Grüßte Einzelwallfahrt wieder an diesem Samstag

Bei Tamilen-Wallfahrt nach Kevelaer pilgern auch Hindus mit

Rund 10.000 Tamilen zieht es am 10. August wieder nach Kevelaer – es ist seit 1987 die größte Einzelwallfahrt im Ort. Hier haben Tamilen schon während des Bürgerkrieges auf Sri Lanka um Frieden gebetet.

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Frauen und junge Mädchen in leuchtenden Saris stehen vor der Gnadenkapelle und warten geduldig, zum Gnadenbild vorrücken und ein kurzes Gebet sprechen zu können. Generationenübergreifend, in Familien wie auch in größeren Gruppen, reihen sie sich viele Meter in langen Schlangen zur Kapelle. Andere Gruppen halten Kerzen in den Händen, um sie in den Ständern im Schatten der Kerzenkapelle aufzustellen und anzuzünden. Das Anzünden einer Kerze hat für die Tamilen eine besondere religiöse Bedeutung.

Am Rande des Kapellenplatzes haben tamilische Händler ihre Stände aufgestellt und bieten Ware für das obligatorische Mittagessen feil. Exotische Gerüche von Früchten und Gewürzen wabern über den Platz und verleihen dem Wallfahrtsgelände asiatisches Flair. Die Tamilen sind in Kevelaer und prägen im August die niederrheinische Marienstadt.

 

Zehntausend Pilger erwartet

 

Mehr als zehntausend Tamilen aus ganz Westeuropa werden auch am 10. August wieder in der Wallfahrtsstadt erwartet. Es ist ein Pilgerfest, das auch viele Schaulustige vom Niederrhein anzieht. Denn die Wallfahrt der Tamilen ist seit ihrem Bestehen seit 1987 die größte Einzelwallfahrt.

Zur Wallfahrt kommen Gläubige katholischen wie hinduistischen Glaubens. Die Mutterfigur der Maria habe auch bei den tamilischen Hindus einen hohen Stellenwert, erklärt Albert Koolen, der als Priester die tamilischen Pilger betreut. Zur Messe gehen die Hindus nicht, aber zum Gnadenbild. „Sie verehren Maria“, sagt der Pfarrhelfer Camillus Thuraisingham aus Oberhausen.

 

Gottesdienst um 11 Uhr

 

Sichtbares Zeichen dafür ist die Wallfahrt nach Madhu auf Sri Lanka zu einer 400 Jahre alten Marienstatue. Mehrere 100.000 Menschen nehmen daran im August teil: neben Katholiken und andere Christen auch Buddhisten und Hindus.

Die Wallfahrt in Kevelaer beginnt mit einem Gottesdienst um 11 Uhr im Pax-Christi-Forum, den Justin Gnanapragasam, Bischof der Diözese Jaffna auf Sri Lanka zelebriert.

 

60.000 Tamilen in Deutschland, jeder fünfte katholisch

 

In Deutschland leben nach Angaben des Bistums Essen 60.000 Tamilen, von denen jeder fünfte katholisch ist. Viele Tamilen waren im Verlauf des Bürgerkrieges von 1982 bis 2002 nach Europa geflohen. Für diejenigen, die Frieden suchen, war die Wallfahrt der Höhepunkt des Kirchenjahres.

Auch wenn der Bürgerkrieg vor mehr als zehn Jahren ein Ende gefunden habe, „fühlen sich die Tamilen in ihrer Heimat immer noch als Einwohner zweiter Klasse“, beschreibt Albert Koolen die Verhältnisse auf Sri Lanka. Von einer wirklichen Befriedung könne keine Rede sein. Er hatte Anfang des Jahres auf einer Reise durch das Land persönliche Eindrücke sammeln können.

 

Kirche will Versöhnung auf der Insel

 

Berichte von Menschenrechtsorganisationen über die Lage des Landes beschreiben die Situation nach wie vor als wenig hoffnungsvoll. Eine hohe Militärpräsenz verhindert demnach eine Entwicklung zur Gleichberechtigung. Wesentliche Änderungen seien nicht zu erwarten, schreibt Rathes Sachchithananthan in dem Report „Withering Hopes“.

Für junge katholische Tamilen steht die Frage nach der eigenen Identifikation im Zentrum. „Wie lebe ich meinen Glauben in einem Umfeld, das kaum noch christlich ist? Und: Was ist aus meiner eigenen Kultur noch bewahrenswert? Das sind Fragen, die Tamilen heute sehr beschäftigen“, sagt Albert Koolen. Die katholische Kirche gehört zu den wenigen Institutionen, die in beiden Bevölkerungsgruppen verankert sind und zur Versöhnung nach dem blutigen Bürgerkrieg (1982-2009) beitragen können. Doch leiden die Christen bis heute unter dem Image, eine von Kolonialherren importierte Religion zu vertreten.

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