – in diesen Fall die Marienstatue.
- In der Nähe der Grabstätte dürfen keine neuen Gebäude errichtet werden.
- Die Genehmigung gilt, bis die 30-jährige Ruhezeit abgelaufen ist.
- Der Totengräber der Friedhofsverwaltung muss die ordnungsgemäße Beisetzung bezeugen.
- Die Totenwürde ist zu achten.

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